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Alexander Falk, einer der Erben des gleichnamigen Stadtplan-Verlags.

© Arne Dedert/dpa

„Bring ihn zum Schweigen!“: Hauptzeuge im Falk-Prozess belastet Verlagserben schwer

Im Mordprozess gegen Alexander Falk sagt der Hauptzeuge aus. Er bezichtigt den Multimillionär, Drahtzieher eines Anschlags auf einen Rechtsanwalt zu sein.

Etem E. betritt den Gerichtssaal nur zögerlich. Bevor er seinen Platz im Zeugenstand einnimmt, prüft sein Blick die Zuschauerreihen, so als habe er Angst. Bei seinem letzten Auftritt vor Gericht hatte er kürzlich noch zwei sichtbar bewaffnete Begleiter an seiner Seite, Zeugenschutz. Diesmal kommt der Hauptbelastungszeuge, einer kräftiger Typ mit kurz geschorenem Haar und schwarzer Daunenjacke, allein.

E.s Aussagen haben dazu geführt, dass einer der ehemals reichsten Deutschen, der Hamburger Verlagserbe Alexander Falk, seit mehr als 14 Monaten in Untersuchungshaft sitzt. Falk, so behauptet E., habe 2010 aus Angst um sein Millionenvermögen den Mord eines Rechtsanwalts in Auftrag gegeben.

Wolfgang J. war seinerzeit der federführende Anwalt in einem Schadensersatzprozess gegen Falk und wurde im Februar 2010 vor seinem Haus in Frankfurt am Main angeschossen und schwer verletzt. Der oder die Täter wurde bis heute nicht gefasst. Der vermeintliche Anstifter Alexander Falk sitzt indes seit September 2018 in Untersuchungshaft. Im August begann der Prozess gegen ihn.

Etem E. hat für seine Zeugenaussagen eine Belohnung von 100.000 Euro bekommen, ausgelobt von zwei Kanzleien, für die Anwalt J. gearbeitet hatte. Diese insgesamt fünf Aussagen bei der Polizei, in denen Falk schwer belastet wird, hat E. kürzlich zurückgezogen.

Der Zeuge wartete acht Jahre, ehe er zur Polizei ging

Vor Gericht stellt er Falk nichtsdestotrotz als Drahtzieher des Anschlags dar. Er sei dabei gewesen, als Falk bei einem Treffen in einem Hamburger Steakrestaurant den gemeinsamen Freund und Bordellbetreiber Niyazi B. aufforderte: „Bring ihn zum Schweigen.“

Falk habe damals einen weißen Umschlag über den Tisch geschoben, mutmaßlich mit Geld. E. will auch bezeugen können, dass Falk-Freund B. ein Teil dieses Geldes wenige Tage später als Anzahlung an zwei Männern übergab – versehen mit dem Auftrag auf Wolfgang J. zu schießen.

Fakt ist: E. wartete mehr als acht Jahre, bevor er 2018 zur Polizei ging, um gegen Alexander Falk auszusagen. „Ich habe mich von Falk bedroht gefühlt und um mein Leben gefürchtet“, begründet E. dies. Denn er sei im Besitz einer heimlichen Tonbandaufnahme gewesen, auf der Falk den Anschlag auf Anwalt J. bejubelt.

Eine Falle, die Niyazi B. und dessen Bruder Ali B. Alexander Falk gestellt hatten, um ihn zu erpressen. „B. hat mir gesagt, dass Falk nicht mehr schlafen könne, seitdem er wisse, dass ich die Tonbandaufnahme habe.“

Alexander Falks Stimme ist an diesem elften Verhandlungstag nicht zu hören. Er hat die Ärmel seines blauen Pullovers hochgekrempelt, macht aber eher eine blasse als eine kämpferische Miene. Manchmal quittiert er E.s Schilderungen mit Kopfschütteln, meist folgt er ungerührt, zurückgelehnt in seinen Stuhl. Selbst, als E. behauptet, zwei Falk gewogene Anwälte hätten seinem Onkel bis zu fünf Millionen Euro geboten, E.s Darstellung vor Gericht zu widersprechen.

Verteidigung hat Anzeige gegen Ermittlungsbeamten gestellt

Für Falks Verteidiger Björn Gercke steht fest, dass Etem E.s Aussagen nicht zu trauen ist. Der ehemalige Türsteher E. sei ein Berufskrimineller, dessen acht Vorstrafen erst durch aufwendige Recherchen offenkundig wurden. E. habe über Jahre versucht, Falk mit der Tonband-CD zu erpressen. Weil E. keinen Erfolg gehabt hätte, sei er letztlich zur Polizei gegangen, um die Belohnung einzustreichen.

„Es gibt viele, die Alexander Falk als Goldesel sehen und versuchen, Geld von ihm zu bekommen“, sagt Gercke. Die Verteidigung habe derweil Anzeige erstattet gegen den leitenden Ermittlungsbeamten, weil dieser dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Akten zur kriminellen Vergangenheit des Hauptbelastungszeugen E. vorenthalten habe.

Wer ist Alexander Falk?

Als 1978 der Gründer des Falk Verlags, Gerhard Falk, starb, erbte sein Sohn Alexander Teile des Unternehmens. Dieser und die anderen Erben verkauften den für ausgeklügelt gefaltete Stadtpläne bekannten Verlag 1996 für umgerechnet 25 Millionen Euro an Bertelsmann. Der heute 50-jährige Alexander Falk investierte sein Geld in Internetunternehmen, verkaufte seine Ision AG Ende 2000 für 772 Millionen Euro und war plötzlich einer der reichsten Deutschen.

Wegen frisierter Ision-Bilanzen wurde Falk jedoch 2007 zu vier Jahren Haft verurteilt. Weil er in einem zusätzlichen Schadensersatzprozess um sein Vermögen fürchtete, soll er einen Anschlag auf den federführenden Anwalt der Gegenseite in Frankfurt am Main in Auftrag gegeben haben. Der Frankfurter Anwalt wurde 2010 durch einen Schuss eines Unbekannten schwer verletzt. Wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr sitzt Falk seit September 2018 in Untersuchungshaft.

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