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Google ist inzwischen weit mehr als eine Suchmaschine und widmet sich in interdisziplinären Teams der Forschung.

© Reuters

Panorama: Google sucht nach Krebszellen

Der US-Konzern arbeitet in seinen legendären X-Laboratorien an einem neuem Medizinprojekt zur Früherkennung von Krankheiten. Noch ist das Projekt in einem frühen Stadium. Derzeit werden Partner zur Umsetzung gesucht.

Am Anfang war ein Unfall: Vor zwei Jahren wurde der Ingenieur Tom Stanis von einem Auto angefahren. In der Notaufnahme entdeckten Ärzte, die ihn auf innere Blutungen hin untersuchten, einen Tumor in seiner Niere. Die zufällige Entdeckung rettete ihm das Leben. Allzu oft werden derlei Tumore aber erst entdeckt, wenn es für eine Behandlung zu spät ist. Heute ist Stanis Mitglied des Life-Science-Teams von Google X und hat das Unternehmen zu einem neuen Projekt inspiriert: nämlich dem Versuch, Krankheiten früher zu erkennen und von einer reaktiven zu einer proaktiven Medizin zu kommen. So jedenfalls lautet der Gründungsmythos des Life-Science-Teams bei Google X.

Laboratorien für die Zukunftsforschung

X nennt Google seine legendären Forschungslabore, in denen sich das Unternehmen mit Zukunftsthemen beschäftigt wie etwa selbst fahrenden Autos oder den Ballons, die aus der Stratosphäre unterversorgte Regionen der Welt mit Internetzugängen versehen sollen. Seit zwei Jahren gibt es auch ein Life-Science-Team, das der Biowissenschaftler Andrew Conrad leitet. Eines der ersten Projekte war die Kontaktlinse, die über die Tränenflüssigkeit den Blutzuckerspiegel von Diabetikern misst. Hier arbeitet Google mit Novartis zusammen. „Unser Ziel ist es, Prototypen für neue Technologien zu entwickeln und sie dann gemeinsam mit Partnern weiter voranzutreiben“, sagt Conrad im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Der Biowissenschaftler Andrew Conrad leitet das Life-Science-Team, das sich mit Nanopartikeln zur Krebsfrüherkennung beschäftigt.
Der Biowissenschaftler Andrew Conrad leitet das Life-Science-Team, das sich mit Nanopartikeln zur Krebsfrüherkennung beschäftigt.

© Google

Derzeit werden Partner für das neueste Projekt gesucht: Google arbeitet an Nanopartikeln, die sich, in den Blutkreislauf eingeführt, an bestimmte Krebszellen oder auch Proteine hängen und sich dann mithilfe eines Sensors messen lassen. So sollen Ärzte früh erkennen können, wenn sich die Werte eines Patienten verschlechtern. Nanopartikel sind so klein, dass 2000 von ihnen in eine Blutzelle passen. Google arbeitet dabei an vier Segmenten: am Design der Nanopartikel, an der Bindung an die Zellen, an den nicht-invasiven Geräten, die die Nanopartikel erkennen, und Geräten, die sie zählen sollen. Heute werden Nanopartikel zum Beispiel als Kontrastmittel eingesetzt.

Bis in die Zellen und Moleküle

Bisher beruhe die Medizin meist auf der Untersuchung der Organe, sagt Conrad. „Das ist so, als wollte jemand etwas über das Leben in Berlin erfahren und fliegt mit dem Helikopter über die Stadt.“ Nun gehe die Medizin auf die Ebene der Zellen und Moleküle, um Genaueres zu erfahren. „Wir sind natürlich nicht die Einzigen, die mit Nanopartikeln arbeiten“, sagt Conrad. „Aber unser Vorteil ist die Interdisziplinarität.“ Conrad hat 150 Forscher in seinem Team, vom IT-Spezialisten über Elektroingenieure, Biologen, Physiker, Mediziner und Mathematiker bis hin zum Astrophysiker. „Das ist die Magie von Google, all diese Leute in einem Team zusammenzubringen“, sagt er.

Die Forschung an den Nanopartikeln zur Früherkennung von Krankheiten befinde sich noch in einem ganz frühen Stadium, berichtet Conrad. „Jetzt suchen wir Partner, die sich mit Fabrikation auskennen, Kontakt zu Ärzten und Patienten haben und technisches Know-how einbringen können“, sagt er und denkt dabei an Unternehmen wie Siemens oder Roche.

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