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Den Abschlag für die Energielieferung können Anbieter nicht einfach wahllos anpassen.

© dpa/Catherine Waibel

Steigende Energiepreise: Lohnt sich jetzt ein Anbieterwechsel?

Kaum eine Woche scheint derzeit zu vergehen, ohne dass ein Energieanbieter seine Preise anhebt. Doch Kunden sind dem nicht wehrlos ausgesetzt. Was man tun kann.

So viel Dynamik war selten in den Energiepreisen. Fast täglich scheinen Anbieter ihre Tarife derzeit neu zu kalkulieren. Etliche Kunden bekommen Schreiben mit Preiserhöhungen. Verbraucherinnen und Verbrauchern bleibt dann nur: neue Preise akzeptieren oder nach einem günstigeren Anbieter suchen.

„Grundsätzlich hat der Kunde bei Preiserhöhungen ein Sonderkündigungsrecht“, sagt Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Wollen Verbraucherinnen oder Verbraucher von sich aus wechseln, ohne dass der Preis erhöht wurde, müssen sie in den Vertrag schauen.

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Wer die Energie in einem Grundversorgungstarif bezieht, kann den Vertrag jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Ansonsten kommt es darauf an, was in den AGB vereinbart wurde. Entscheidend sind die restliche Vertragslaufzeit und die Kündigungsfrist. „Wer noch einen günstigen Altvertrag hat, sollte aber jetzt lieber nicht wechseln“, rät Christina Wallraf. Antworten auf wichtige Fragen:

Wie finde ich einen passenden Anbieter?

Eine Möglichkeit: selber suchen. Vergleichsportale wie Verivox oder Check 24 geben einen Marktüberblick und ermöglichen die Suche nach bestimmten Kriterien. Aber Vorsicht: „Nicht alle Tarife sind auf diesen Portalen gut zu finden“, sagt Leonora Holling, Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher.

Da sich die Vergleichsrechner über Vermittlungsprovisionen finanzieren, werden laut Holling Firmen, die keine Kunden dort sind, mitunter versteckt. „Es kann sich also lohnen, direkt auf den Webseiten von Versorgern nach passenden Tarifen zu schauen.“

In einem Test von acht Portalen für die Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 12/21) schnitt kein Anbieter gut ab. Nur zwei waren befriedigend, die anderen ausreichend oder mangelhaft. Oft fehlen wichtige Tarifinformationen und Transparenz. Auch die Datenschutzeinstellungen überzeugten die Tester oft nicht.

Kann mir die Arbeit nicht jemand abnehmen?

Eine Alternative können Wechseldienste sein, die jährlich für Kundinnen und Kunden zu einem günstigeren Tarif wechseln. Dafür verlangen die Anbieter der Stiftung Warentest zufolge eine Provision.

In einem Langzeittest waren die Tester mit sieben Anbietern weitgehend zufrieden: Ein Anbieter ist „sehr empfehlenswert“, alle anderen „empfehlenswert“.

Alle geprüften Wechseldienste boten demnach günstige Tarifvorschläge an, organisierten den Wechsel und leiteten im zweiten Jahr deutlich vor Ablauf der Kündigungsfrist wieder einen Anbieterwechsel ein. Die Ersparnis im Test lag - trotz Provision - zwischen 57 Euro und 401 Euro im zweiten Jahr.

Ist der günstigste Tarif immer der beste?

Ein günstiger Preis allein sollte nicht das einzige Kriterium sein. Bei Gas- und Stromtarifen sind nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW auch Punkte wie kurze Laufzeiten und Kündigungsfristen wichtig.

Ist der offerierte Preis besonders niedrig, ist sogar Vorsicht geboten: „Soll dann eine hohe Vorauszahlung geleistet werden, kann es teuer werden“, weiß Leonora Holling. „Falls der Versorger in Insolvenz geht, ist das Geld für den Kunden verloren.“

Sie empfiehlt, genau hinzuschauen, wer hinter dem angebotenen Tarif steht. Ist es ein großer Versorger, ein Stadtwerk oder aber ein unbekannter Vermittler? „Man kann googeln, ob es schon einmal Probleme mit dem Anbieter gab oder Verfahren der Verbraucherzentralen bekannt sind“, sagt Christina Wallraf.

Schützt eine Preisgarantie vor Tariferhöhungen im neuen Vertrag?

Man muss sich den Vertrag genau anschauen. Längst nicht alle Versorger bieten für alle Tarife eine Preisgarantie an. Und man muss zwischen einer vollständigen und einer eingeschränkten Preisgarantie unterscheiden.

Neue Energieanbieter lassen sich über Vergleichsportale relativ leicht finden.
Neue Energieanbieter lassen sich über Vergleichsportale relativ leicht finden.

© dpa/Bodo Marks

Bei einer vollständigen Garantie, die über die gesamte Laufzeit geht, ist der Kunde vor Erhöhungen sicher. „Oft ist die Preisgarantie aber eingeschränkt, indem veränderte Steuern und Netzentgelte an die Kunden weitergegeben werden“, erklärt Christina Wallraf.

Wichtig zu wissen: Der Energieanbieter darf dann nur die Preisbestandteile erhöhen, auf die er keinen Einfluss hat. „Seine erhöhten Beschaffungskosten gehören nicht dazu.“

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Wie viel kann man durch einen Wechsel sparen?

Noch vor einem Jahr lag der Mittelwert der Einsparungen nach Erhebungen von Verivox bei einem Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4000 KWh im Jahr bei 361 Euro und bei einem Gasverbrauch von 20.000 KWh bei 583 Euro. Angesichts der stark steigenden Preise dürfte die Ersparnis aber aktuell geringer ausfallen.

Die Verbraucherzentrale NRW sieht die aktuellen Einsparmöglichkeiten ebenfalls gering. „Aktuell sieht es leider so aus, dass man durch den Anbieterwechsel deutlich weniger sparen kann als vor einem Jahr“, so Christina Wallraf. „Manchmal kann man gar nichts sparen im Vergleich zur Grundversorgung.“

Welche Möglichkeiten habe ich, wenn mir der Stromanbieter kündigt?

Es kommt durchaus vor, dass der Stromversorger kündigt, ohne dem Kunden ein neues Angebot zu machen. „Dann wird der Haushalt vom Grundversorger beliefert“, sagt Christina Wallraf. Der Grundtarif ist oft teurer als andere Tarife. Dann sollte man wechseln. „Gegen den alten Anbieter kann es dann sogar Schadenersatzansprüche geben, etwa wenn die Kündigung unzulässig war.“

Kann ich irgendwann ohne Energieversorgung dastehen?

Ein Gas- oder Stromausfall wegen eines Anbieterwechsels ist nach Angaben der Verbraucherzentrale NRW ausgeschlossen. Der Energiebezug ist in Deutschland gesetzlich geregelt. Im Zweifelsfall werden Kundinnen und Kunden vom sogenannten Grundversorger vor Ort beliefert. Nur wenn über längere Zeit die Rechnungen nicht bezahlt werden, droht eine Strom- oder Gassperre. Auf Sperrandrohungen des Anbieters sollte man also unbedingt reagieren. (dpa)

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