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Goldschmuck eines Gewandes.

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Rheinland-Pfalz: Ist das der Schatz der Nibelungen?

Der Fund eines Raubgräbers in der Pfalz würde zeitlich passen – aber die Experten sind sehr skeptisch. Der Schatz umfasst Goldschmuck, Büsten, eine verzierte Silberschale, einen zerschlagenen Silberteller und einen Klappstuhl.

Ist es etwa der sagenhafte Schatz, den Hagen von Tronje im Rhein versenkt haben soll? Das Nibelungenlied hat jahrhundertelang nicht nur Künstler, sondern auch Schatzsucher inspiriert. Wurde der Nibelungenschatz nun etwa in der Südpfalz gefunden? Ulrich Himmelmann, Leiter der Außenstelle Speyer der Landesarchäologie in Rheinland-Pfalz, lacht. Eher nicht, meint er, will darüber auch nicht weiter spekulieren.

Das Nibelungenlied handelt vom fünften Jahrhundert. Aus dieser Zeit datiert der jetzt gefundene Schatz

Es ist in der Tat Spekulation. Eine reizvolle. Das Nibelungenlied aus dem 13. Jahrhundert hat als historischen Kern den Untergang des Geschlechts der Burgunder im fünften Jahrhundert. Figuren wie den Burgunderkönig Gunther hat es wirklich gegeben.

Der Schatz datiert ebenfalls aus dem fünften Jahrhundert. Belege, dass das eine mit dem anderen etwas zu tun hat, gibt es nicht.

„Hagen versenkt den Nibelungenhort“ – Dieses Gemälde von Peter von Cornelius (1783–1867) stammt aus dem Jahr 1859.
„Hagen versenkt den Nibelungenhort“ – Dieses Gemälde von Peter von Cornelius (1783–1867) stammt aus dem Jahr 1859.

© picture alliance / akg-images

Der Archäologe Ulrich Himmelmann ist schwer beeindruckt von den Kostbarkeiten, die da in der Pfalz zutage gefördert wurden. So etwas habe er noch nie aus nächster Nähe gesehen, schwärmt er.

Der Schatz wurde im Wald bei Rülzheim gefunden, gleich neben einer einstigen Römerstraße. Keinen halben Meter tief lag er in der Erde, 1500 Jahre lang. Der Fund ist spektakulär: Goldener Gewandschmuck, eine mit Edelsteinen besetzte Silberschale, Teile eines Silbertellers, Reste eines vergoldeten und versilberten Klappstuhls, silberne Frauenstatuen. So etwas sehen Archäologen nicht alle Tage. „Das ist deutschlandweit einmalig“, kommentiert der Chefarchäologe von Rheinland-Pfalz, Axel von Berg, den Fund.

Illegale Schatzsucher richten großen Schaden an

Doch die Freude der Archäologen ist getrübt. Nicht sie haben den Schatz gehoben. Ausgegraben wurden die Raritäten von einem illegalen Schatzsucher, der mit einer Metallsonde im pfälzischen Wald unterwegs war. Gegen den Mann, in der Pfalz beheimatet, ermittelt die Staatsanwaltschaft in Frankenthal schon seit Mai letzten Jahres. Er soll, so sagte Oberstaatsanwalt Hubert Ströber, an mehreren Orten illegal gegraben haben. Während die Suche mit Metalldetektoren nur eine Ordnungswidrigkeit darstellt, ist die Entnahme archäologischer Funde eine Straftat, ein Eigentumsdelikt. Wer antike Schätze findet und das nicht meldet, macht sich der Unterschlagung strafbar, wer sie kauft, kann wegen Hehlerei belangt werden. Letzteres könnte beim Südpfälzer Schatz der Fall sein.

Rheinland-Pfalz ist das Mekka der Hobby-Schatzsucher

Im alten Kulturland Rheinland-Pfalz, einst Teil der römischen Republik, wird gerne gegraben. Ob in der Mainzer Gegend, der Pfalz, dem Rheinland – diese Gebiete sind ein Eldorado für Schatzsucher. Das Hobby kam in den siebziger Jahren auf, als die ersten Metallsonden auf den Markt kamen, erzählt Himmelmann. In den Jahren darauf sei die Zahl der Sondengänger immer weiter gestiegen. Und mittlerweile sind sie ein echtes Problem. Schätzungen zufolge sollen es bis zu 30 000 Hobby-Archäologen sein, die mit Metallsonden antike Stätten in Deutschland plündern und dabei zerstören. Bis in eineinhalb Meter Tiefe können die Geräte reichen – je nach Bodenbeschaffenheit. So lassen sich Münzen finden, auch andere Metallobjekte wie Waffen verschwinden auf diese Weise in Privatsammlungen oder werden illegal verkauft. Der Schaden für die Wissenschaft sei unermesslich, klagt Himmelmann. Denn schon kleinste Hinweise können von Historikern verwertet werden. Doch durch das laienhafte Graben werden Fundstücke nicht nur beschädigt, sie werden auch aus dem Kontext gerissen. Und am Fundort werden wertvolle Spuren vernichtet.

[GRUNDTEXT]Die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen, der Landesarchäologe Axel von Berg (links), der Leiter der Landesarchäologie Speyer, Ulrich Himmelmann, und der Direktor der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Thomas Metz (rechts), stellten den Schatz der Öffentlichkeit vor.
[GRUNDTEXT]Die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen, der Landesarchäologe Axel von Berg (links), der Leiter der Landesarchäologie Speyer, Ulrich Himmelmann, und der Direktor der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Thomas Metz (rechts), stellten den Schatz der Öffentlichkeit vor.

© dpa

Das ist auch im Wald bei Rülzheim geschehen. Durch die Raubgrabung wurde der Klappstuhl, er ist römischer Herkunft, stark beschädigt. Er soll nun restauriert werden. Der goldene Gewandschmuck wurde von Textilresten befreit, er gibt kaum noch Auskunft über seinen Träger. Die Textilfasern wären für die Bewertung der Fundstücke von großer Bedeutung gewesen. „Wir haben eine Nachgrabung durchgeführt, aber nichts mehr gefunden, was uns nähere Hinweise über die Herkunft des Schatzes hätte geben können“, bedauert Himmelmann.

Einiges lässt sich trotzdem noch sagen: Der Schatz stammt aus der Zeit des untergehenden römischen Reiches. Damals zogen Germanen plündernd durch das Land, raubten die Römer aus, bestahlen sich gegenseitig. Vielleicht war es Beute, die da geteilt wurde, darauf deutet der zerschlagene Silberteller hin. „Er wurde schon damals in drei Teile zerschlagen.“ Ob der Schatz nun von Germanen vergraben wurde, die ihr Raubgut verstecken mussten, oder ob es ein Römer auf der Flucht war – das lässt sich nicht sagen. Sicher aber ist: Der Klappstuhl muss einmal einem hochgestellten Römer gehört haben, die Silberschale verortet Himmelmann bei den Germanen.

Schon im März sollen die Fundstücke in einer Ausstellung in Mainz für ein paar Wochen der Öffentlichkeit präsentiert werden.

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