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Leere Bahnsteige. Ohne Fahrgäste kommt die Architektur im Mainzer Hauptbahnhof schön zur Geltung.

© dpa

Ein Geisterbahnhof: Nichts fährt mehr in Mainz

Auf dem Hauptbahnhof in Mainz sind die Fahrgäste fassungslos, auch tagsüber bricht jetzt der Verkehr zusammen. Doch das Chaos ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt.

Es ist 17 Uhr und der sonst so belebte Mainzer Hauptbahnhof wirkt wie ein Geisterbahnhof. Normalerweise stehen hier überall Züge auf den Gleisen – es ist schließlich Feierabend und die Pendler wollen nach Hause. Doch heute sind alle Bahnsteige menschenleer, nur die S-Bahn Richtung Frankfurt steht an Gleis 4. Wenigstens sie scheint zu fahren.

Während auf den Bahnsteigen nur noch die Stadttauben unterwegs sind und die letzten Brotkrümel aufpicken, ist der Bahnhofsvorplatz umso belebter. Junge Leute sitzen auf Gepäckstücken herum, rauchen, warten. Direkt vor dem Haupteingang steht eine Reisegruppe, es sind Mittvierziger, sie sind ratlos. Sie wollen weiter Richtung Köln, doch der Zug fährt nicht.

Das Personal der Deutschen Bahn ist auf dem Hauptbahnhof in Mainz genauso gereizt wie die Fahrgäste

Ob überhaupt noch einer fährt, wie sie jetzt weiterkommen, das ist unklar. Es ist der erste Tag, an dem der Mainzer Hauptbahnhof nicht nur abends und nachts, sondern auch tagsüber teilweise vom Streckennetz der Bahn abgekoppelt ist. Viele Fahrgäste hier wissen das noch nicht und sind verzweifelt. An den Auskunftsschaltern stehen lange Schlangen, die Stimmung ist gereizt. „Erst in einer Stunde!!??“, brüllt ein Mann. Die Frau am Schalter zuckt mit den Schultern. Was soll sie sagen? Alle wirken gestresst, nicht nur die Kunden, auch das Bahnpersonal. Eine ältere Frau wird ihren Anschluss nicht erreichen, sie kämpft mit den Tränen. „So wenig Zeit muss sein“, heißt es zynisch auf den roten Shirts des Bahnpersonals, das der Kundschaft die Selbstbedienung am Fahrkartenautomaten schmackhaft machen soll.

Das ist erst der Vorgeschmack, was der Deutschen Bahn auf dem Hauptbahnhof in Mainz blüht: Am Wochenende enden die Schulferien

Die meisten Züge fahren nicht – das kann jeder auf der Abfahrtstafel sehen. „Zug fällt aus“, leuchtet es dort auf dem Band. Trotzdem: Die Leute fragen an den Schaltern, ob es wahr ist, ob der Zug wirklich nicht fährt. Eine junges Paar – auf dem Weg zum Frankfurter Flughafen – kann es kaum fassen, die S-Bahn fährt jetzt nicht, erst in einer halben Stunde. „Ich dachte die Einschränkungen gelten erst ab acht Uhr abends“, regt sich die Frau auf. Auch sie ist überrascht davon, dass der Bahnverkehr nun auch tagsüber eingeschränkt ist.

Direktverbindungen der Deutschen Bahn von Mainz nach München gibt es nicht mehr

Eine Frau will in der Frühe nach München, doch die Direktverbindung von Mainz nach München gibt es nicht mehr. Wer nach München will, muss erst nach Frankfurt. Es ist nur ein Vorgeschmack auf das, was Ende der Woche am Mainzer Hauptbahnhof los sein wird: Dann enden in Rheinland-Pfalz die Ferien, wie auch im benachbarten Hessen. Massen von Urlaubern werden zurückkommen, viele werden völlig unvorbereitet in das Chaos hineinfahren. Daran darf hier keiner denken.

In der nächsten Woche müssen die ganzen Schüler aus dem Umland mit der Bahn zur Schule fahren. Manche Pendler kommen gar nicht mehr nach Hause: „Holger kommt heute wieder nicht heim, er schläft im Schlafsack unterm Schreibtisch“, postet eine Frau ärgerlich auf Facebook. Und ein anderer Pendler trägt’s mit Humor: „Mainz bleibt wenigstens der Rosenmontagszug.“

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