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In der südsibirischen Teilrepublik Chakassien wüten die Brände am schlimmsten.

© AFP

Russland: In Sibirien brennen die Steppen

Waldbrände haben in Süd- und Ostsibirien schon tausende Hektar Land vernichtete. Rund 30 Menschen starben in den Flammen. Dabei hatte die russische Regierung nach den letzten Großbränden vor fünf Jahren weitreichende Maßnahmen versprochen.

Der breite Graben, den Bagger gerade ausgehoben haben, ist für das Feuer kein Hindernis. Wind, der mit Geschwindigkeiten von bis zu 30 Metern pro Sekunde weht, treibt die Funken vor sich her, innerhalb von wenigen Augenblicken lecken die Flammen auch an den Lärchen auf der anderen Seite des Schutzwalls empor. Wann sie die nächste, nur aus ein paar Gehöften bestehende Ortschaft erreichen, ist eine bloße Zeitfrage. Die Bilder, mit denen russische TV-Sender seit ein paar Tagen ihre Nachrichtensendungen aufmachen, verbreiten Endzeitstimmung. Wald- und Steppenbrände toben in Südsibirien und im Gebiet hinter dem Baikalsee, eine Region von der mehrfachen Größe Deutschlands.

Grasland wird bewusst abgebrannt

Besonders schlimm trifft es die Teilrepublik Chakassien, wo am Dienstag die Fahnen auf Halbmast wehten. Mehrere Tausend Hektar Steppe stehen dort bereits in Brand. Bisher kamen 26 Menschen in den Flammen um, acht weitere befinden sich in sehr kritischem Zustand. Insgesamt suchten über 900 Menschen Krankenhäuser auf, 79 davon mussten stationär behandelt werden. Über 5000 Menschen wurden obdachlos. Die Duma sieht den Faktor Mensch als Hauptursache. Brandschutzvorschriften und Strafen für Sünder sollen daher drakonisch verschärft werden, vor allem für Abbrennen trockenen Grases, was den Flächenbrand in Chakassien auslöste. Mit der Asche düngen die Bauern Felder und Gemüsegärten.

Putin kümmert sich persönlich

Auch bei den Wald- und Steppenbränden im ostsibirischen Transbaikalien gibt es bereits drei Tote, darunter ein dreijähriges Mädchen. Über beide Regionen verhängten die Gouverneure den Ausnahmezustand. Katastrophenschutzminister Wladimir Putschkow besuchte die Krisenregion und versprach großzügige Entschädigungen. Präsident Wladimir Putin, so dessen Sprecher, koordiniere persönlich Pläne für den Wiederaufbau der niedergebrannten Siedlungen.

So, wie im Katastrophenjahr 2010, als halb Russland in Flammen stand. Betroffen waren vor allem zentrale Gebiete im europäischen Teil. Dort standen damals über 180.000 Hektar in Flammen, 2500 Ortschaften brannten nieder, es gab nach offiziellen Angaben 50 Tote. Hilfsorganisationen gehen von erheblich mehr aus. Moskau, in dessen Umland neben Wald auch die zu Sowjetzeiten trockengelegten Torfmoore brannten, stöhnte fast 40 Tage lang und bei Temperaturen von weit über 30 Grad unter beißendem giftigem Rauch, der sich mit Auto-Abgasen vermischte. Im Stadtzentrum herrschte selbst gegen Mittag Halbdunkel, die Sicht betrug weniger als zehn Meter.

Aus Fehlern nicht gelernt

Die Regierung gelobte damals, weitreichende Konsequenzen zu ziehen. Derartiges werde sich nicht wiederholen. Umweltschützer sind skeptisch. Die Brandkatastrophe in Sibirien, deren Höhepunkt womöglich noch nicht erreicht ist, wie selbst offizielle Stellen einräumen mussten, lässt aus ihrer Sicht nur einen Schluss zu: Aus Fehlern nichts gelernt. In der Tat: weil der Katastrophenschutz weitgehend in die Kompetenz der Regionen fällt, die finanziell höchst unterschiedlich ausgestattet sind, setzen die Direktiven aus Moskau unterschiedlich um. So sollte nach der Brandkatastrophe von 2010 das aus Sowjetzeiten stammende Frühwarnsystem mit Waldläufern reanimiert werden. Auch sollten in Taiga und Steppe flächendeckend Wasserentnahmestellen und befestigte Wege, die zu ihnen führen, angelegt werden. In Chakassien indes hatten nicht einmal die Dorfbrunnen genug Wasser, wie Einwohner berichten.

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