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Elegante Erscheinung mit Selbstvertrauen. Senta Berger ist seit vielen Jahren so etwas wie die Powerfrau des deutschen Films.

© Tobias Hase/dpa

Senta Berger zum 75.: Mit Charme und Stimme

Selbstbewusst, temperamentvoll und politisch engagiert: Die Schauspielerin Senta Berger feiert heute 75. Geburtstag.

Diese Stimme. Dieser leichte Wiener Akzent, diese mal kokette, mal temperamentvolle, mal fröhliche Art, sich ins Ohr des Publikums zu schleichen. Wer an Senta Berger denkt, hat nicht nur ein Bild, sondern auch einen Klang im Kopf. Und bestimmte Szenen, in denen beides lebendig wird.

Zum Beispiel diese: Senta Berger als Mona, die Freundin des Klatschreporters Baby Schimmerlos, der gerne mit dem Champagnerglas in der Hand im Bett liegt. Mona schlägt vor, Baby solle doch mal etwas über einen Fliesenleger schreiben, damit der einen neuen Boden in ihrer Wohnung umsonst verlegt. Schimmerlos will nicht. Worauf Mona – und hier hört man im Kopf ihre Stimme – verärgert entgegnet: „Du schreibst doch sonst auch über jeden Deppen!“

Am heutigen Freitag feiert Senta Berger ihren 75. Geburtstag. 75? Senta Berger? Man will es kaum glauben. Gar nicht so sehr, weil man ihr das Alter äußerlich nicht ansieht. Sondern weil sie seit Ewigkeiten die Idealbesetzung für einen bestimmten Typ Frau ist, dem man im Fernsehen und im Kino immer wieder gerne begegnet: schön, intelligent, temperamentvoll, selbstbewusst weiblich – und das alles völlig alterslos. Senta Berger gehört zum Inventar des deutschen Fernsehens wie der „Tatort“ und die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin.

Auf dem Boden der Realität

Dass sie beim Publikum so beliebt ist, mag auch damit zusammenhängen, dass Berger als Privatperson ebenso sympathisch und klug wirkt wie die meisten ihrer Filmfiguren. Skandale um sie sind nicht bekannt. 1966 heiratete sie den Arzt und Filmregisseur Michael Verhoeven; seitdem gelten die beiden als unspektakuläres Traumpaar des deutschen Kinos. Senta Berger engagiert sich für an Leukämie erkrankte Menschen, setzt sich für Zivilcourage und gegen Ausländerhetze ein und liebt das politische Kabarett. Sie ist ein Star, aber einer, der lieber auf dem Boden der Realität steht, als über rote Premierenteppiche zu schweben.

In Helmut Dietls Fernsehserie „Kir Royal“ in den achtziger Jahren wurde sie endgültig zu einer der bekanntesten deutschsprachigen Schauspielerinnen, doch da hatte sie schon eine beeindruckende Karriere hinter sich. 1961, als Zwanzigjährige, macht sie in der Simmel-Verfilmung „Es muss nicht immer Kaviar sein“ solchen Eindruck, dass sie Angebote aus Hollywood bekommt. Fünf Jahre bleibt sie in Amerika. Spielt an der Seite von Alain Delon, Kirk Douglas, Frank Sinatra und vielen anderen Hollywoodgrößen. Ihr Lieblingsfilm aus dieser Zeit ist Michael Andersons Spionagethriller „Gefahr aus dem Dunkel“ von 1966. Sie spielt darin eine Junglehrerin, die Geheimdienstlern bei Recherchen im Altnazi-Milieu hilft.

Glanzvoll: Die Schauspielerin 1966 bei einer Filmpremiere in Rom.
Glanzvoll: Die Schauspielerin 1966 bei einer Filmpremiere in Rom.

© imago

Nicht alle Filme dieser Zeit waren Meisterwerke, wie sie später freimütig zugibt. Ironischerweise war es ausgerechnet ihre Stimme, die sie dazu bewog, nach Deutschland zurückzukehren. Wegen ihres Akzents habe sie viele Rollen nicht bekommen. Ein Rückschlag, den sie ebenso wegsteckte wie früher das unrühmliche Ende ihrer Schauspielausbildung. Als 16-Jährige besuchte sie das Max-Reinhardt-Seminar in ihrer Geburtsstadt Wien. Weil sie nebenher in einem amerikanischen Film mit Yul Brunner eine kleine Nebenrolle spielte – was nach den Statuten verboten war –, flog sie von der Schule. Aber was soll’s, die so hübsche wie selbstbewusste Handwerkertochter aus dem 13. Bezirk konnte das nicht aufhalten. Sie galt als die „Sophia Loren vom Gemeindebau“.

Man kann die Filme und Serien, in denen sie in ihrem bisherigen Leben zu sehen war, kaum aufzählen. Es sind mehr als 100. Wer Zuschauer fragen würde, welche Senta-Berger-Rolle ihnen spontan einfalle, bekäme wohl oft „Die schnelle Gerdi“ zur Antwort; die Geschichte einer burschikosen Taxifahrerin, die erst München und später Berlin unsicher macht. Regie bei der Serie führte Ehemann Michael Verhoeven, mit dem sie immer wieder zusammenarbeitete. Gemeinsam haben die beiden auch eine Produktionsfirma, die Filme wie „Die weiße Rose“ (1982) und „Das schreckliche Mädchen“ (1989) in die Kinos brachte.

Die Enkel sind oft zu Besuch

Seit vielen Jahren lebt Senta Berger mit ihrer Familie im Münchner Süden, in einem idyllischen Haus, das nur deshalb nicht viel zu groß ist, weil oft die Enkel zu Besuch kommen. Wie das so ist bei 75-jährigen Großmüttern. Mit dem Unterschied, dass Senta Berger oft nicht da ist, weil sie auch in diesem Alter ständig vor der Kamera steht. Demnächst in einem Film zusammen mit „Fack ju Göthe“-Star Elyas M’Barek, Regie führt Sohn Simon Verhoeven. Es geht um eine engagierte Familie, die einen Flüchtling aufnimmt.

Politisch Stellung zu beziehen, war Senta Berger immer wichtig. Vietnam- und Golfkrieg, Abrüstung, Asylrecht – das waren und sind ihre Themen. Wenn sie in München unterwegs ist, trifft man sie denn auch weniger bei den einschlägigen Filmpartys an, sondern eher bei politischen Lesungen. Das klingt alles nach einem sehr perfekten Leben. Immerhin, so verriet sie vor einigen Jahren dem Tagesspiegel in einem Interview, habe sie mit dem Rauchen angefangen. Schön, dass auch eine so vorbildliche 75-Jährige ein Laster hat.

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