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Eine Amsel trägt einen Icarus-Sender.

© MPI für Ornithologie/MaxCine/dpa

Projekt Icarus: Wenn Tiere den Menschen warnen

Das Projekt Icarus ermöglicht Tierforschung aus dem All. Forscher erhoffen sich einen besseren Schutz bedrohter Arten - und ein Frühwarnsystem für den Menschen.

Am Mittwochabend sollen die Kosmonauten Oleg Artemjew und Sergej Prokopjew die Internationale Raumstation ISS verlassen, um an der Außenhülle des russischen Moduls eine Antenne zu montieren. Damit geht nach über 16 Jahren Vorbereitung das Projekt Icarus zur weltweiten Beobachtung von Tieren an den Start – initiiert von Martin Wikelski, Direktor am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell, der sich ein „völlig neues Verständnis vom Leben auf diesem Planeten“ erhofft.

Schon seit langem statten Ökologen Tiere mit Sendern aus, die allerdings oft recht groß, schwer und wegen hohen Energiebedarfs kurzlebig waren und kaum Informationen über das Tier und dessen Umwelt lieferten. Die Sender des Icarus-Projekts (International Cooperation for Animal Research Using Space) wiegen hingegen nur drei bis fünf, künftig womöglich sogar weniger als ein Gramm. Während Daten bislang bestenfalls über lückenhafte Handy-Netze weitergeben konnten, werden die Informationen der Icarus-Sender ab morgen von der Antenne auf der ISS eingesammelt und an Forscher in aller Welt verschickt.

Jeder Sender ist mit Solarzelle und Batterie ausgestattet, hat Sensoren für Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck, misst die Beschleunigung und das Magnetfeld und gibt Aufschluss über die genaue Position des Tiers und seine Ausrichtung im Raum. „So können wir jederzeit Rückschlüsse ziehen, was das Tier sieht und welchen Umweltbedingungen es ausgesetzt ist“, sagt Wikelski. Mit Hilfe zusätzlicher Sensoren im Körper des Tiers wollen die Forscher künftig sogar Herzfrequenz, Körpertemperatur oder den Stresslevel messen.

Tiere als Erdbeben-Frühwarnsystem

Obwohl das System für bis zu 15 Millionen Minisender ausgelegt ist, sollen zunächst 100.000 Tiere mit den Minisender „Tags“ ausgestattet werden. „Wir haben bereits Anfragen von Wissenschaftlern aus mehr als 100 Ländern erhalten, die mit den Sendern das Verhalten von Tieren erforschen wollen“, sagt Wikelski.

Was für Physiker das Cern in Genf, das sei Icarus für die Ökologie, sagt Wikelski – ein Gemeinschaftsprojekt, das ein ganzes Wissenschaftsfeld voranbringt. Von Icarus verspricht sich der Biologe nicht nur ein besseres Verständnis der Wanderungsbewegungen von Zugvögeln. Die Sender könnten auch zum Schutz bedrohter Arten beitragen – etwa indem Ranger in Echtzeit benachrichtigt werden, wenn ein besendeter Elefant beschossen wird. Zudem könnte Icarus in Zukunft auch als Frühwarnsystem für Epidemien und Naturkatastrophen wie Erdbeben dienen.

Schon länger wird berichtet, dass etwa Ziegen am Ätna vor Eruptionen auffälliges Verhalten zeigen. In Erdbebengebieten sollen Tiere bereits Stunden vor den Erschütterungen unruhig werden. Dieser vermeintliche „siebte Sinn“ der Tiere ließ sich aber bisher kaum messen. Mit Icarus-Sendern an Papageien in Nicaragua, Ziegen in Mittelitalien oder Bären in Kamtschatka soll nun erforscht werden, ob Tiere Erdbeben tatsächlich erahnen können. Wäre das der Fall, stünden die Ikarus Sender sofort bereit als Erdbeben-Frühwarnsystem. (mit dpa)

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