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Prinzessin Latifa, hier im Jahr 2018, soll sich in Gefangenschaft befinden.

© AP

Hilferuf einer Prinzessin: Großbritannien fordert von Dubai ein Lebenszeichen von Prinzessin Latifa

Vor Jahren versuchte die Tochter des Herrschers von Dubai, ihrem Vater zu entfliehen. Nun fürchtet sie, wohl im Arrest, um ihr Leben.

Eine Frau hat sich in der Toilette einer Villa eingeschlossen und schickt vom Handy einen Hilferuf an die Welt. Sie werde gegen ihren Willen festgehalten, rund um die Uhr von der Polizei bewacht und fürchte um ihr Leben, sagt sie in mehreren heimlich aufgenommenen Videos, die jetzt der BBC zugespielt wurden.

Die Frau ist Prinzessin Latifa bint Mohammed bin Raschid al Maktum, Tochter des milliardenschweren Herrschers von Dubai und Vizepräsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Sie hatte vor fast genau drei Jahren vergeblich versucht, vor ihrem Vater, Scheich Mohammed bin Raschid al Maktum, aus Dubai zu fliehen. Seitdem gab es von ihr kein Lebenszeichen mehr – bis jetzt. Kritiker werfen dem Scheich eine krankhafte Kontrollsucht vor, unter der auch andere Familienmitglieder zu leiden haben – und die das dunkle Gesicht der Glitzerstadt Dubai zeigt.

Sie habe sich in die Toilette zurückgezogen, weil die das einzige Zimmer der Villa sei, das sie abschließen könne, sagt die 35-jährige Prinzessin in einem der Videos. Fünf Polizisten vor dem Haus und zwei Polizistinnen in der Villa ließen sie keine Sekunde aus den Augen. „Ich bin eine Geisel, und diese Villa ist zu einem Gefängnis umgebaut worden.“ Alle Fenster seien verschlossen, sie dürfe nicht nach draußen. „Ich weiß nicht, ob ich das hier überleben werde.“ Die Polizisten hätten ihr gesagt, dass sie ihr ganzes Leben lang eingesperrt bleiben und die Sonne nie mehr sehen werde.

Prinzessin Latifa soll mehrere Monate im Gefängnis gesessen haben

Wann die Videobotschaften aufgenommen wurden, ist nicht bekannt. Laut der Unterstützergruppe „Free Latifa“ war der Kontakt von Freunden zu der Prinzessin Ende 2020 plötzlich abgebrochen. Aus Sorge um ihre Sicherheit habe man sich nun entschlossen, die Videos zu veröffentlichen. Das Handy für die Videonachrichten der Gefangenen wurde laut „Free Latifa“ in die Villa geschmuggelt. Latifas Anwalt David Haigh appellierte an die internationale Gemeinschaft, sie dürfe angesichts der „Folter“ der Prinzessin nicht länger schweigen. Die UN-Menschenrechtskommission will wegen des Falles mit den VAE Kontakt aufnehmen.

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Latifas ältere Schwester Schamsa hatte sich schon vor 21 Jahren von der Familie absetzen wollen, war während eines Aufenthaltes aber entführt und nach Dubai gebracht worden. Sie wurde seitdem nicht mehr gesehen. Zwei Jahre später entschloss sich damals auch Latifa zur Flucht, wurde aber schnell wieder gefasst. Ende Februar 2018 startete sie einen neuen Versuch. Es gelang ihr, mit einer Jacht über das Meer in Richtung Indien zu fliehen, doch das Boot wurde von Einheiten aus den VAE und aus Indien in internationalen Gewässern gestoppt. Die Prinzessin wurde nach eigenen Angaben gefesselt, betäubt und nach Dubai zurückgebracht.

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Nach der Rückkehr habe sie drei Monate in einem Gefängnis gesessen und sei dann in die Villa gebracht worden, sagt Latifa. Einige Monate später arrangierten die Behörden einen Besuch der ehemaligen UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson bei der Prinzessin. Robinson bezeichnete Latifa damals als „junge Frau mit Problemen“. Laut der BBC sagt Robinson heute, sie sei von der Regierung in Dubai hereingelegt worden.

Britischer Richter warf Emir von Dubai vor, eigene Kinder entführt zu haben

Scheich Mohammed hat nach Feststellung der britischen Justiz 25 Kinder von mehreren Ehefrauen. Der 71-jährige Herrscher, ein erfolgreicher Züchter von Rennpferden mit einem Vermögen von bis zu zwölf Milliarden Euro, geriet vor zwei Jahren in die Schlagzeilen, weil seine Ex-Frau Raja mit seinen zwei jüngsten Kindern nach London floh. Der Scheich wandte sich an ein britisches Gericht, um die Rückkehr der Kinder nach Dubai durchzusetzen. Der zuständige Richter urteilte im vergangenen Jahr aber gegen ihn und warf ihm zudem vor, seine Töchter Schamsa und Latifa entführt und inhaftiert zu haben.

Kritiker von Scheich Mohammed sehen die Inhaftierung der Prinzessinnen als Beispiel für die Missstände, die sich hinter dem schönen Schein von Dubai verbergen. Latifas Anwalt Haigh verwies darauf, dass sich die VAE gerade in diesen Tagen mit ihrer Mars-Mission und einem neuen Einwanderungsrecht um das Image eines modernen Staates bemühten. Latifas Schicksal zeige aber, dass Dubai „einfach nicht zu trauen“ sei.

Menschenrechtler wie Kenneth Roth, Chef von Human Rights Watch, fühlen sich ebenfalls in ihrer Kritik an den Zuständen in Dubai bestätigt. Die Öffentlichkeit solle sich vom Image des Emirats als weltoffener und toleranter Tummelplatz für Urlauber und Investoren nicht täuschen lassen, schrieb Roth auf Twitter. Der britische Premierminister Boris Johnson sagte am Mittwoch, seine Regierung sei wegen Latifas Schicksal besorgt. Außenminister Dominic Raab rief die Behörden in Dubai auf, Beweise dafür vorzulegen, dass die Prinzessin noch lebe. Von Scheich Mohammed gab es keinen Kommentar.

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