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Das elektronische Kinderspielzeug, der Tamagotchi, ist seit 25 Jahren auf dem deutschen Markt.

© Kay Nietfeld/picture alliance/dpa

Tamagotchi-Erfinderin Aki Maita: „Älter als 18 Tage wurde keines meiner Tierchen“

Vor 25 Jahren kam das Tamagotchi in Deutschland auf den Markt. Die elektronischen Haustiere wurden zu einem Kult-Spielzeug der 90er Jahre.

32 mal 16 Pixel, Minibildschirm, Plastikhüllen in bunten Farben und ein Tierchen, welches Tag und Nacht keine Ruhe gab – bis es starb. Im November 1996 reihten sich die Menschen in Japan in die Schlangen vor den Spielzeuggeschäften ein, um ein Tamagotchi (von japanisch „Tamago“, „Ei“) zu ergattern. Wenige Monate später waren die kleinen Geräte bereits in mehr als 25 Ländern auf dem Markt, der Beginn eines weltweiten Hypes.

Sechs Monate nach der Markteinführung in Japan eroberten die Tamagotchis ab dem 12. Mai 1997 die deutschen Spielwarenläden. Für 30 D-Mark, umgerechnet circa 15 Euro, wurde das Plastikei auch hierzulande in kürzester Zeit mehr als zwei Millionen Mal verkauft.

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Tamagotchis mussten Tag und Nacht gepflegt werden

Zehn Jahre vor dem ersten iPhone und lange vor künstlicher Intelligenz und Sprachassistenten im Alltag, stellte die einfache Technik des Tamagotchis einen Meilenstein in der Entwicklung der Beziehung zwischen Mensch und elektronischem Gerät dar. Der digitale Charakter schlüpfte mit dem Stellen der Uhr im Gerät aus einem Ei und forderte fortan durch Piepsen Essen ein, wollte spielen, schlafen oder eine frische Windel.

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Quasi rund um die Uhr wollte das Wesen die Aufmerksamkeit der Spielenden, sonst verschlechterte sich sein Zustand in kurzer Zeit. Kümmerte man sich nicht ausreichend um das virtuelle Tier, wurde es krank und starb. Die Modelle der ersten Generationen verendeten so schnell, dass Kinder sie mitunter mit in die Schule nahmen, um sie durchgehend pflegen zu können.

Das Spielzeug löste Stress und Schlafmangel aus

Ein Übermaß an Ablenkungspotenzial, wie Lehrerinnen und Lehrer damals besorgt feststellten. In einigen Schulen in den USA kam es daraufhin zu Verboten der Geräte. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen sprach über die „beherrschende Präsenz“ des Cyber-Tiers und den „Einsatz eiskalter Technik“. Denn gewinnen konnte man nichts, es wäre sowieso gestorben, bei dem einen früher, bei einer anderen später. Der Preis dafür: Schlafmangel, Einschränkungen und Stress, wenn das Tierchen mit seinem Piepen die Nacht zum Tag machte.

Tamagotchis können sich mittlerweile auch untereinander verbinden.
Tamagotchis können sich mittlerweile auch untereinander verbinden.

© picture alliance/dpa

Nach durchschnittlich zwanzig Tagen war der Spuk aber meist auch schon wieder vorbei. Die Erfindern Aki Maita schaffte es selbst nicht, ihr digitales Küken länger als 18 Tage am Leben zu halten. Der damals 30-jährigen Angestellten der japanischen Spielefirma Bandai kam die Idee für diese neue Form des Entertainments, da sich viele Kinder ein Haustier wünschten. In der Hektik des japanischen Alltags sei dies für viele nicht möglich gewesen.

Mit den Tamagotchis sollte den Kindern eine Möglichkeit gegeben werden, den Alltag mit Haustier zu erleben aber unverbindlicher und ohne Kosten für den Tierarzt oder Futter. Für die verstorbenen Lieblinge soll es in Großbritannien „Cyber-Friedhöfe“ gegeben haben. Für verzweifelte Eltern gab es Selbsthilfegruppen, in denen sich über den Hype, der die Kinder fest im Griff hatte, ausgetauscht werden konnte.

Die Hersteller von Pokémon Go entwickelten die App "Peridot", die demselben Prinzip wie den Tamagotchis folgt: Tiere sollen gepflegt werden.
Die Hersteller von Pokémon Go entwickelten die App "Peridot", die demselben Prinzip wie den Tamagotchis folgt: Tiere sollen gepflegt werden.

© NIANTIC

25 Jahre später gibt es das Tamagotchi immer noch

Doch die Besorgnis über den Einzug dieser Technik in die Leben der jungen Leute verlief ins Leere: Der Hype endete so schnell, wie er begonnen hatte. Das elektronische Ei geriet in Vergessenheit. Bis es 2004, sieben Jahre später, zu einem Wiederaufleben mit einigen Änderungen kam. Das Tierchen löste sich von seinem egozentrischen Dasein und konnte nun auch Gefühle für andere Tamagotchis hegen, über Infrarot-Schnittstellen war es sogar möglich, Familien zu gründen. Ab 2012 ließ es sich dann mit dem Handy verbinden.

Zum 25. Geburtstag brachte Bandai die Tamagotchi Smart heraus. In Anlehnung an eine Smart Watch trägt man das Gerät nun am Handgelenk und kommuniziert über Spracheingabe und Touchscreen. Außerdem entwickelten die Hersteller von Pokémon Go die App „Peridot“, die demselben Prinzip wie den Tamagotchis folgt: Tierfiguren sollen gepflegt, beschäftigt und großgezogen werden. Aber anders als damals können sie bei schlechter Pflege nicht sterben. (mit dpa)

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