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Der Buckingham Palace in London.

© Imago Images/Cavan Images

Royale Rassismusdebatte: Nichtweiße durften im Buckingham-Palast nicht im Büro arbeiten

Neue Vorwürfe gegen das britische Königshaus: Demnach weigerte sich der Palast bis mindestens in die 60-er Jahre hinein, Nichtweiße in Büros anzustellen.

Erst beschuldigte Herzogin Meghan die Windsor-Familie des Rassismus, jetzt sieht sich der Buckingham-Palast mit neuen Vorwürfen konfrontiert: Der britische „Guardian“ berichtet, dass dort offenbar bis mindestens Ende der 60-er Jahre „farbige Einwanderer oder Ausländer“ nicht für Bürotätigkeiten eingestellt werden durften. Der oberste Finanzverwalter von Queen Elisabeth II. – heute 95 Jahre alt – habe 1968 Beamte darüber informiert, dass dies nicht üblich sei. Dagegen war es solchen Personen erlaubt, als Hausangestellte zu arbeiten. Es sei unklar, wann diese Praxis beendet wurde, so der „Guardian“.

Die Zeitung zitiert aus Dokumenten aus dem Nationalarchiv, die eine Ausnahmeregelung des Königshauses von Antidiskriminierungsgesetzen aus dem Jahr 1968 aufweisen. Wie das Blatt weiter schreibt, habe sich der Buckingham-Palast nicht zu den Vorwürfen äußern wollen. Das Königshaus habe lediglich mitgeteilt, dass in den 90-er Jahren Menschen mit Migrationshintergrund am Hof gearbeitet hätten. Frühere Aufzeichnungen zu den ethnischen Hintergründen der Mitarbeiter gebe es nicht.

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Die Gesetze zur Gleichberechtigung aus dem Jahr 1968 sollten in Großbritannien das Verbot der ethnischen und sexuellen Diskriminierung vom öffentlichen Raum auf den Arbeitsplatz ausweiten. Die vom damaligen Innenminister James Callaghan angeregte Gesetzesänderung sei nur unter Bedingung genehmigt worden, dass es Ausnahmeregeln für die britische Königsfamilie geben würde, so der „Guardian“. Wie es in dem Bericht heißt, hätten Mitarbeiter von Queen Elizabeth II. das Gesetz mit ausgearbeitet.

„Diese Ausnahmeregelung hat es für Frauen oder Angehörige ethnischer Minderheiten, die für ihren Haushalt arbeiten, unmöglich gemacht, sich vor Gericht zu beschweren, wenn sie glauben, diskriminiert worden zu sein“, schreibt der „Guardian“.

Die Queen und das Königshaus seien von diesen Gesetzen nach wie vor ausgenommen, so die Zeitung weiter. Der Palast habe dem nicht widersprochen und hinzugefügt, dass es ein separates Verfahren zur Anhörung von Beschwerden im Zusammenhang mit Diskriminierung gebe. Der Palast habe aber nicht beantwortet, woraus dieser Prozess besteht und ob auch Queen Elizabeth II. dem Verfahren unterworfen ist.

Ein Sprecher des Buckingham Palastes sagte dem „Guardian“: „Der königliche Haushalt und der Souverän halten sich an die Bestimmungen des Gleichstellungsgesetzes, im Prinzip und in der Praxis. Dies spiegelt sich in den Richtlinien, Verfahren und Praktiken des Königshauses zu Vielfalt, Inklusion und Würde am Arbeitsplatz wider.“

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Seit vielen Jahren, so der „Guardian“, wiesen Kritiker regelmäßig darauf hin, dass am königlichen Hof nur wenige Schwarze, Asiaten oder Angehörige ethnischer Minderheiten beschäftigt seien. Die neuen Enthüllungen dürften nun die Debatte darüber neu entfachen, wie stark Rassismus im britischen Königshaus verbreitet ist. Dessen Geschichte ist untrennbar mit dem British Empire verbunden, das in der Kolonialzeit viele Menschen auf der ganzen Welt unterdrückte, ausnutzte oder gar tötete.

Prinz Harry von Großbritannien und seine Frau Herzogin Meghan.
Prinz Harry von Großbritannien und seine Frau Herzogin Meghan.

© Yui Mok/PA Wire/dpa

Schon in den vergangenen Jahren waren Mitglieder der Windsors für rassistische Äußerungen kritisiert worden. Durch ein Interview von Meghan Markle (39), die teilweise afroamerikanische Wurzeln hat, rückte das Thema dann im Frühjahr weltweit ins Rampenlicht. Prinz Harry (36) und seine Frau Meghan hatten sich im vergangenen Jahr aus dem engeren Kreis der Königsfamilie zurückgezogen und ihren Lebensmittelpunkt mit dem inzwischen zwei Jahre alten Sohn Archie nach Kalifornien verlegt.

Im März erklärte die Herzogin von Sussex der US-Moderatorin Oprah Winfrey dann, dass sie während ihrer Zeit in der königlichen Familie Selbstmordgedanken gehabt habe, und behauptete, ein Familienmitglied habe sich vor der Geburt besorgt über die Hautfarbe ihres Kindes geäußert.

Meghans Schwager Prinz William (38) wies die Vorwürfe mit den Worten zurück: „Wir sind klar keine rassistische Familie.“ Er war das erste Mitglied der Royals, das sich öffentlich und auf persönliche Art und Weise äußerte. Die Mitarbeiter von Queen Elizabeth II. hatten lediglich in ihrem Namen eine kurze Stellungnahme veröffentlicht. Darin hieß es, der Vorwurf des Rassismus werde „sehr ernst genommen und von der Familie privat angesprochen“.

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