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Gäste beim We Day in Wembley Anfang März. Prinz Harry hatte dort vor 12 000 Jugendlichen an deren Mut und Empathie appelliert. Unter dem Jubel des Publikums holte er Meghan auf die Bühne.

© imago

Ihre Deutungshoheit: Harry und Meghan revolutionieren die Rituale der Royals

Nicht nur mit ihrem Instagram-Account entscheiden sich Harry und Meghan für Selbstbestimmung. Das gilt auch für die Geburt ihres ersten Kindes.

Irgendwann in diesem Monat ist es so weit. Meghan Markle, Herzogin von Sussex, wird ihr erstes Kind bekommen. Wann? So genau weiß das niemand – und wird es auch zunächst nicht wissen. Denn Meghan und ihr Mann Prinz Harry haben sich entschieden, die Freude über die Geburt ihres Kindes zunächst alleine zu genießen.

In einer Mitteilung aus dem Buckingham Palace heißt es: „Their Royal Highnesses have taken a personal decision to keep the plans around the arrival of their baby private.“ Danach würden Familie und Freunde informiert, später darf die Öffentlichkeit an dem Ereignis teilhaben. Wann dieses „später“ ist? Das entscheiden die beiden.

Wie es in britischen Medien heißt, plant die 37-jährige Meghan eine Hausgeburt. Die „Mail on Sunday“ berichtet, dass sie sich für ein eigenes Ärzteteam unter Leitung einer Gynäkologin entschieden habe. Die „men in suits“ (Männer in Anzügen), die üblicherweise die medizinische Betreuung der Royals übernehmen, möchte sie nicht dabei haben.

Ob das von der Queen tatsächlich als Affront aufgefasst wird, wie es die bunten Blätter auch auf dem Kontinent kolportieren („Für ihr Baby bricht sie mit der Queen“), ist fraglich. Schließlich hat Elizabeth II. ihre vier Kinder auch im Buckingham Palace und im Clarence House zur Welt gebracht. Außerdem setzen Harry und Meghan lediglich fort, womit sie spätestens seit ihrer Hochzeit im Mai 2018 begonnen haben: ein modernes Paar zu sein, das sich seiner Verantwortung und Vorbildfunktion bewusst ist.

Den Ablauf der Geburt ihres Kindes selbst zu bestimmen, ist eine logische Konsequenz aus den Erfahrungen, die das britische Königshaus damit hat. Und es wirkt wohl nur deshalb so revolutionär, weil bislang niemand in der royalen Familie auf die Idee kam, eine Niederkunft als privates Ereignis betrachten zu dürfen.

Der mediale Wirbel belastete Diana nach Williams Geburt

Dass Prinzessin Diana nach der Geburt ihres ersten Sohnes William im Sommer 1982 an einer postnatalen Depression erkrankte, lag wohl auch an dem medialen Wirbel, der um die Geburt ihres ersten Kindes gemacht wurde. Ganz England habe mit ihr in den Wehen gelegen, sagte sie später ihrer Biografin Tina Brown.

Herzogin Kate wiederum, die am 23. April vor einem Jahr zum dritten Mal Mutter wurde, hat die Geburt quasi professionalisiert. Nur sieben Stunden danach verließ sie mit Ehemann William und den beiden älteren Kindern George und Charlotte, perfekt zurechtgemacht und als hätte sie einen sehr entspannten Tag verbracht, das Krankenhaus.

Keira Knightley ging hart mit Herzogin Kate ins Gericht

Dass dies andere Frauen unter Druck setzen kann, thematisierte die britische Schauspielerin Keira Knigthley in einem Essay, der im vergangenen Herbst für Aufsehen sorgte. Darin geht sie hart mit der „makellosen, strahlenden“ Kate ins Gericht. Knigthley, 2015 erstmals Mutter geworden, schreibt: „Sieh schön aus. Sei stylisch, zeig nichts von deinem Schlachtfeld, Kate. Sieben Stunden nach deinem Kampf mit Leben und Tod, sieben Stunden, nachdem dein Körper aufgebrochen wurde und blutiges, schreiendes Leben herauskam. Zeig es nicht. Sag es nicht. Steh einfach nur da mit deinem Mädchen und lass dich von ein paar männlichen Fotografen ablichten."

Gerade weil die Mitglieder der königlichen Familie – neben der Queen insbesondere die beiden Söhne von Lady Diana mit ihren Frauen – im Fokus der Aufmerksamkeit stehen und als Vorbilder fungieren, ist es so bemerkenswert, dass Harry und Meghan mit vielen Konventionen brechen und neue Wege gehen.

Dass sie dies tun, wird nicht nur bei den zunehmend politischen Reden Harrys deutlich – zuletzt beim „WE Day“ Anfang März, an dem in Großbritannien das soziale Engagement Jugendlicher gefördert und hervorgehoben wird. Wie selbstbestimmt der 34-Jährige und seine Frau agieren, zeigt vor allem ihr Instagram-Account, mit dem sie am 2. April online gegangen sind. Abgesehen davon, dass ihnen in Rekordzeit Millionen Menschen weltweit folgten – aktuell sind es 4,6 Millionen – lösen sie sich damit von der Öffentlichkeitsarbeit des Buckingham Palastes und setzen mit ihren Nachrichten eigene Zeichen.

Nach dem Tod der Mutter verfiel der Prinz in Depressionen

So galt ihr erster Post einem Treffen Harrys zum Thema psychische Gesundheit. Er habe nach dem tödlichen Unfall seiner Mutter im August 1997 gut 20 Jahre seine Gefühle verdrängt und unter Depressionen gelitten. „Es bedarf Mut, Stärke und Ehrlichkeit – aber über deine geistige Gesundheit zu reden ist meist der Schlüssel, um damit angemessen umzugehen“, heißt es jetzt in dem Post. Und natürlich werden Adressen angegeben, unter denen sich Betroffene Hilfe holen können.

Der bevorstehenden Geburt und den aus aller Welt eintreffenden Nachfragen gelten weitere Instagram-Nachrichten des Paares. Anstelle von Geschenken wünschen sie sich Spenden und nennen vier Wohltätigkeitsorganisationen in Südafrika und Großbritannien als Adressaten. Bei deren Arbeit geht es um die Unterstützung von Kindern – ihre Bildung, Gesundheit, Ernährung und Lebensumstände. Ausführlich werden die Projekte beschrieben, die Öffentlichkeitsarbeit des Paares funktioniert perfekt.

Mit Oprah Winfrey plant Harry eine Doku

Exklusiv teilte der Prinz von Sussex jetzt eine weitere mediale Neuigkeit via Instagram mit: Zusammen mit der amerikanischen Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey plane er eine mehrteilige Filmdokumentation. Gemeinsam mit ihr werde er darin über den Umgang mit psychischen Erkrankungen sprechen. Sie wollen, schreibt Harry, mit der Serie „positiv und aufschlussreich“ darüber aufklären, wie sich „der menschliche Geist von den dunkelsten Seiten zurückkämpfen kann“. Starten soll die Doku-Reihe im nächsten Jahr bei Apple.

Doch zunächst steht ein anderes Ereignis an. Wann genau, weiß niemand. Aber wir werden es erfahren. Aus erster Hand.

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