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Liebt Miniröcke und Miniaturen. Yuja Wang.

© picture alliance / dpa

Musik: Pianistin Yuja Wang - am schönsten sind die Zugaben

Mit 14 Jahren wanderte die Chinesin Yuja Wang nach Amerika aus – heute ist die Pianistin ein Weltstar. Am Montag tritt sie im Schillertheater auf.

Yuja Wang trägt gern knappe Miniröcke und läuft sicher auf schwindelerregend hohen Absätzen. Dass viele Kritiker besonders aufmerksam auf ihr Äußeres schauen, bringt sie zum Lachen. Ihrem musikalischen Können schadet die Vorliebe für Mode jedenfalls nicht. Die Chinesin, die als eines der viel versprechendsten jungen Klaviertalente gilt, beeindruckt nicht nur mit Solo-Recitals, sondern tritt auch mit großen Dirigenten wie Claudio Abbado, Valery Gergiev und Charles Dutoit auf.

Yuja – wie sie sich selbst am liebsten nennt – gab schon als Kind in Peking Konzerte. Damals trug sie noch lange schwarze Zöpfe und bewältigte bereits mühelos schwierige Chopin-Etüden und -Walzer. Ihre Eltern – eine Tänzerin und ein Schlagzeuger – erkannten früh ihr Talent, trieben sie aber nicht an. „Ich hatte Glück, denn in der klassischen Musik war bei uns der Konkurrenzdruck groß“, erinnert sie sich. Yuja studierte bei einer Lehrerin, die ihr europäische Komponisten wie Bach, Beethoven, Mozart und Brahms nahebrachte. Was fehlte, war internationale zeitgenössische Musik, von der in China keine Noten aufzutreiben waren.

Das änderte sich, als sie mit 14 Jahren allein nach Kanada und in die USA ging, wo sie das renommierte Curtis Institute in Philadelphia besuchte. Mit 25 ist sie ein Weltstar und fühlt sich vor allem als Amerikanerin. Dass sie so jung aus ihrer vertrauten Umgebung in eine völlig andere Welt kam, hat es ihr später erleichtert, das Nomadenleben einer Künstlerin zu verkraften. Den derzeitigen Klassik-Boom in ihrer Heimat beobachtet sie mit einer gewissen Skepsis: „Ich bin nicht sicher, ob die Leute tatsächlich die Musik lieben oder eher Superstars erleben wollen.“

Dass virtuoses Musizieren oft mit sportlichem Kräftemessen verglichen wird, bekommt auch Yuja immer wieder zu spüren. Die Frage, ob sie mit ihren flinken Fingern die schnellste Pianistin der Welt sei, lässt sie am liebsten offen. Dafür zeigt sie auf ihrem neuen Album „Fantasia“, wie sich höchstes technisches Können mit nuancierten Interpretationen verbindet. Neben halsbrecherisch schnellen Stücken, die sie mit übermütiger Spielfreude meistert, legt sie auch großen Wert auf lyrischere Werke. Eine leise, zarte Melodie aus Glucks „Orfeo ed Euridice“ und Schuberts „Gretchen am Spinnrad“ in einer Transkription von Liszt stehen auf der CD temperamentvollen Variationen über ein Thema aus Bizets populärer Oper „Carmen“ und kontrastreichen Rhythmen bei Rachmaninow und Skrjabin gegenüber.

„Das Album besteht aus lauter kurzen Zugaben, die ich nach meinen Konzertprogrammen spiele“, erklärt Yuja. „Es war ungewohnt, die Stücke plötzlich außerhalb des Konzertsaals aufzunehmen. Im Studio saß ich ohne Publikum vor den Mikrofonen, und niemand klatschte.“ Für diese Klavierminiaturen die richtige Reihenfolge zu finden, war ebenfalls eine Herausforderung. „Bei ,Fantasia’ lasse ich meinen Gedanken freien Lauf. Die CD ist eine Art Reisetagebuch, weil ich die Werke mit unterschiedlichen Ländern assoziiere, in denen ich aufgetreten bin. Sie spiegeln viele verschiedene Kulturen und Stimmungen wider“, sagt sie.

Mit ,Tea for Two’ in der Fassung des Jazzpianisten Art Tatum zeigt sie sich ihrer zweiten Heimat USA verbunden. Zu dem Titel des Albums hat sie ein anderer berühmter Amerikaner, nämlich Comic-Urvater Walt Disney inspiriert. In seinem Trickfilm „Fantasia“ hörte sie zum ersten Mal die sinfonische Dichtung „Der Zauberlehrling“ von Paul Dukas, die sie hier in einer Transkription für Klavier spielt.

Was macht sie, wenn sie sich nicht mit Musik beschäftigt? „Sudoku. Es gibt nichts Besseres.“

Yuja Wang gibt am heutigen Montag in der Staatsoper im Schillertheater einen Klavierabend.

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