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Schauplatz eines Balls mit peinlicher Vorgeschichte: die Semperoper in Dresden.

© Robert Michael/dpa

Update

Semperopernball macht Rückzieher: Ägyptens Diktator al Sisi wird Dresdner Orden wieder aberkannt

Der Semperopernball macht die umstrittene Ehrung für Abdel Fattah al Sisi rückgängig. Doch das nächste Debakel droht: Sagt der WDR-Kinderchor seinen Auftritt ab?

Von Matthias Meisner

Die zahlreichen Proteste gegen eine Ehrung des ägyptischen Diktators Abdel Fattah al Sisi durch den Semperopernball zeigen Wirkung. Ball-Chef Hans-Joachim Frey machte die Verleihung des St.-Georgs-Ordens an al Sisi am Dienstagabend wieder rückgängig. "Herr Frey hat sich entschieden, dem ägyptischen Staatspräsidenten al Sisi seinen St.-Georgs-Orden wieder abzuerkennen", zitierte die "Sächsische Zeitung" den Semperopernball-Sprecher Holger Zastrow. Einem Bericht der "Dresdner Neuesten Nachrichten" zufolge hatte der Rockmusiker Peter Maffay zuvor gedroht, er werde am Freitag auf dem Ball nicht auftreten, sollte Frey den Orden nicht zurückfordern.

Der Semperopernball-Verein hat die Verleihungen der Ball-Orden inzwischen ganz abgesagt. Sie sollen auch nicht, wie zunächst ersatzweise geplant, beim VIP-Empfang im Hotel Taschenberg Kempinski überreicht werden. Nur al Sisi hat seinen Orden, denn eine Delegation um Ball-Chef Frey hatte ihm die Auszeichnung bereits am vorvergangenen Sonntag in Kairo überreicht. Allerdings hat Frey die Vergabe des Ordens an al Sisi als "Fehler" bezeichnet und sich dafür entschuldigt. Jetzt ging er noch einen Schritt weiter.

Derweil droht dem Semperopernball die nächste Hiobsbotschaft: Der WDR-Kinderchor prüft offenbar ernsthaft, ob er seinen Auftritt auf dem Ball an diesem Freitag in Dresden nicht besser absagen sollte. Auf eine Tagesspiegel-Anfrage, ob es entsprechende Überlegungen gäbe, antwortete die WDR-Kommunikationsabteilung am Dienstagabend: "Die Entscheidung liegt bei der Chorleitung, die in engem Austausch mit den Eltern, dem Vorstand der Chorakademie Dortmund – dem Träger des Chores – und dem WDR steht."

Zuvor hatten die "Ruhr Nachrichten" berichtet, die Chorakademie Dortmund habe nach Angaben ihres Sprechers Jan Boecker kein gutes Gefühl, den Kinderchor "in der Pegida-Hochburg" auftreten zu lassen. Boecker bezog sich dabei auch auf den Proteststurm wegen des "Umweltsau"-Lieds, mit dem der Chor zuletzt Schlagzeilen gemacht hatte.

Zahlreiche Prominente haben abgesagt

Derzeit beobachte man die Sicherheitslage genau, behalte aber auch grundsätzlich die Entwicklungen zum Opernball im Auge, sagte der Sprecher. Die für den Ball vorgesehenen Moderatorinnen Judith Rakers und Mareile Höppner hatten zuvor - aus unterschiedlichen Gründen - ihren Einsatz in Dresden abgesagt.

Rakers war irritiert wegen des Ordens für al Sisi. Höppner, die für Rakers eingesprungen war, wurde nach Angaben des MDR nach ihrer Verpflichtung bedroht und Hass-Tiraden ausgesetzt. Auch andere prominente Gäste wie Uli Hoeneß sagten ab. In Ägypten werden die Menschenrechte seit Jahren eklatant verletzt.

Der Auftritt des WDR-Kinderchors ist nach Angaben des Senders Anfang Januar vereinbart worden. Die geplante Verleihung des Ordens für al Sisi sei damals im Sender noch nicht bekannt gewesen, versicherte ein WDR-Sprecher.

"Umweltsau"-Lied steht nicht auf dem Programm

In Dresden will der WDR-Kinderchor eigentlich ein Medley mit deutschen Volksliedern darbieten. Auch ist ein gemeinsamer Auftritt mit dem MDR-Sinfonieorchester geplant. Laut Chorakademie Dortmund hat der Vorstand der Akademie dem Kinderchor vom Auftritt in Dresden abgeraten. Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, werde man sich erneut mit dem WDR und den Eltern beraten, wird Chorakademie-Sprecher Boecker von den "Ruhr Nachrichten" zitiert.

Der WDR-Kinderchor hatte im vergangenen Jahr in einer Version des Kinderliedes "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" die fiktive Oma unter anderem als "Umweltsau" bezeichnet - was als Satire gedacht war, deuteten andere als Skandal. Unter anderem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte das "Umweltsau"-Lied kritisiert.

Semperopernball-Sprecher Zastrow sagte vergangene Woche der "Sächsischen Zeitung", die Kinder seien Zielscheibe des Hasses geworden, obwohl den Skandal um das "Umweltsau"-Lied allein Erwachsene zu verantworten gehabt hätten. Der WDR-Kinderchor sei "zurecht einer der renommiertesten Chöre in unserem Land".

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