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Seit 63 Jahren sitzt Queen Elizabeth II. auf dem britischen Thron. Palasthistoriker haben auf die Minute ausgerechnet, wann sie die am längsten regierende Monarchin des Königreichs ist.

© Dan Kitwood/Reuters

Thronjubiläum von Elizabeth II.: Königin der Rekorde

Am Mittwoch genau um 17.30 Uhr wird Queen Elizabeth II. die am längsten regierende Monarchin der Briten sein. Feiern will sie aber nicht.

Es ist das vielleicht bedeutendste ihrer vielen Jubiläen: Elizabeth II. wird am Mittwoch den Regierungsrekord ihrer Ururgroßmutter Victoria einstellen und die am längsten regierende Monarchin in der mehr als 1000 Jahre währenden englischen Monarchiegeschichte sein. Victoria regierte, wie der Buckingham Palast hilfreich ausrechnete, 23 226 Tage, 16 Stunden und 23 Minuten. Genau nachmittags um 17.30 Uhr wird Elizabeth II. die Urahnin einholen, die einer Epoche und einem Empire ihren Namen gab, so die Historiker. 15 Schalttage in Elizabeths Regierungszeit wurden mitberücksichtigt.

Anders als bei den großen „Jubilees“ – dem silbernen nach 25 Jahren ihrer Thronbesteigung, dem goldenen, das 2002 gefeiert wurde, und dem diamantenen im Jahr 2012, lautet das Motto aber trotz der historischen Schwere des Ereignisses: „Business as usual“ oder in den Worten der Queen: „Don’t make a fuss“. Macht kein großes Aufheben.

Medien halten sich nicht an das Gebot. Sie lassen 63 Jahre Regierungszeit Revue passieren vor allem im Bild, zeigen das sich verändernde Gesicht der Königin und ihren erstaunlich konstant bleibenden Modestil, suchen nach Geheimnissen hinter der Fassade von Dauerhaftigkeit und Konstanz, fördern aber kaum mehr zutage, als dass sie ein Superfan der Aristokratenserie „Downton Abbey“ ist und Ungenauigkeiten der TV-Serie gerne sachkundiger kritisiert. Auch als bald 90-Jährige reitet sie fast täglich – immer ohne Helm – und beim Nachtisch greift sie gerne zu. Der „Telegraph“ glaubt, dass es ihr tiefer religiöser Glauben ist, der ihr ermöglichte, ein Leben lang Aufgabe und Pflicht höherzustellen als sich selbst.

Sie selbst wird den Langlebigkeitsrekord an diesem Tag mit Arbeit begehen und in Schottland die längste neue Eisenbahnlinie eröffnen, die seit einem Jahrhundert in Großbritannien gebaut wurde. Mit Ehemann Philip fährt sie per Dampflok von Edinburgh nach Tweedbank an der englisch-schottischen Grenze. Mit an Bord sind dann TV-Teams aus aller Welt und die als Monarchiekritikerin bekannte schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon. Ob die Queen, deren Dauerhaftigkeit auf dem Thron nicht zuletzt durch extreme Zurückhaltung mit öffentlichem Reden begründet wird, die historische Stunde mit ein paar Worten würdigt, ist ein streng gehütetes Geheimnis.

Nichts zu sagen war immer ihre erste Wahl. Darauf wies der Historiker David Starkey mit einer kontroversen Analyse zur Feier des Ereignisses hin. In ihrer langen Zeit auf dem Thron habe Elizabeth II. „nie etwas getan oder gesagt, was irgendjemand im Gedächtnis behalten wird“. Anders als Victoria oder ihre Namensvorgängerin Elizabeth I., die große Renaissanceherrscherin und Besiegerin der spanischen Armada, werde Elizabeth II. ihrer Epoche nicht ihren Namen geben, glaubt Starkey. Mit Schweigen, Selbstverleugnung und eiserner Pflichterfüllung „hat sie dem Republikanismus den notwendigen Sauerstoff der Kontroversen genommen und ihn mehr oder weniger erstickt“. So habe sie die Monarchie für mindestens eine Generation gesichert. „Ihre eigentliche Leistung ist, dass sie die Show so lange am Laufen hielt“.

Der populäre TV-Historiker münzt die Bemerkungen natürlich auf den Thronfolger Charles, der durch forsche Meinungen und Interventionen von sich reden machte. Seiner Nachfolge sehen Monarchisten mit Furcht und Sorge entgegen.

Aber Starkeys Analyse ignoriert einige Meisterstücke diplomatischer Intervention der Queen, die manche Woge glättete – wie ihre Fernsehansprache nach dem Tod Prinzessin Dianas, die Tischrede, die sie beim ersten Besuch eines britischen Monarchen seit der irischen Revolution in der Republik Irland hielt oder die bedachte und vielleicht entscheidende Bemerkung, die sie beim Kirchgang vor dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum machte. Charles Moore, Verfasser der offiziellem Margaret-Thatcher-Biografie, bezeichnet die „Versöhnung von Demokratie und Monarchie“ als Elizabeths Lebensleistung.

Wenig überraschend ist wohl, dass die Briten die Queen in einer neuen Umfrage zum bedeutendsten ihrer bisher 40 Monarchen seit Wilhelm dem Eroberer in 1066 wählten. Sie wurde von 27 Prozent der Befragten genannt, auf Victoria entfielen nur 12 Prozent und 13 Prozent auf ihre Namensvorgängerin Elizabeth I.

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