zum Hauptinhalt
Gerne gut behütet und ein wenig verschmitzt. Queen Elizabeth beim österlichen Geschenkeverteilen am Gründonnerstag.

© Arthur Edwards/dpa

Elizabeth II. hat Geburtstag: Die Queen wird 93 und sagt nichts zum Brexit

Seit 67 Jahren auf dem Thron, am Sonntag begeht sie ihren 93. Geburtstag und feiert wie immer im Juni: Elizabeth II. – unmodern, pflichtbewusst, geräuschlos.

Wenn man die Jubilarin richtig einschätzt, steht sie an diesem Sonntag nicht im Mittelpunkt. Zum Einen steht kein runder Geburtstag an, obwohl es sich in dem gesegneten Alter von 93 Jahren vielleicht mehr noch als sonst empfiehlt, die Feste zu feiern wie sie fallen. Zum Anderen, was schwerer wiegt, verfügt über das Privileg wirklich bedeutender Menschen: Als Monarchin des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland sowie weiterer 15 Mitgliedsstaaten des Commonwealth, von Australien bis Tuvalu, hat die alte Dame einen offiziellen Geburtstag. Der steigt seit 60 Jahren stets am zweiten Samstag im Juni, wenn das unstete Wetter in London einigermaßen verlässlich Sonnenschein verheißt.

Der dritte Grund aber dürfte aus Sicht des nominellen Oberhaupts der anglikanischen Staatskirche am schwersten wiegen: Diesmal fällt jener 21. April, an dem Elizabeth Alexandra Mary Windsor vor 93 Jahren von ihrer Mutter Elizabeth geboren wurde, auf den Ostersonntag, den höchsten Feiertag der Christenheit. Mag es sich bei Großbritannien auch um ein weitgehend säkularisiertes Land handeln, in dem auch am Karfreitag eingekauft und Fußball gespielt wird – das tiefreligiöse Staatsoberhaupt hält an den hohen Festtagen des Kirchenkalenders fest, vom täglichen Privatgebet zu schweigen.

Brexit-Vorkämpfer fordern ihr Einschreiten

Eine unmoderne Frau also, deren innere Welt sich so radikal von den meisten ihrer Untertanen unterscheidet wie ihre äußerliche privilegierte Stellung. Und vielleicht gerade deshalb das hochrespektierte Symbol der ungeschriebenen britischen Verfassung, die in letzter Zeit – Stichwort Brexit – unter massiven Druck geraten ist. Nicht umsonst haben sich in den vergangenen Monaten die Rufe prominenter Anhänger des EU-Austritts Großbritanniens gehäuft, die qua Geburt zum Staatsoberhaupt bestimmte Königin höchstselbst möge zugunsten des Volkswillens vom Juni 2016 aktiv werden.

Die Monarchin könne sich dabei, näselte etwa der Brexit-Vorkämpfer Jacob Rees-Mogg, auf „verkümmerte“ Verfassungspraktiken (vestigial constitutional means) berufen, beispielsweise um eine Parlamentssitzung zu beenden und das Hohe Haus einfach nicht mehr einzuberufen, bis der Austritt endlich gelungen ist.

Ihr Leben lang war sie politisch neutral

Man mag das, je nach Gemütsverfassung, für eine exzentrische Albernheit oder gefährliche Demokratieverachtung halten. Intensiver gedanklicher Befassung bedarf die Idee schon allein deshalb nicht, weil die Amtsinhaberin nicht im Traum daran denkt, ihre lebenslang gewahrte politische Neutralität aufzugeben. Soviel Geschichte hat sie allemal gelernt um zu wissen, dass die schlafenden Hunde des Republikanismus zum Aufwachen nur einer geringfügigen Störung bedürfen.

Schon jetzt stellt die „Guardian“-Kolumnistin Suzanne Moore einen Zusammenhang her zwischen Brexit und der Monarchie, aber ganz anders, als von den Interventionisten gewünscht: Das Austrittsvotum sei Folge der enormen sozialen Ungleichheit im Lande, und „die Queen präsidiert einer Institution, die dies symbolisiert und rechtfertigt“.

Am schwierigsten politischen Problem Großbritanniens, soviel steht fest, wird sich Elizabeth II auch im 94. Jahr ihres langen Lebens nicht die Finger schmutzig machen. Immerhin ging sie im Januar für ihre Verhältnisse schon ungewöhnlich weit, als sie die Streithanseln und -greteln beider Seiten zur Mäßigung mahnte: „Gut übereinander reden und unterschiedliche Standpunkte respektieren; gemeinsam nach Übereinstimmung suchen; und niemals das große Ganze aus den Augen verlieren.“

Die Aufmerksamkeit liegt aktuell mehr bei Meghan Markle

Ein weiterer Grund für die Geräuschlosigkeit, mit der die Queen ihren Geburtstag begeht – vom üblichen Freudensalut der königlichen Kanoniere abgesehen –, ist in der Familie zu suchen. Die Aufmerksamkeit der an Royalem interessierten Öffentlichkeit ruht schließlich in diesen Tagen weitgehend auf Schwieger-Enkeltochter Meghan Markle, der hochschwangeren Herzogin von Sussex. Kommt die 37-Jährige im örtlichen Spital nieder oder wagt sie eine Hausgeburt? Wird die Nummer Sieben der Thronfolge ein Mädchen sein und Diana, Victoria oder Alice heißen? Oder handelt es doch um einen Jungen namens Arthur oder James?

Wie auch immer – die Urgroßmutter wird sich, wie in solchen Fällen üblich, gewiss auch diesmal als „entzückt“ zu erkennen geben, gemeinsam mit Prinzgemahl Philip, 97, der kürzlich nach einem Unfall mit dem königlichen Land Rover zur Erleichterung der Landbevölkerung rund um die Königsschlösser das Autofahren auf öffentlichen Straßen aufgeben musste. Um dem Gefährten aus 71 Ehejahren den Schritt zu erleichtern, lässt auch die gelernte Automechanikerin Elizabeth künftig die Hände vom Steuer. Das Staatsschiff aber bleibt bei „Elizabeth der Pflichtbewussten“ in guten Händen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false