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Amber Heard und Johnny Depp am 17. Mai 2022 vor Gericht

© dpa/AP/AFP/Brendan Smialowski/Pool

Prozess um gegenseitige Verleumdungsklagen: Amber Heard soll Johnny Depp rund 10 Millionen Dollar zahlen – er ihr nur zwei

Wochenlang liefern sich die Ex-Ehepartner Johnny Depp und Amber Heard vor einem US-Gericht eine Schlammschlacht. Nun gibt es ein Urteil.

Johnny Depp und Amber Heard haben sich gegenseitig gewaltsame Übergriffe während ihrer kurzen Ehe vorgeworfen - und verklagten sich deswegen gegenseitig wegen Verleumdung auf Millionenentschädigungen.

Nun haben die Geschworenen beide Parteien schuldig gesprochen: Die 36-jährige Heard sollte ihrem 58-jährigen Ex-Mann 15 Millionen Dollar (14 Millionen Euro) Schadenersatz zahlen, Depp soll Heard wiederum mit zwei Millionen Dollar entschädigen. Von den ihm zugesprochenen 15 Millionen Dollar erhält Depp wegen einer Deckelung von Strafzahlungen im Bundesstaat Virginia aber nur 10,35 Millionen Dollar.

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Amber Heard zeigte sich zutiefst enttäuscht über das Urteil. „Die Enttäuschung, die ich heute fühle, kann man nicht in Worte fassen“, schrieb Heard am Mittwoch via Kurznachrichtendienst Twitter. Dass die Jury ihr trotz eines „Bergs an Beweisen“ größtenteils nicht geglaubt habe, breche ihr Herz. Zudem sehe sie das Urteil als einen „Rückschritt“ für andere Frauen in ähnlicher Situation.

„Ich bin traurig, dass ich den Prozess verloren habe. Aber ich bin noch trauriger, dass ich anscheinend ein Recht verloren habe, von dem ich davon ausgegangen war, dass ich es als Amerikanerin habe - frei und offen zu sprechen.“

Hollywood-Star Johnny Depp wiederum bedankte sich bei der Jury und seinem Anwaltsteam. „Diese Jury hat mir mein Leben zurückgegeben“, hieß es in einer Mitteilung von Depp am Mittwoch.

„Das Ziel, diesen Prozess voranzubringen, war von Anfang an, die Wahrheit ans Licht zu bringen - egal wie es ausgehen würde. Die Wahrheit zu sagen war etwas, was ich meinen Kindern und all denjenigen, die mich immer unterstützt haben, geschuldet habe. Jetzt wo ich das geschafft habe, fühle ich eine inneren Frieden in mir.“ Für ihn habe nun ein neues Kapitel in seinem Leben begonnen. „Das Beste kommt erst noch.“

Sechswöchige Verhandlungen waren vorausgegangen

Während der sechswöchigen Verhandlungen in Fairfax nahe Washington hatten die beiden Hollywood-Schauspieler viel schmutzige Wäsche gewaschen.

Mehrere Stunden in dem Prozess drehten sich um einen Vorfall im März 2015 in Australien, wo Depp den fünften Teil der "Fluch der Karibik"-Reihe drehte. Während einer hitzigen Auseinandersetzung zwischen Depp und Heard in dem von ihnen angemieteten Haus wurde die Spitze von Depps rechtem Mittelfinger abgetrennt.

Depp zufolge passierte das, als seine damalige Frau eine Wodkaflasche nach ihm warf. Heard wies dies zurück und sagte aus, möglicherweise habe Depp sich verletzt, als er ein an die Wand montiertes Telefon zertrümmert habe. Einig waren sich vor Gericht beide, dass Depp seinen blutigen Finger benutzte, um rätselhafte Beleidigungen an Wände, Lampenschirme und Spiegel ihrer vorübergehenden Bleibe zu schreiben.

Johnny Depp.
Johnny Depp.

© Drew Angerer/Getty Images/AFP

Heard sagte über die Auseinandersetzung aus, Depp habe sie mit einer Flasche und Dosen beworfen und mit einer zerschlagenen Flasche bedroht. Schließlich habe er sie mit einer anderen Flasche vergewaltigt, indem er diese "immer und immer wieder" in sie hineingestoßen und sie dabei mit dem Tod bedroht habe. Einen Arzt suchte Heard danach nicht auf.

