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Die Youtube dürfte eine der meistgenutzten Apps auf den Smartphones von Kindern und Jugendlichen sein.

© dpa/Britta Pedersen

Update

Nicht nur Spaß und Zeitvertreib: Teenager nutzen Youtube auch als Nachhilfelehrer

Schminktipps, Pannen-Videos und Influencer: Viele Jugendliche können sich die Welt ohne Youtube gar nicht mehr vorstellen. Doch es geht nicht nur ums Vergnügen.

Das viel diskutierte Anti-CDU-Video von Rezo hat es noch einmal deutlich gemacht: Über Youtube können in kürzester Zeit Millionen Menschen erreicht werden - vor allem junge. Die Videoplattform dürfte eine der meistgenutzten Apps auf den Smartphones von Kindern und Jugendlichen sein. Aber nicht nur Eltern fragen sich wahrscheinlich oft: Was schauen die sich da eigentlich an? Der Rat für Kulturelle Bildung, ein von verschiedenen Stiftungen finanziertes Beratungsgremium, hat das repräsentativ untersuchen lassen. Eltern dürfen aufatmen: Viele Kids suchen auf Youtube auch gezielt Inhalte, um sich schlau zu machen.

Der Studie zufolge, die am Dienstag veröffentlicht wurde, kommt Youtube bei 12- bis 19-Jährigen bei der Nutzung gleich an zweiter Stelle nach WhatsApp und landet noch vor Instagram, Facebook oder Snapchat. 86 Prozent sagen, dass sie Youtube nutzen (WhatsApp 92 Prozent, Facebook 61, Instagram 61, Snapchat 46). Dabei kommt es zwar den meisten Jugendlichen, die Youtube nutzen, darauf an, dass die Videos „unterhaltsam“ (63 Prozent) und „witzig“ (59 Prozent) sind. Trotzdem ist es für die Kids nicht nur eine Spaß-Plattform zum Zeitvertreib.

Fast jeder zweite junge Youtube-Nutzer (47 Prozent) sagt auch, die Clips seien wichtig oder sogar sehr wichtig bei Schul-Themen. Die meisten davon nutzen die Plattform für Hausaufgaben, oder um sich Dinge erklären zu lassen, die sie im Unterricht nicht verstanden haben - Youtube als Nachhilfelehrer.

Ich nutze das ebenfalls gerne und bin nicht mehr jugendlich. Für unsere Kinder hab ich Youtube auch oft benutzt, um ihnen etwas zu erklären. [...] Schade, dass wir damals nicht diese Möglichkeiten hatten, sondern immer Wege zur Bibliothek auf uns nehmen mussten.

schreibt NutzerIn Suede

Zudem zeigt die Umfrage Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Youtube-Videos und dem Interesse für bestimmte Hobbys und für kreative Tätigkeiten. Mädchen, die auf der Videoplattform unterwegs sind, werden vor allem von Tanz- und Choreographie-Videos dazu animiert, dann auch selbst mit dem Tanzen anzufangen (40 Prozent). Bei Jungen sind es Computerspiele: 38 Prozent derjenigen die sich für Games interessieren - und das ist die große Mehrheit der Befragten - sagen, Youtube-Videos über Games stärken mein Interesse an Games noch mehr. Solche Effekte sind auch zu sehen bei den Themen Singen/Musizieren, Film/Fotografie oder Zeichnen und Malen.

Eine andere Form des Unterrichts

Die Studie zeigt nach Einschätzung des Rats für Kulturelle Bildung, dass Youtube die Bildungslandschaft im Ganzen berühre und verändere. „Man kann, wenn man das Medium schulseitig bewusst einsetzt, Unterricht anders aufbauen und auf diese Weise mehr Platz für individuelle Fragen und für Reflexion im Unterricht finden“, sagt der Vorsitzendes des Expertengremiums, Eckart Liebau. Dabei stellt sich aber auch eine andere Frage: Wenn so viele junge Leute Youtube als Nachhilfe- und zusätzliches Erklärmedium nutzen: Machen dann die Lehrer etwas falsch?

Dazu sagt Heinz-Peter Meidinger vom deutschen Lehrerverband der Deutschen Presse-Agentur: „Ich sehe das relativ entspannt“. Früher hätten sich Schüler von Klassenkameraden oder Eltern Dinge, die sie nicht verstanden haben, erklären lassen. „Und da kommen eben jetzt als neues Element die Erklärvideos dazu“. Den echten Unterricht ersetzen könne so etwas aber nicht.

Im Gegensatz zum Akteur in einem einzelnen Video habe „eine Lehrkraft immer auch eine Gesamtverantwortung für eine ganze Klasse und muss auf viele verschiedene Schüler eingehen“. Wichtig sei außerdem das Feedback durch Lehrerinnen und Lehrer. Bei Youtube gibt es nach Ansicht Meidingers sehr gute Lernvideos, es sei aber „auch viel Schrott dabei“. Meidinger ermutigte Lehrer dazu, offensiv mit dem Thema umzugehen. „Es bricht sich keiner einen Zacken aus der Krone, wenn er Schüler auf ein gutgemachtes Youtube-Video hinweist“.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) rät Lehrern, Eltern und Schülern zu einer gesunden Skepsis bei der Nutzung von Youtube-Videos. Karliczek sagte der Deutschen Presse-Agentur, Lehrer, Eltern und Schüler müssten immer hinterfragen, ob die Informationen in den Videos tatsächlich zutreffend sind.

„Videos werden als Wissensquelle immer beliebter, weil Wissen in Videos oft sehr anschaulich vermittelt wird“, sagte die CDU-Politikerin. Die Schulverantwortlichen müssten den Schülern beibringen, wie sie nutzbringend, aber auch kritisch mit Informationen daraus umgingen. Darauf reagiere man auch mit dem Digitalpakt Schule: „Ein wesentlicher Bestandteil ist, dass die Länder sich verpflichten, das Lehrpersonal auch in dieser Hinsicht richtig zu schulen“.

Über den „Digitalpakt Schule“ stellt der Bund den Ländern fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Unter anderem für die Anschaffung von neuer Technik, die Einrichtung von Schul-WLAN oder auch für die Qualifizierung von Lehrern für den Umgang mit neuen Medien.

Hinweise von Freunden sorgen für Verbreitung

Die Studie zur Youtube-Nutzung zeigt neben den Fragen zur inhaltlichen Nutzung noch ein paar andere interessante Dinge. Zum Beispiel, wie Kinder und Jugendliche eigentlich auf Videos bei Youtube stoßen. Mehr als die Hälfte der Nutzer (53 Prozent) sucht gezielt nach Inhalten, gut jeder Dritte (36 Prozent) klickt sich durch Vorschläge, die von Youtube selbst angezeigt werden und 12 Prozent gehen bei Youtube immer zuerst auf Channels, die sie abonniert haben. Fast jedem (91 Prozent) sind Tipps von Freunden/Bekannten/Mitschülern wichtig bei der Auswahl von Youtube-Videos. Das dürfte zumindest zum Teil erklären, warum sich bestimmte Videos in bestimmten Gruppen rasend schnell verbreiten.

Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, weist beim Umgang mit Youtube darauf hin, dass in der Schule auch kritisch thematisiert werden müsse, wie die Geschäftsmodelle der Influencer mit den vielen Abonnenten eigentlich funktionieren. „Das sind ja werbefinanzierte Ausspielformen“, sagte Krüger. Die Glaubwürdigkeit von Influencern sollte hinterfragt werden. „Medienkritik und Medienökonomiekritik ist auch Teil der Medienbildung in Schule“. (dpa)

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