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Kardinal Reinhard Marx am dritten Tag des Gipfeltreffens der Katholischen Kirche zum Thema Missbrauch in Rom.

© Alessandra Tarantino/dpa

Vatikan: Kardinal Marx fordert Ende der Vertuschung

Der Machtmissbrauch in der katholischen Kirche müsse beendet werden, Transparenz und Aufklärung seien notwendig. Sagt Kardinal Marx in Rom.

Der deutsche Kardinal Reinhard Marx fordert ein Ende der Geheimniskrämerei um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Beim Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan prangerte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Samstag offen Vertuschung und Machtmissbrauch an: „Akten, die die furchtbaren Taten dokumentieren und Verantwortliche hätten nennen können, wurden vernichtet oder gar nicht erst erstellt.“ Nötig seien nun Fakten und Offenheit.

Nicht Transparenz, sondern Taten und deren Vertuschung fügten der Kirche Schaden zu, betonte Marx vor Papst Franziskus und den anderen Teilnehmern des Spitzentreffens. „Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist zu einem nicht geringen Teil auf den Machtmissbrauch im Bereich der Verwaltung zurückzuführen.“ Die Verwaltung habe nicht dazu beigetragen, dass der Sendungsauftrag der Kirche erfüllt werde, sondern dass dieser „verdunkelt“ und unmöglich gemacht wurde.

Das päpstliche Geheimnis deckt nicht alles

„Transparenz bedeutet nicht die unkritische Annahme und die disziplinlose Verbreitung von Missbrauchsvorwürfen“, stellte Marx klar. Stattdessen sollten Vorwürfe geklärt und konkretisiert werden und die Öffentlichkeit, die Behörden und die römische Kurie zu gegebener Zeit darüber informiert werden. Es gebe keine Gründe, warum Missbrauchsfälle unter das päpstliche Geheimnis fallen sollten.

Weil Transparenz und Nachvollziehbarkeit „nicht einfach vom Himmel“ fallen, müsse sich die Kirche Unterstützung auch von externen Fachleuten holen. Für revisionsbedürftig hält der deutsche Kardinal zudem das sogenannte „päpstliche Geheimnis“: Er sehe keinen vernünftigen Grund, warum diese spezielle Schweigeverpflichtung unter Eid bei der Verfolgung von Missbrauch an Minderjährigen Anwendung finden sollte, erklärte Marx. Das „päpstliche Geheimnis“ ist eine amtliche Verschwiegenheitspflicht für kirchliche Verfahren oder Vorgänge; es darf auch bei schwerwiegenden Gründen nicht verletzt werden.

Laien müssten dringend mitwirken

Für das Beiziehen von Laien bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und in der Vorbeugung sprach sich auch der maltesische Erzbischof Charles Scicluna aus. Der Sonderermittler in der vatikanischen Glaubenskongregation betonte schon am Freitag, dass das Mitwirken von Laien „kein freiwilliges Extra, sondern fundamental“ sei. Der US-Kardinal Sean Patrick O'Malley nahm auch den Vatikan und dessen Oberhaupt in die Pflicht: „Ich glaube, an diesem Punkt muss die Leitung der Kirche die Ernsthaftigkeit von Missbrauch an Minderjährigen lernen und den Schaden begreifen, der da angerichtet wurde“, betonte der US-Kardinal, der den Papst vor einem Jahr wegen einer unbedachten Äußerung im Zusammenhang mit chilenischen Missbrauchsfällen öffentlich scharf kritisiert hatte.

PR-Aktion oder Kirchengeschichte?

Tatsächlich ist das argentinische Kirchenoberhaupt auch in diesen Tagen von Opfervertretern wiederholt dafür kritisiert worden, dass er zwar öffentlich „null Toleranz“ predige, in der Praxis aber bisher nicht mit der nötigen Konsequenz gegen Kinderschänder innerhalb der Kirche vorgegangen sei. Zum Abschluss der Konferenz wird Papst Franziskus am heutigen Sonntag eine Grundsatzrede halten, die maßgeblich darüber entscheiden wird, ob das bereits als historisch geltende Treffen im Vatikan als Wende im Kampf gegen den Missbrauch oder nur als PR-Aktion in die Kirchengeschichte eingeht. (mit dpa)

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