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Kulturgut: Ohne Schweinefleisch ist Dänemark nichts.

© dpa

Schweinefleisch: Der dänische Krieg um die Frikadelle

Eine Stadt in Dänemark will die Schweinefleisch-Pflicht, um dänische Kultur zu schützen. Doch nicht alle sehen den Kulturkrieg als nötig an.

Die Dänen und ihr Schwein – das ist eine ganz besondere Liebesbeziehung. In kaum einem anderen Land in Europa verspeisen die Menschen pro Einwohner so viel Schweinefleisch. Mehr als 30 Kilo landen im Jahr auf dem Teller eines Durchschnitts-Dänen, das Nationalgericht ist Schweinebauch mit Schwarte. In Randers in Ostjütland geht die Liebe für das saftige Fleisch so weit, dass es nun auf dem Speiseplan von Kitas und Schulen stehen muss – zur Rettung der „dänischen Esskultur“. Mit dem Vorschlag hatte ein Rechtspopulist im Stadtrat einen „Frikadellenkrieg“ entfacht.

Der Grund für die Aufregung: Eine Kita hatte das Schweinefleisch im vergangenen Jahr mit Blick auf die vielen muslimischen Kinder in der Einrichtung vom Speiseplan gestrichen. Es sei „inakzeptabel, dänische Esskultur zu verbieten“, schreibt der Rechtspopulist Martin Henriksen auf Facebook. „Was kommt als Nächstes?!“ Islamische Regeln und „falsch verstandene Rücksichtnahme“ sollten nicht diktieren, was Kinder essen, poltert er. Nicht nur die Abgeordneten seiner Dansk Folkeparti (DF), sondern auch die Liberalen stimmten für den Vorschlag.

Andere im Stadtrat nennen die Idee „absurd“, zumal das rosa Fleisch auf dem Teller zumindest den Eltern nicht zu fehlen scheint. Es wegzulassen sei in der betroffenen Kita eine praktische und keine ideologische Entscheidung gewesen, sagt Dorthe Boe Danbjørg vom Elternverband der Nachrichtenagentur Ritzau.

"Es muss nicht Schwein sein"

Die Pädagogin Bente Gråkjær meint in der Zeitung „Jyllands-Posten“: „Es muss nicht Schwein sein, damit es dänisch ist.“ Viele ihrer Landsleute sind da allerdings nicht ihrer Meinung: Sechs von zehn Dänen würden eine Schweinefleisch-Pflicht in ihrer Kommune unterstützen, ergab eine YouGov-Umfrage im Auftrag der Zeitung „Metroxpress“.

Diese Intiative für Schweinefleisch finde ich einfach nur noch kleinkariert und absurd. Was ist das für eine Identität, die durch Schweinefleisch hergestellt wird? Armes Dänemark! Jedes Mittel scheint recht zu sein, es den Zuwanderern schwer zu machen, sich zu integrieren.

schreibt NutzerIn jensgr

Nur knapp jeder Fünfte wäre überhaupt nicht einverstanden. „Es ist schwierig, ein Lebensmittel zu finden, das in den Dänen so verankert ist wie das Schwein“, sagt die Forscherin Else Marie- Boyhus der Zeitung „Politiken“. „Das ist wohl die wesentliche Ursache dafür, dass das Schweinefleisch immer wieder politisch benutzt wird.“ Schon die frühere sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt hatte sich für mehr Frikadellen in den öffentlichen Einrichtungen eingesetzt.

Mit einer Anekdote, die sie bei einem Neujahrstreffen zum Besten gab, hatte auch die liberale Integrationsministerin Inger Støjberg die Diskussion neu mitentfacht. Demnach hatte ein befreundetes Paar in Aalborg sein Kind in einer privaten Kita angemeldet, weil es im staatlichen Kindergarten nicht erlaubt gewesen sei, Schweinefleisch in der Brotdose dabei zu haben. Die Geschichte ließ sich allerdings nicht belegen – und Støjberg musste sich entschuldigen.

Nicht alle Dänen können die Debatte indes nachvollziehen. „Wir haben viel größere Probleme mit Eltern, die gerne wollen, dass ihre Kinder gluten- und laktosefreie Kost serviert bekommen“, sagte eine Hörerin „Radio24syv“. dpa

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