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Touareg-Rebellen sind ein Machtfaktor, der neben Al Qaida die politische und ökonomische Stabilität gefährdet.

© AFP

Hungerkrise in Westafrika: Zwischen Hunger und Terror

In Westafrika bahnt sich eine Katastrophe an. Grund sind Dürren und Missernten. Die Bundesrepublik hat als erstes Land frühzeitig geholfen.

Die Hungersnot am Horn von Afrika ist noch nicht vorüber, da bahnt sich in Westafrika die nächste Hungerkrise an. In Niger hilft das Welternährungsprogramm (WFP) aktuell bereits zwei Millionen Menschen, weil das westafrikanische Land in der Trockenzone des Sahel die „dritte Dürre in weniger als zehn Jahren“ erlebt, sagt Ralf Südhoff, Leiter des WFP-Büros in Berlin. Die aktuelle Ernte ist um ein Viertel kleiner ausgefallen als im Durchschnitt. In Mauretanien ist sie sogar um die Hälfte eingebrochen, in Mali um ein Drittel. Tatsächlich sollte die traditionelle Hungersaison, wenn die Vorräte aufgebraucht sind, erst im März und April einsetzen. Diesmal hat sie sich aber bereits im Herbst 2011 abgezeichnet.

Da Niger schon 2005 und 2010 dramatische Hungersnöte verzeichnet hat, hatte das WFP in diesem Jahr schon ohne die aktuelle Dürre bereits 100 Millionen Dollar für das Land eingeplant. Doch nun rechnet das WFP damit, dass eine weitere Million Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sein wird – und dafür braucht die UN-Organisation weitere 50 Millionen Dollar. In Mauretanien hungern aktuell bereits drei Millionen Menschen und in Mali und dem Westen des Tschad rechnet das WFP bis März mit drei Millionen Menschen, die voraussichtlich Hilfe brauchen werden. Auch in den Nachbarstaaten Burkina Faso, dem Senegal und im Norden Nigerias ist die Lage kritisch und könnte bis zur nächsten Ernte im Juli oder August dramatisch werden, sagt Südhoff.

Seit November warnt das Hunger-Frühwarnsystem bereits vor Nahrungsmittelunsicherheit in Niger. Auch die Preise für Lebensmittel liegen seit dem letzten Quartal deutlich über dem Durchschnitt. Deshalb haben Hilfsorganisationen bereits im Dezember vor einer neuen Hungerkrise in der Sahelzone gewarnt. Doch der Appell traf überwiegend auf taube Ohren. Tatsächlich lobt Südhoff nur das deutsche Entwicklungsministerium, „das aus den Fehlern am Horn von Afrika gelernt hat“. 5,5 Millionen Euro hat das Ministerium früh an das WFP überwiesen. Andere Geberländer hätten sich nicht gerührt, bedauert Südhoff. Die Hilfsorganisation Oxfam hat erst vor wenigen Tagen eine Studie veröffentlicht, in der die Kosten der späten Reaktion auf die Krise am Horn von Afrika in Menschenleben und Geld zusammengetragen wurden. Ihr Fazit: Die späte Reaktion habe zehntausende Menschen das Leben gekostet. So weit soll es diesmal in Westafrika erst gar nicht kommen, hoffen die Helfer.

Die Region leidet seit Jahrzehnten unter der Trockenheit. Die Sahara breitet sich immer weiter nach Süden aus. In den drei nun betroffenen Ländern hat sich die Lage zwar politisch verbessert. Mali wird schon länger demokratisch regiert, in Mauretanien und Niger haben nach zwei Militärputschen schnell reguläre Wahlen stattgefunden. Doch in Westafrika gibt es viele Krisenländer. Das Ergebnis ist eine ständige politische Instabilität, die von lateinamerikanischen Drogenbaronen genutzt wird, die Guinea-Bissau als Anlandehafen für Kokain nutzen, das dann durch die Sahara nach Europa gelangt. Und auch die islamistische Terrororganisation Al Qaida hat die Wüste als Operationsraum entdeckt und finanziert sich unter anderem mit der Entführung von Sahara-Touristen. Zwischen Mali und Niger kämpfen zudem die Touareg für mehr Unabhängigkeit. Und seit dem Bürgerkrieg in Libyen sind tausende Flüchtlinge nach Niger und Mali geströmt.

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