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Prinz Andrew ist auf Geheiß der Königin und seines älteren Bruders Charles praktisch aus der Öffentlichkeit verschwunden. Fast alle Ehrentitel hat er ablegen müssen.

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Klage wegen sexuellen Missbrauchs: Bricht Prinz Andrew sein Schweigen?

Prinz Andrew verweigert die Annahme einer Klage wegen sexuellen Missbrauchs – und sagt erstmal nichts. Damit befasst sich nun am Montag ein Gericht in New York.

Im Königshaus sei „eine Granate geplatzt“, meldeten Londons Boulevardblätter am Wochenende. Denn Prinz Andrew, der zweitälteste Sohn der Königin von England, ist erneut in erhebliche Bedrängnis ist geraten. Andrew wurde eine Klageschrift zugestellt, in der ihm sexueller Missbrauch einer Minderjährigen zur Last gelegt wird.

Von einem geradezu „bizarren Katz- und Maus-Spiel“ um die „dramatische Aushändigung“ der aus den USA kommenden Dokumente am Tor zur Windsor-Residenz des Prinzen berichtete die Daily Mail. Andrew selbst, der Herzog von York, ließ sich zu diesem Zeitpunkt nirgendwo blicken.

Er hielt sich bei seiner Mutter, Queen Elisabeth II., im abgelegenen schottischen Schlösschen Balmoral auf. Keinen Kommentar wollte auch die Pressestelle des Prinzen abgeben. Noch ist man sich bei Hofe nicht darüber im Klaren, ob Andrew demnächst zu einer Stellungnahme gezwungen sein wird.

Denn an diesem Montag will ein Gericht in New York darüber entscheiden, ob die Klageschrift rechtmäßig zugestellt worden ist – in welchem Fall Prinz Andrew keine 20 Tage mehr hätte, um darauf zu reagieren. Würde sich der 61-Jährige weiter in Schweigen hüllen, könnte das Gericht automatisch den Tatbestand des Missbrauchs akzeptieren und den Prinzen zu Schadensersatz verurteilen. Um Schadensersatz nämlich geht es in dem betreffenden Zivilrechtsverfahren. Ein Strafrechtsverfahren ist es (noch) nicht.

Das Verfahren gegen Andrew angestrengt hatte im vorigen Monat die mittlerweile in Australien lebende US-Amerikanerin Virginia Roberts Giuffre. Giuffre wirft dem Prinzen vor, im Jahr 2001 mehrfach Sex mit ihr gehabt zu haben, als sie erst 17 Jahre alt war. Dabei habe er gewusst, dass sie von Andrews Freund, dem Investmentbanker Jeffrey Epstein, als „Sex-Sklavin“ gehalten wurde und „unter Androhung von Strafe“ gezwungen war, Andrews Wünsche zu erfüllen – ihm zu Willen zu sein.

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Außer in London habe der Prinz sie auch in Epsteins Haus in New York und auf Epsteins Privatinsel in der Karibik missbraucht. „Vor zwanzig Jahren haben Prinz Andrews Wohlstand, Macht und Position und sein Netz an Verbindungen es ihm erlaubt, ein verängstigtes, ein verletzliches Kind zu missbrauchen“, heißt es unter anderem in der Klageschrift. Dafür müsse sich der Beklagte verantworten: „In diesem Land steht niemand – kein Präsident und kein Prinz – über dem Gesetz.“

Andrew wiederum hat stets beteuert, dass er sich absolut nichts habe zuschulden kommen lassen. Das Ganze sei „nie geschehen“, versicherte er einmal. Er könne sich, fügte er hinzu, „nicht daran erinnern, diese Lady je getroffen zu haben“. Ein inzwischen berühmt gewordenes Foto, das ihn mit der Hand um die Taille der jungen Virginia Roberts in London zeigt, könne eine Fälschung sein, haben seine Anwälte erklärt.

Wehrt sich Andrew weiter, drohen immer neue Schlagzeilen

Als der Fall erstmals Aufsehen erregte, versicherte der Prinz noch, er werde den US-Behörden bei der Aufklärung der Sachlage „selbstverständlich helfen“. Seither hat Andrew aber auf keine Anfrage reagiert. Auf Geheiß der Königin und seines älteren Bruders Charles, des Thronfolgers, ist er praktisch aus der Öffentlichkeit verschwunden. Fast alle Ehrentitel hat er ablegen müssen. Eine aktive Rolle für die Royals spielt er nicht mehr.

Zuletzt hatte er offenbar all seine Bediensteten in Windsor angewiesen, keine Dokumente von irgendwoher in Empfang zu nehmen oder gar zu quittieren. Den seit Freitag einsehbaren Gerichtsakten zufolge wollte ein Bote der Klägerin am 26. August die Klageschrift in Andrews Residenz persönlich übergeben, doch der Mann wurde abgewiesen und weggeschickt. Als er am nächsten Tag zurück kam, ließ sich aber einer der wachhabenden Polizisten die Schrift aushändigen. Ob damit der Form Genüge getan ist, soll nun an diesem Montag in New York das damit befasste Gericht entscheiden. An der Anhörung muss Andrew allerdings nicht teilnehmen.

Bestätigt das Gericht dabei jedoch die Rechtmäßigkeit der Zustellung, muss Andrew sich überlegen, ob er sich gegen die Vorwürfe wehren will oder lieber weiter schweigen. Schweigt er, dürfte er relativ schnell zu Schadensersatz verurteilt werden. Wehrt er sich, drohen ihm und den Royals immer neue Schlagzeilen im Laufe eines möglicherweise langwierigen Prozessverlaufs.

Peter Nonnenmacher

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