zum Hauptinhalt
Von 2011 bis 2014 Erzbischof in Berlin: Rainer Maria Woelki schämt sich für die Praxis der Missbrauchs-Vertuschung in der katholischen Kirche.

© PICTURE ALLIANCE / DPA

Missbrauchsskandal: Woelki: Ich schäme mich für meine Kirche

Die katholische Kirche reagiert auf die riesige Zahl von Missbrauchsfällen: Mehrere Bischöfe bitten die Opfer um Verzeihung und mahnen Reformen an.

Nach dem Bekanntwerden erster Ergebnisse einer Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz, haben am Wochenende mehrere Bischöfe die Opfer um Verzeihung gebeten und Konsequenzen angekündigt. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zeigte sich „zutiefst getroffen“ über die Fälle sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. „Ich schäme mich an dieser Stelle für meine Kirche“, sagte der Erzbischof im „Wort des Bischofs“ am Sonntag. Die Kirche habe zugelassen, dass Missbrauch geschehen konnte, und sie habe ihn teilweise sogar vertuscht, „weil man den Ruf der Institution über das Wohl des Einzelnen gestellt hat“. Woelki stellte klar: „Ich dulde in unserem Erzbistum keinerlei Vertuschung!“

Am Mittwoch waren erste Ergebnisse der „Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche“ bekanntgeworden. Demnach gab es zwischen 1946 und 2014 in Deutschland 3677 Betroffene sexueller Übergriffe von mindestens 1670 Beschuldigten, darunter mehrheitlich Priester. Bei den Betroffenen handelte es sich überwiegend um männliche Minderjährige. Die komplette Auswertung wollen die Bischöfe am 25. September bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda vorlegen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, forderte Veränderungen. Die Kirche spüre, dass die tiefe Wunde des Missbrauchs nicht verheile. „Es ist immer noch erschütternd, was Kindern und Jugendlichen, die sich Priestern anvertraut haben, durch dieses unvorstellbare Leid widerfahren ist“, sagte er am Sonntag in einem Gottesdienst in Schönstatt bei Koblenz. „Deshalb braucht es einen neuen Aufbruch in dieser Kirche, gegenüber den Betroffenen und Gott.“

Giffey mahnt "Null-Toleranz-Strategie" für die Täter an

Passaus Bischof Stefan Oster mahnte „eine radikale Form der Selbstkritik im Blick auf die Institution“ an. Ausdrücklich würdigte der Jugendbischof den „großen Mut“ Betroffener, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Man werde sich nun auch der Diskussion stellen müssen über Themen wie eine Änderung der Sexualmoral oder die Abschaffung des Zölibats. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sprach in einem Brief an alle Gläubigen von „schwerer Schuld“ und einer „dunklen Stunde unserer Kirchengeschichte, die hoffentlich zu einer Reinigung und Erneuerung führen wird“. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch rief alle Katholiken zu Wachsamkeit auf: „Missbrauch darf in unserer Kirche keinen Platz haben.“

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) forderte strukturelle Änderungen. So seien etwa Frauen stärker einzubinden. Die Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Lisi Maier, machte auch „Männerbünde“ in der Kirche für Vertuschung und Machtmissbrauch mitverantwortlich.

Als erstes Mitglied der Bundesregierung äußerte sich Familienministerin Franziska Giffey (SPD) zu der Kirchenstudie und mahnte Reformen und eine „Null-Toleranz-Strategie“ für die Täter an. Aus Sicht des Kriminologen Christian Pfeiffer muss die Kirche „noch konsequenter klarmachen: Wer Täter ist, darf nicht als Priester arbeiten“.

Größere Nachfrage bei Beratungsstellen

Unterdessen geben Hilfsvereine beispielsweise in Berlin an, dass sich in der jüngsten Vergangenheit mehr Jungs sowie Jugendliche und ihre Angehörigen beziehungsweise Pädagogen oder Betreuer melden, weil sie zu Verdachtsfällen und Hinweisen auf sexuellen Missbrauch etwa in Kirche, Jugendbetreuung, Sport oder Nachbarschaft Rat suchen. (KNA/epd)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false