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Brustimplantate aus Silikon der Firma PIP waren tickende Zeitbomben.

© Guilaume Horcajuelo, dpa

Skandal um Brustimplantate: BGH weist Klage auf Schmerzensgeld ab

Vor mehr als sieben Jahren kam der Skandal um Brustimplantate des Herstellers PIP ans Licht. Die Opfer in Deutschland kämpfen vergeblich um finanziellen Ausgleich.

Opfer des Skandals um minderwertige Brustimplantate aus Industrie-Silikon haben in Deutschland wohl kaum noch Chancen auf Schmerzensgeld. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wies am Donnerstag die Klage einer Betroffenen aus Ludwigshafen gegen den Tüv Rheinland in letzter Instanz ab. Die Prüfer hätten bei der Überwachung des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) keine Pflichten verletzt, hieß es zur Begründung (Az. VII ZR 36/14).

Mehr als 5000 Frauen betroffen

Geklagt hatte die heute 67-jährige Elisabeth Schmitt. Sie war in den letzten Jahren eine Vorkämpferin für die mehr als 5000 Frauen in Deutschland, die die reißanfälligen Implantate von PIP in ihrem Körper tragen oder getragen haben – eine Zeitbombe. Es war die Angst vor dem Brustkrebs, die Schmitt zu dem Eingriff trieb, ihre Mutter und eine Schwester waren erkrankt. 2008 ließ sie sich sicherheitshalber Brustgewebe entfernen und Implantate einsetzen. Aber mit der OP fingen die Probleme an: Fieberschübe, Erschöpfung, eine Gürtelrose. Die Ärzte waren ratlos, bis ab dem Frühjahr 2010 der PIP-Skandal ans Licht kam. Die Behörden empfahlen Frauen, die Implantate besser zu entfernen. 2012 musste sich Schmitt das zweite Mal operieren lassen.

An der Schuld des Herstellers besteht kein Zweifel. Seit langem steht fest, dass bei PIP über viele Jahre heimlich Implantate mit nicht zugelassenem Billig-Silikon befüllt wurden. Der PIP-Gründer ist zu einer Haftstrafe wegen Betrugs und Verbrauchertäuschung verurteilt. Aber den betroffenen Frauen, Hunderttausenden weltweit, hilft das nur bedingt. Denn Geld ist bei der insolventen Firma nicht mehr zu holen.

Doppelte Dokumentation

Schmitt versuchte es deshalb auf einem anderen Weg, sie verklagte den Tüv Rheinland. Der hatte die Qualitätssicherung von PIP zertifiziert, bei mehreren angekündigten Kontrollen in der Firma aber nichts gemerkt. Dort wurde vor dem Besuch von Prüfern das billige Industrie-Silikon gegen das zugelassene, höherwertige Gel ausgetauscht. Nach Ansicht der Klägerin wäre der Betrug früher ans Licht gekommen, wenn der Tüv gründlicher kontrolliert hätte. Der BGH sah aber keine Hinweise für Versäumnisse. Auch der Tüv sieht sich nämlich betrogen. Die gesamte Dokumentation bei PIP gab es doppelt, in einer echten und einer gefälschten Fassung. Dafür sei man nicht verantwortlich, argumentierte der Tüv.

Die Klage von Elisabeth Schmitt war die erste, die den BGH erreichte. Mit ihrem Urteil geben die obersten Zivilrichter auch die Linie für andere Prozesse vor. Der Fall war zuvor bereits beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewesen. Danach war schon klar, dass der Tüv Rheinland zumindest nicht ohne Anlass zu unangemeldeten Kontrollen verpflichtet war. dpa

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