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Während vor der Bühne noch viele Besucher nichts ahnend feierten, wurden andernorts Tote vom Gelände transportiert.

© dpa

Tragödie in Duisburg: DJane Monika Kruse: Ich kam mir vor wie im Ghetto

Monika Kruse legte bei der Loveparade in Duisburg auf. Während sie Musik machte, wurden dort Menschen, die auch ihretwegen gekommen waren, zu Tode getrampelt. Dem Tagesspiegel schilderte sie ihre Erlebnisse.

Von Maris Hubschmid

„Schon als ich ankam, war mein erster Gedanke: Das Gelände ist völlig ungeeignet“, erinnert sich Monika Kruse. Die Techno-DJane wird das einschätzen können, tagein, tagaus reist sie von Veranstaltung zu Veranstaltung, um aufzulegen. Kruse ist eine echte Szenegröße, ihr Improvisationstalent ist weit über Deutschland hinaus bekannt. Längst produziert sie auch und hat ihr eigenes Label.

Kruses Auftritt galt als einer der Highlights der diesjährigen Loveparade. Von 17:20 Uhr – 17:40 Uhr sollte sie eine Kostprobe ihres Könnens geben und das tat sie auch, nicht ahnend, welche Dramen sich wenige Meter weiter abspielten. „Ich fand die Location unmöglich“, sagt Kruse, eine bedrückende Atmosphäre sei das gewesen, wie die Menschen da so eingezäunt und zusammengepfercht gestanden hätten. „Ich kam mir vor wie im Ghetto“. Trotzdem, oder gerade deswegen habe sie ihren Teil dazu beitragen wollen, dass die Party gut wird. Zwanzig Minuten lang hatte sie also auf der Bühne Musik gemacht, bevor sie im Anschluss an ihren Auftritt erfuhr, dass Unruhen im Gange seien. „Kollegen haben erzählt, dass aufgeregte Gäste den Zugangspfad gestürmt hätten, der ausschließlich für die Veranstalter und Künstler eingerichtet worden war. Richtig aggressiv seien die aufgetreten, rücksichtslos, hätten einfach nur weg gewollt. Die DJs, die nach mir dran waren, hatten große Probleme gehabt, zur Bühne zu gelangen. So heftig sei der Druck der entgegenkommenden Gäste gewesen.“

Kruse selber, die am Vortag 39 Jahre alt geworden war und noch Abendtermine hatte, habe sich dann trotzdem entschlossen, das Gelände zu verlassen. Auf dem Weg nach draußen wurde sie Zeuge schrecklicher Szenen. Der Künstlereingang, einziger Zugang neben dem offiziellen Ein- und Ausgang, dem schmalen Tunnel, in dem die Panik ausbrach, war mittlerweile durch Rettungswagen blockiert. „Ich sah viele Verletzte, und an mir vorbei trugen sie Leichen“, sagt Kruse. Ihre Stimme klingt matt, nicht so, als stünde ihr der Sinn nach ihrem nächsten Auftritt - sie ist unterwegs in die Partyhochburg Ibiza. Ob sie das Gesehene jemals vergessen wird? „Wohl kaum“, sagt Kruse. „Es war schlimm, einfach schlimm“.

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