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öKauf mich, ich koste fast nichts! Aber vielleicht tauge ich auch nichts. Billigprodukte können nerven.

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Sehnsucht nach Hochwertigem: Corona offenbart die Tücken des Billigshoppings

Oft merkt man die schlechte Qualität von Billigprodukten gar nicht, weil man sie flugs ersetzt. In Quarantänezeiten sieht das anders aus. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Ariane Bemmer

Wer für Billigangebote anfällig ist, für das ganze Zeug, das beiläufig und gedankenlos erworben wird, kann in diesen Coronawochen ins Grübeln kommen. Denn jetzt, da wegen der vielen Ladenschließungen spontane Nachkäufe für Kaputtgegangenes ausfallen (oder nur unter Strapazen möglich sind), wird auf unübersehbare Weise klar, wie krisenanfällig diese Schnäppchenspickerei ist.

Nun sitzt man nämlich da und ist umzingelt von Produkten, die ihren Zweck nicht mehr erfüllen und einem den ohnehin beschwerlicheren Alltag zusätzlich vermiesen: das billige Messer, mit dem sich Lebensmittel nicht mehr schneiden, sondern nur noch zerfetzen lassen, das endlich ausprobierte Sportshirt vom Discounter, das einem klamm am Leib klebt, weil die „Quick Dry“-Funktion nach dem zweiten Waschgang dahin ist. Die Fünf-Paar-zum-Preis-von-vier-Tennissocken, die an der Ferse löchrig werden. Die billige Jacke, deren Reißverschluss hakt, der Schnäppchen-Rock, dessen Saum bereits ausfranst, sodass man sich darin vorkommt wie auf dem Weg zum Lumpenball.

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Zu normalen Zeiten hätte man das vielleicht gar nicht bemerkt. Da wären die Produkte beim Auftreten von Macken routiniert ersetzt worden. Jetzt aber, da der Adhoc-Ersatz ausfällt und man es mit den Produkten, die man hat, aushalten muss, wird es einem schmerzhaft bewusst: Es mangelt vielem an Qualität.

Qualität! Das wäre jetzt etwas. Sachen, die anstandslos funktionieren, die vielleicht mal teuer angeschafft wurden, aber mit Bedacht, und die ihren Preis dann auch wert sind. Der Spruch aus Großmutters Zeiten „Ich bin zu arm, um billig einzukaufen“, in der Fast-Fashion-Dauershopping-Welt geringschätzig beiseite gewischt, gewinnt neue Aktualität: „Hier ist zu Shutdown, um billig einzukaufen.“

Produkte, die Partner sind statt Saboteure

Vorerst ist es für diese Einsicht zu spät. Aber die erzwungene Nachkaufpause dürfte bei denen, die sich über die schlechte Qualität ihrer vor allem nach Preis getätigten Anschaffung ärgern, neue Sehnsüchte wecken.

Die werden nach der Lockerung der Coronamaßnahmen vielleicht nicht mit einer Art Konsum fortfahren wollen, der sich – jenseits irgendwelcher Verantwortungsgefühle gegenüber den Menschen, die zu Gott weiß was für Bedingungen billige Waren herstellen – auch als Fahrlässigkeit sich selbst gegenüber erwiesen hat. Ihnen könnte künftig die Lust nach gründlicher Auswahl stehen, nach Produkten, die einem in der Krise Partner sind statt Saboteure.

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