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© dpa

Hessen: Das Pferd des Kaisers

Römische Reiterstatue in Hessen gefunden. Der Pferdekopf gilt bereits als Fund von europäischer Bedeutung, denn so gut erhaltene Überreste römischer Reiterstatuen sind extrem selten.

Die Augen sind aufgerissen, die Nüstern gebläht, die Zähne gebleckt – der 2000 Jahre alte Pferdekopf aus vergoldeter Bronze hat nichts von seiner Lebendigkeit verloren. Bei Ausgrabungen im hessischen Waldgirmes (Lahn-Dill-Kreis) wurde der lebensgroße, einen halben Zentner wiegende Kopf am 12. August geborgen und jetzt der Presse vorgestellt. Er ist der rare Überrest einer römischen Reiterstatue, die vermutlich Kaiser Augustus darstellte. Augustus herrschte von 27 v. Chr. bis 14 n. Chr.

Der Pferdekopf lag in elf Meter Tiefe auf dem Grund eines wohl von den Römern angelegten Holzbrunnens. Das deutet darauf hin, dass das 4 oder 3 v. Chr. aufgestellte imperiale Reiterstandbild nach der verheerenden römischen Niederlage in der Varus-Schlacht im Jahr 9 von Germanen zerstört und der Kopf rituell im Brunnen versenkt wurde.

Neben dem Kopf wurden mittlerweile mehr als 100 weitere Bruchstücke gefunden, darunter ein Schuh des Reiters, ein Pferdefuß und ein Brustgurt des Pferdes. Das Zaumzeug des Pferdes ist mit sechs Zierscheiben reichlich geschmückt, auf der Stirn findet sich eine Platte mit der Darstellung des Kriegsgottes Mars, der von Augustus besonders verehrt wurde.

Die Statue des Kaisers dürfte das repräsentative Zentrum der namenlosen römischen Siedlung auf dem Gebiet des heutigen Waldgirmes gebildet haben. Den Römern war bei ihrem Versuch, ihre Herrschaft östlich des Rheins nach Germanien auszudehnen, jedoch kein Glück beschieden. Die verlorene Varus-Schlacht besiegelte die Geschichte der Siedlung, die nur ein gutes Dutzend Jahre bestand.

Die Ausgrabungen der letzten Jahre belegen, dass die Römer hier eine regelrechte Stadtplanung betrieben haben. Hinter einem holzverschalten Erdwall wurden systematisch Quartiere angelegt, im Zentrum war ein Forum mit einem Hallenbau in Form einer Basilika angelegt worden. Davor fanden die Archäologen fünf Sockel für Standbilder. Im Mittelpunkt dürfte das des Kaisers gestanden haben.

Der Pferdekopf gilt bereits als Fund von europäischer Bedeutung, denn so gut erhaltene Überreste römischer Reiterstatuen sind extrem selten. Meist wurden die Bronzen für Kirchenglocken eingeschmolzen. Nur das Reiterbildnis Marc Aurels in Rom überstand die Zeiten weitgehend unbeschadet, vermutlich, weil es fälschlich für das des christlichen Kaisers Konstantin gehalten wurde. Die Skulptur wurde zum Vorbild neuzeitlicher Herrscherporträts hoch zu Ross.

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