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Das Foto zeigt einen Waldbrand in der Region Krasnojarsk.

© Julia Petrenko/Greenpeace Russland via AP/dpa

Temperaturrekord und Brände in Sibirien: 38 Grad plus an einem der kältesten Orte der Welt

Zehn Grad über dem Durchschnitt wurden im Juni in Werchojansk gemessen – ohne Klimawandel unmöglich, so Forscher. Durch die Hitze toben Brände in der Arktis.

Eine ungewöhnliche Hitzewelle hat in Sibirien für einen Temperaturrekord gesorgt. In der Stadt Werchojansk in Jakutien, die als einer der kältesten bewohnten Orte der Welt gilt, seien am 20. Juni 38 Grad gemessen worden, ein Rekord für die Messstation, berichtete die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf. In den Monaten Januar bis Juni hätten die Temperaturen fünf Grad Celsius über dem Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010 gelegen, im Juni allein seien es zehn Grad über dem Durchschnitt gewesen.

Auch wenn das Wetter in der Region unter anderem durch eine Nordverlagerung des Jetstreams – eines Starkwind-Bandes in der Troposphäre – beeinflusst werde, wäre eine solche Hitzewelle nach einer Analyse von WMO-Experten ohne den Klimawandel praktisch unmöglich gewesen.

„Die Arktis erwärmt sich doppelt so schnell wie die ganze Welt im Durchschnitt“, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Die Entwicklung habe weitreichende Folgen. „Die Pole beeinflussen Wetter und Klima in niedrigeren Breitengraden, wo Hunderte Millionen Menschen leben.“

Das zweite Jahr in Folge tobten wegen der Hitze innerhalb des Polarkreises verheerende Brände. Das nördlichste zur Zeit aktive Feuer befinde sich weniger als acht Kilometer vom Arktischen Ozean entfernt, so die WMO. Auf russischen Satellitenaufnahmen seien am 22. Juli 188 wahrscheinliche Brandherde zu sehen gewesen.

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„Der Sommer 2019 war insgesamt in Bezug auf die Brände in hohen Breitengraden ungewöhnlich, und 2020 scheint sich ähnlich zu entwickeln“, zitierte die WMO den Wissenschaftler Mark Parrington vom europäischen Kopernikus-Atmosphärenüberwachungsdienst (CAMS). Die sibirische Hitzewelle habe den Eisrückgang an den arktischen Küsten beschleunigt, besonders seit Ende Juni, berichtete die WMO.

Infolge des schmelzenden Eis in der Arktis ist das Überleben von Eisbären bis 2100 nach Berechnungen von Forschern gefährdet. Ohne genügend Eisflächen, auf denen sie etwa Robben fangen können, würden die Eisbären an Land gedrängt, wo sie bei der Futtersuche Nachteile hätten, schreibt ein Team von Forschern um Péter Molnár von der University of Toronto im Fachblatt „Nature Climate Change“.

Entscheidend für den Fortbestand der Bären sei die Anzahl der Tage pro Jahr, an denen das Eis zurückgehe, heißt es weiter. An Land fänden die Tiere nicht das passende Futter, um ihren Energiebedarf zu decken. Das Team schätzte deshalb ab, wie lange Eisbären ohne Nahrung auskommen können, bis das Überleben von Jungtieren und erwachsenen Eisbären gefährdet ist.

Ein Eisbär steht im Nordpolarmeer auf eine Eisscholle.
Ein Eisbär steht im Nordpolarmeer auf eine Eisscholle.

© Ulf Mauder/dpa

Die Forscher nutzten bereits existierende Klimawandel-Szenarien bis 2100, um eine Aussage über die Situation der Eisflächen am Nordpol treffen zu können. Zusätzlich errechneten sie anhand des Energiebedarfs etwa von säugenden Eisbärmüttern oder männlichen Tieren, wie lange Eisbären ohne Nahrung auskommen könnten.

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Das Ergebnis ließ darauf schließen, dass das Leben der Jungtiere am stärksten gefährdet ist. Die besten Überlebenschancen im Zuge schmelzender Eisflächen hätten alleinlebende Weibchen, da sie im Gegensatz zu den Männchen beispielsweise Energie besser speichern können.

Einen großen Einfluss hat der Studie zufolge der künftige Treibhausgasausstoß der Menschen: Bei dem heißesten anzunehmenden Klimaszenarium geben die Forscher den Eisbären kaum Überlebenschance bis 2100 - mit Ausnahme derer in den Gebieten der Hoch-Arktis. Fällt die Treibhausgas-Konzentration bis dahin moderat aus, könnte dies das Fortbestehen der Tiere verlängern. Doch es sei unwahrscheinlich, dass damit das Aussterben mancher der 13 in der Studie betrachteten Eisbär-Populationen in diesem Jahrhundert verhindert werden könne, schreibt das Forscherteam weiter. (dpa)

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