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 Brasilianische Kaffeebohnen. Die Verbraucher in Deutschland müssen im Juni 2021 für ihr liebstes Getränk wohl tiefer in die Tasche greifen

© dpa/Marcello Casal Jr/Agencia Brazil

Schlechte Ernteprognosen: Der Kaffee wird teurer

Der Kaffee-Konsum steigt jährlich, auch dank neuer Kreationen der Kaffeeanbieter. Internationale Trends sorgen dafür, dass er nun kostspieliger werden könnte.

Die Verbraucher in Deutschland müssen für ihr liebstes Getränk wohl tiefer in die Tasche greifen – nach jahrelang eher stabilen oder sogar sinkenden Preisen. Verantwortlich sind vor allem schlechte Ernteprognosen des weltweit größten Kaffeeerzeugers Brasilien. Sie treiben seit Monaten die Einkaufspreise für Rohkaffee in die Höhe, zum Beispiel bei Arabica-Bohnen ist der Preis derzeit auf einem Vier-Jahreshoch.

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Der führende deutsche Kaffeeröster Tchibo reagiert auf die steigenden Einkaufspreise und stimmte am Montag seine Kundschaft auf Preiserhöhungen ein: Zum 14. Juni sollen die Verkaufspreise je nach Sorte und Herkunftsland zwischen 50 und 100 Cent je Pfund steigen. Tchibo als Marktführer gilt als einer der wichtigsten Signalgeber für die Verkaufspreise für Kaffee.

Der Kaffeeröster hatte zuletzt die Preise zum Jahresbeginn 2017 erhöht, danach aber wegen gesunkener Einkaufspreise mehrfach gesenkt. „Die Preise für Rohkaffees sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Dies gilt insbesondere für hochwertige Arabica-Qualitäten“, lautet die aktuelle Begründung für die Preiserhöhungen.

Tchibo verkauft seine Produkte über eigene Filialen und Depots unmittelbar an Endverbraucher und kann deshalb auch die Endpreise festlegen. Andere Kaffeeröster liefern ihre Produkte an den Lebensmittel-Einzelhandel, der seinerseits die Endpreise festlegt. Als wichtiger Taktgeber gilt hier Aldi. Der Discounter betreibt eigene Röstereien.

Dallmayr und Jacobs äußern sich schmallippig

Die Konkurrenz von Tchibo äußert sich denn auch schmallippiger: „Wir haben aufgrund gestiegener Gesamtkosten im Kaffeeeinkauf unsere Fabrikabgabepreise ebenfalls erhöht“, teilte ein Sprecher von Jacobs Douwe Egberts (JDE) auf Anfrage lediglich mit. Eine Sprecherin des Kaffeerösters Dallmayr in München bekundete Verständnis für „jeden Kaufmann, der steigende Kosten weiter gibt“, will sich zu eigenen künftigen Abgabepreisen aber öffentlich nicht äußern. „Wir sind von der sehr deutlichen, aktuellen Kostensteigerung bei Kaffee natürlich ganz massiv betroffen“, berichtete die Dallmayr-Sprecherin. Hinzu kämen höhere Kosten bei Seefrachten, Verpackungsmaterialien, Versandlogistik und der Verpackungsentsorgung.

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Die Internationale Kaffee-Organisation ICO berichtete zuletzt in ihrem April-Marktbericht von einer Preisrally inmitten eines erwarteten Produktionsrückgangs. Als zusätzlichen Preistreiber macht die ICO Zeichen für eine wirtschaftliche Erholung nach dem Corona-Rezessionsjahr 2020 aus, die sich auf die Entwicklung des Kaffeeverbrauchs auswirke: „Die negativen Auswirkungen auf den Kaffeekonsum, die im Kaffeejahr 2019/20 (bis Ende September) mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie auftraten, klingen ab, und der Konsum kehrt wieder zu seinem normalen Trend zurück.“

Der aus mehreren Kaffeesorten zusammengesetzte ICO-Preisindex stieg allein im April um 1,4 Prozent auf durchschnittlich 122,3 US-Cent je Pfund (454 Gramm) - ein Plus von 12 Prozent gegenüber April 2020. „Dieses Niveau steht für den sechsten Monat in Folge mit einem Anstieg und den höchsten monatlichen Durchschnitt seit über dreieinhalb Jahren“, so die ICO. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lagen die Einfuhrpreise für Rohkaffee zuletzt im April fast 12 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Vier-Jahres-Hoch der Sorte Arabica

Für die hochwertige Sorte Arabica berichtet Rohstoffanalystin Michaela Helbing-Kuhl von der Commerzbank sogar von einem Vier-Jahres-Hoch. Arabica wird aktuell in New York mit rund 164 Cent pro Pfund gehandelt, Anfang des Jahres waren es noch unter 130 Cent. Die Arabica-Hausse bringt die Analystin vor allem mit Ernteprognosen aus Brasilien in Verbindung.

Die jüngste Schätzung der dortigen Prognosebehörde Conab zur Ernte des dortigen Erntejahres 2021/22 liege zwar mit 48,8 Millionen Sack (je 60 kg) im oberen Bereich früherer Schätzungen, liege damit aber rund 23 Prozent unter dem rekordhohen Vorjahr mit 63 Millionen Sack. „Preisstützend wirken auch die Proteste in Kolumbien. Die Straßen- und Hafenblockaden führen zu möglicherweise wochenlangen Verzögerungen bei der Verladung von Kaffee – in Kolumbien weit überwiegend der Sorte Arabica.“

Kaffee ist mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 168 Litern jährlich das beliebteste Getränk in Deutschland, noch vor Mineralwasser und Bier – Tendenz steigend. Zwar wurde zuletzt in der Coronapandemie nicht mehr so viel Kaffee außer Haus in Coffee-Shops, Cafès oder Bäckereien getrunken. Diesen Effekt haben die Verbraucher in Deutschland aber zu Hause mehr als wett gemacht. Der deutsche Kaffeeverband berichtete unlängst von einem 11-prozentigen Plus beim Kaffeekonsum daheim, während der Konsum außerhalb der eigenen vier Wände um 23 Prozent eingebrochen sei. (dpa)

Thomas Kaufner

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