Fäkalien im Bett

Zu den bizarrsten vor Gericht erörterten Begebenheiten gehörten Fäkalien, die eines Tages auf Depps Seite des Ehebetts gelegen haben sollen. Depp sagte aus, auf einem Foto davon sei menschlicher Kot zu erkennen gewesen. Heard sprach hingegen von einem Malheur ihrer Yorkshire-Terrier. Einer davon habe Verdauungsprobleme, seit er als Welpe einmal von Depps Marihuana gefressen habe.

Promis und andere Zeugen

Gerüchte, dass Heards Ex-Freund, Tesla-Gründer Elon Musk, sowie ihr Filmpartner James Franco vor Gericht aussagen würden, bestätigten sich nicht. Dennoch gab es mehrere Promis im Zeugenstand. So wies Depps Ex-Freundin Kate Moss ein altes Gerücht entschieden zurück, der Schauspieler habe sie einmal eine Treppe hinuntergestoßen.

Weniger günstig als die Aussage des britischen Models fiel die von Depps Ex-Freundin Ellen Barkin aus. Die US-Schauspielerin beschrieb den Schauspieler als eifersüchtig, herrschsüchtig und dauernd betrunken.

[Lesen Sie auch: Von Hysterie zur „toxischen Weiblichkeit“: Der Hass gegen Amber Heard hat eine lange Tradition (T+)]

Auch Leibwächter, Agenten, Manager, Psychiater, Ärzte, Freunde und Verwandte des früheren Paares wurden vor Gericht befragt. Alejandro Romero, seinerzeit Portier in dem Gebäude in Los Angeles, in dem Depp und Heard ein Luxus-Penthouse bewohnten, sprach im Zeugenstand wahrscheinlich vielen Prozessbeteiligten aus der Seele. "Ich bin total gestresst", sagte er über Depps und Heards Fehde. "Ich möchte damit nichts mehr zu tun haben."

Die Beweise

Den Geschworenen wurden eine Reihe von Ton- und Filmaufnahmen von hitzigen Auseinandersetzungen zwischen Depp und Heard voller obszöner Beleidigungen vorgespielt. In einem von Heard aufgenommenen Video war Depp zu sehen, wie er herumschreit, eine Glas-Schranktür zertrümmert und ein riesiges Glas Rotwein leer trinkt.

Beide legten Fotos von Verletzungen vor, die der oder die jeweils andere ihnen beigebracht haben soll. Heards Anwälte zeigten zudem Fotos von Depp, die zeigen sollen, wie dieser nach übermäßigem Trinken oder Drogenkonsum bewusstlos war.

Es wurden Textnachrichten von Depp an verschiedene Menschen vorgelesen, in denen er auf rohe und rabiate Weise beschreibt, was er Heard an den Hals wünscht. Depps Anwälte erklärten dazu, der Schauspieler habe einfach nur einen bildstarken Schreibstil.

Fans als Unterstützer und Störer

An jedem Verhandlungstag standen hunderte Depp-Fans stundenlang an, um einen der begehrten Plätze auf der Empore des Gerichtssaals zu ergattern. Meistens benahmen sie sich, aber während Heards Aussage sah sich Richterin Penney Azcarate zu einem Ordnungsruf gezwungen. "Wenn ich noch einen Mucks höre, lasse ich die Empore räumen", drohte sie.

Auch in Online-Netzwerken waren Depp-Fans mit einer Kampagne unter dem Schlagwort "#JusticeForJohnnyDepp" (Gerechtigkeit für Johnny Depp) sehr aktiv. Während der YouTube-Livestreams der Gerichtsverhandlungen erstellten viele Fans Memes, die Depp feierten und Heard lächerlich machten. Die Schauspielerin erhielt nach eigenen Angaben tausende Morddrohungen. (dpa, AFP)

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes stand in der Überschrift, Heard müsse nun 15 Millionen Dollar zahlen. Das ist zwar die Summe, die Depp zuerkannt wurde, wegen einer Deckelung muss Heard aber nur rund 10 Millionen Dollar zahlen. Wir haben das aktualisiert und konkretisiert.

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