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Kardinal Angelo Becciu wurde Ende Septembervom Papst gefeuert.

© Gregorio Borgia/AP/dpa

Geliebte eines früher allmächtigen Kardinals?: Eine Agentin des Vatikans sorgt in Italien für Aufregung

Cecilia Marogna erhielt vom gefeuerten Kurienmitglied Angelo Becciu 500.000 Euro. Jetzt rätselt Rom: Wofür eigentlich?

Ihre Verhaftung hatte, wenn man so will, durchaus einen gewissen Stil: Cecilia Marogna ist aufgrund eines internationalen Haftbefehls von Interpol festgenommen worden. Beantragt hatte den die vatikanische Staatsanwaltschaft, die im Zusammenhang mit einem Finanzskandal im Kirchenstaat ermittelt.

Bei der Affäre geht es um Immobiliengeschäfte in dreistelliger Millionenhöhe, hochriskante Investitionen in Hedgefonds, aber auch um persönliche Bereicherungen. Als Schlüsselfigur gilt der ehemalige Kurienkardinal Angelo Becciu, der Ende September von Papst Franziskus gefeuert worden war.

Danach war bekannt geworden, dass der 72-Jährige zwischen 2015 und 2018 insgesamt 500.000 Euro von Konten des Vatikans an Marogna überwiesen hatte – für „humanitäre Zwecke“, wie es auf den Zahlungsanweisungen jeweils hieß.

Tatsächlich sei das Geld aber für andere Zwecke verwendet worden, betont Marogna selbst: Dank ihrer zahlreichen Kontakte mit Geheimdiensten in Italien, im Nahen Osten und in Afrika habe sie die vatikanischen Botschaften vor Terrorangriffen geschützt und mit islamistischen Entführern über die Freilassung gekidnappter Missionare verhandelt.

Die selbsternannte Geheimagentin gab 200.000 Euro beim Shopping aus

Schade nur, dass die vatikanischen Staatsanwälte von dieser segensreichen Tätigkeit bisher kaum eine Spur entdecken konnten. Stattdessen fanden sie heraus, dass die selbsternannte Geheimagentin aus Cagliari 12.000 Euro für einen Ledersessel, 2200 Euro für Prada-Klamotten, 8000 Euro für Parfüms und Taschen von Chanel sowie 1400 Euro für Schuhe der Edelmarke Tod’s ausgegeben hatte.

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Insgesamt, berichteten italienische Medien, habe Marogna auf ihren Shopping-Touren in den letzten zwei Jahren 200.000 Euro ausgegeben.

Zur Rechtfertigung erklärte Marogna, dass sie sich diesen kleinen Luxus mit ihrer Arbeit ja wohl verdient habe. Die vatikanischen Ermittler sehen dies anders: Für sie handelt es sich um Unterschlagung.

„Dama del Cardinale“ oder die „Mata Hari des Vatikans“

Als die „Mata Hari des Vatikans“, wie Marogna in Rom inzwischen ironisch genannt wird, die halbe Million aus dem Kirchenstaat erhielt, hatte Becciu das Amt des Substituts im vatikanischen Staatssekretariats inne. Damit war er der Herr der Finanzströme im Kirchenstaat. Es konnte nicht ausbleiben, dass im Vatikan über Becciu und Marogna getuschelt wurde: War Marogna ganz einfach die „Dama del Cardinale“ gewesen, die Geliebte des damals allmächtigen Kardinals?

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Pikant wäre dies auch deswegen, weil Papst Franziskus nach im Jahr 2017 Angelo Becciu als Krisenmanager zur „spirituellen und moralischen Erneuerung“ des Malteser-Ordens einsetzte.

Becciu und Marogna dementieren die Gerüchte entschieden: Der Kontakt sei „rein institutionell“ gewesen, versichert Becciu. Marogna wiederum sagt, sie fühle sich wie eine „Paketbombe“: Sie sei platziert worden, um von den Verstrickungen anderer hoher Prälate in den Finanzskandal abzulenken.

Die vatikanische Staatsanwaltschaft hat für Cecilia Marogna inzwischen ein Auslieferungsgesuch an Italien gestellt. Es könnte also gut sein, dass sich für sie in den nächsten 24 Stunden die Türen der Arrestzellen im Vatikan öffnen werden.

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