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Wenn das Wasser zu warm wird, verlieren die Korallen ihre Farbe - wie hier am Great Barrier Reef in Australien.

© Great Barrier Reef Marine Park/Great Barrier Reef Marine Park Authority/dpa

Great Barrier Reef: Korallen verlieren ihre Farbe

Das zweite Jahr in Folge bleichen die Riffe vor Australiens Ostküste aus. Im vergangenen Jahr starben so viele Korallen wie nie - eine Folge des Klimawandels. Nun zeigt sich: Lokale Maßnahmen helfen nicht.

Gespenstig blass scheinen die Korallen des Great Barrier Reefs aus dem Wasser hervor. Noch vor wenigen Monaten leuchteten sie in bunten Farben, doch wärmere Meerestemperaturen lassen die sonst so farbenfrohe schillernde Unterwasserwelt derzeit erbleichen. Dies gab die Great Barrier Reef Marine Park Authority nach einer weitflächigen Untersuchung aus der Luft zwischen Cairns und Townsville bekannt. Und das nur kurz bevor führende Umweltwissenschaftler eine Studie über das Ausbleichen der Korallen und Klimaerwärmung am Great Barrier Reef im Fachblatt „Nature“ veröffentlichten.

Korallen gehören zu den Nesseltieren. Indem sie Kalk ausscheiden, bilden sie teils über Jahrtausende die bekannten großen Riffstrukturen. Auf der Korallenhaut setzen sich Algen fest, die sie nicht nur mit Zucker versorgen, sondern die Korallen auch in bunten Farben leuchten lassen. Sobald die Wassertemperaturen ansteigen, wird diese Gemeinschaft gestört. Die Koralle stößt die Algen ab. Was übrig bleibt, ist ihr weißes Kalkskelett.

Bereits 1998 und 2002 verloren die Korallen ihre Farbe

Gefährlich wird es, wenn das Wasser über längere Zeit warm bleibt. Denn dann können sich die Korallen nicht mehr erholen. Bereits in den 1980er Jahren beobachtete man die Verfärbungen. 1998 und 2002 waren dann größere Flächen betroffen. 2016 war das bisher schlimmste Jahr für das Great Barrier Reef. Über 90 Prozent der Korallen bleichten aus. Noch nie zuvor waren so viele Korallen abgestorben wie im vergangenen Jahr, darunter einige, die teils 50 bis 100 Jahre alt waren.

Den Norden des Riffs traf es am schlimmsten. In den beiden früheren Bleichen 1998 und 2002 war dieses Gebiet mit kleineren Schäden davongekommen. Doch 2016 starben auf etwa 700 Kilometern 67 Prozent der Korallen ab. Etwas besser sah es an der nördlichsten Spitze des Riffs aus, wo sich 26 Prozent der Tiere nicht mehr erholten.

Es ist das zweite Jahr in Folge, dass die Korallen ausbleichen. Das Ausmaß ist noch nicht bekannt.
Es ist das zweite Jahr in Folge, dass die Korallen ausbleichen. Das Ausmaß ist noch nicht bekannt.

© Reuters

Die Genesungszeit der Korallen betrage bei Spezies, die schnell wachsen, zwischen zehn bis 15 Jahren, schreiben die Wissenschaftler um den Korallenexperten Terry Hughes in der aktuellen Studie. Da auch sehr alte Korallen betroffen waren, könne es Jahrzehnte dauern, bis sich das Riff erhole. „Dass sich die Spezies erholen, erfordert, dass es kein weiteres Ausbleichen gibt. Das ist nicht mehr realistisch, seit die globalen Temperaturen kontinuierlich ansteigen.“

Die Wissenschaftler stellten in der Studie eine weitere Sache klar: Lokale Maßnahmen gegen das Ausbleichen der Korallen zeigen wenig bis keine Effekte, vor allem in den so schwer betroffenen nördlichen Regionen. Allein mit durch die Verbesserung der Wasserqualität und Fischfangverboten sei es nicht möglich, die Korallenbleiche zu stoppen. Sie hoffen nun, dass diese Maßnahmen die Korallen zumindest bei ihrem Heilungsprozess unterstützen können.

Das Ausmaß der vierten Bleiche ist noch unklar

Das Great Barrier Reef ist eine der Hauptattraktionen Australiens. Rund fünf Milliarden Dollar (über 3,5 Milliarden Euro) nimmt die australische Wirtschaft damit ein, gut 70.000 Arbeitsplätze sind eng mit dem Riff verbunden. Bereits 1981 ernannte die Unesco das gesamte Riff, das sich an Australiens Ostküste auf einer Länge von 2500 Kilometer erstreckt, zum Weltnaturerbe. Insgesamt besteht es aus fast 3000 Einzelriffen und ist damit die größte von Lebewesen geschaffene Struktur der Erde. Für 1500 Fischspezies und 400 Korallentypen bietet das Great Barrier Reef eine Heimat.

Bereits in den vergangenen 30 Jahren starben laut einer Studie bereits etwa 50 Prozent aller Korallen ab. Die Korallenbleichen in 1998 und 2002 hatten dem Riff schon stark zugesetzt. Durch Abwässer aus der Landwirtschaft, dem Ausbau und Betrieb von Kohlehäfen, von Stürmen und der Ausbreitung des Dornenkronenseesterns, der sich von Korallen ernährt, waren sie zusätzlich geschwächt. Klima- und Riff-Experten gehen davon aus, dass Korallenbleichen am Great Barrier Reef vor allem durch den Klimawandel um 175 Mal wahrscheinlicher geworden sind. Sollten die Treibhausgase in der Atmosphäre weiter ansteigen, gehen Prognosen bis 2030 von Bleichen alle zwei Jahre aus.

Sämtliche Bemühungen scheinen bisher erfolglos. Es ist das erste Mal, dass das Riff zwei Jahre in Folge ausbleicht. Noch ist unklar, wie groß das Ausmaß wirklich ist. Korallenforscher Terry Hughes hat nun begonnen, dieselben Korallen aus der Luft zu observieren, die er schon vergangenes Jahr überwacht hatte. Wissenschaftler fordern, möglichst schnell etwas gegen die Erderwärmung zu unternehmen, um die Riffe zu retten. „Das vierte Ausbleichen ist in vollem Gange“, schreibt Hughes auf Twitter. „Es ist Zeit, Kohle und Fracking aus Australien zu verbannen.“

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