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Bobby Brown mit Tochter Bobbi Kristina Brown.

© reuters/Andrew Kelly

Bobbi Kristina Brown: Die Last berühmter Eltern

Kinder von Prominenten haben überdurchschnittlich oft Probleme im Alltag. Jüngstes Beispiel: Das Drama um Bobbi Kristina Brown, die Tochter von Whitney Houston und Bobby Brown.

Die Klatschmagazine haben ein neues Top-Thema: Bobbi Kristina Brown. Die Tochter der vor drei Jahren verstorbenen Soul-Diva Whitney Houston und dem R&B-Künstler Bobby Brown liegt in einem Krankenhaus in Atlanta, Georgia. Die 21-Jährige war zuvor regungslos in ihrer Badewanne aufgefunden worden. Ihr Vater ist nun bei ihr am Krankenbett. Spekulationen um Gründe, Zustand und Aussichten kursieren schon seit dem Bekanntwerden des Vorfalls. Meist wird der Grund im Umgang von prominenten Eltern mit ihren Kindern gesucht. Aber was unterscheidet eine prominente Kindheit von einer „normalen“? Und wieso gibt es so viele Geschichten von Promikindern, die Probleme mit Drogen, Alkohol oder Depressionen haben?

„Wenn einem Kind Konstanz und Verlässlichkeit in der Beziehung zu den Eltern fehlt, kann das in Extremfällen einen Suchtmechanismus auslösen“, sagt Wolfgang Hantel- Quitmann, Professor für Familienpsychologie in Hamburg. „Bei Prominenten ist es besonders häufig, dass die Eltern abwesend sind – zudem noch plötzlich und unvorhersehbar.“ Kinder entwickelten so nur eine schwache Bindungssicherheit. Prominente sind viel unterwegs. Der Musiker auf Tour durch Europa, die Schauspielerin auf einem Dreh in Australien. Wichtig sei, dass das Kind wisse, dass die Eltern da sind, wenn das Kind sie braucht, sagt Hantel-Quitmann. Dazu reiche es, wenn die Eltern in der frühen Entwicklung eben das unter Beweis stellen. „Das können Prominente aber nicht immer leisten: Wenn Drehtag ist und das Kind ist krank, ist immer noch Drehtag.“

Prominente neigen zu narzisstischen Persönlichkeiten

Zudem fehlt prominenten Kindern oft auch der Bezug zu Gleichaltrigen. Prominente sind of sehr mobil, ziehen oft um. Die Kinder lassen ihre Freunde zurück, die eine gewisse Konstanz hätten bieten können. Dazu kommt noch ein zweiter Faktor: Prominente neigen dazu, narzisstische Persönlichkeiten zu haben. „Wenn Prominente das Rampenlicht brauchen, die Liebe der Öffentlichkeit, wird es auch für das Kind schwierig“, sagt Hantel-Quitmann. Die Abhängigkeit von der öffentlichen Wahrnehmung führe dazu, dass Kinder merken, dass sie ihre Eltern teilen müssen. Auch wenn sie nicht wissen, mit wem genau.

Diese Voraussetzungen führen in einigen Fällen dazu, dass Promikinder auffällige Lebensläufe haben. Verlässliche empirische Studien gibt es dazu jedoch nicht. Eine einzige Studie der indischen Psychologin Surabhika Maheshwari im „International Journal of Social Science“ versucht der Frage nachzugehen, was prominente Kinder verbindet und was sie in ihrem Verhalten besonders macht.

Die meisten Promikinder wünschten sich, denselben Weg wie ihre Eltern einzuschlagen, schreibt Meshwari. Außerdem fühlten sie erhöhten Druck, den eigenen Namen nicht in den Schmutz zu ziehen, auch um den Eltern nicht zu schaden. Denn kleine Entgleisungen werden schnell in der Öffentlichkeit skandalisiert. Das begünstige Drogenmissbrauch: Rund 26 Prozent der Prominenten haben laut Maheshwari Alkoholprobleme, in der Allgemeinbevölkerung seien es 14 Prozent. Auch das Suizid-Risiko sei erhöht: Promis begehen vier Mal so oft Selbstmord wie nichtprominente Gleichaltrige.

Einige wollen um jeden Preis auffallen

Bei einigen kippt das in die genau umgekehrte Richtung: Sie suchen nach dem Skandal. Nachdem sie es nicht geschafft haben, positiv aufzufallen, schlagen sie um sich, wollen um jeden Preis auffallen. „Ich wünschte, ich könnte aus dem Schatten meines Vaters treten“, sagt einer der Teilnehmer der Studie, „ich will als ich selbst bekannt sein.“ Die Wirkrichtung ist eine andere, das Resultat dasselbe: Entgrenzung, sowohl von sich selbst, als auch von den Eltern.

In den USA wird das Wort "sheening", nach den Eskapaden des Schauspielers Charlie Sheen, als Synonym für Drogenmissbrauch und Abstürze auf Partys gebraucht. Sheen übernahm den Künstlernamen von seinem Vater, dem bekannten Schauspieler Martin Sheen.
In den USA wird das Wort "sheening", nach den Eskapaden des Schauspielers Charlie Sheen, als Synonym für Drogenmissbrauch und Abstürze auf Partys gebraucht. Sheen übernahm den Künstlernamen von seinem Vater, dem bekannten Schauspieler Martin Sheen.

© dpa

Beispiele dafür gibt es zur Genüge: Michael Douglas’ Sohn Cameron: Drogen, seit vier Jahren im Gefängnis. Bob Geldofs Tochter Peaches: Drogen, mit 25 gestorben. Gérard Depardieus Sohn Guillaume: Alkohol und Drogen, öffentlich ausgetragener Streit mit seinem Vater. Depardieu starb unversöhnt mit seinem Vater.

Zu besonderer Bekanntheit brachten es die Exzesse von Martin Sheens Sohn Charlie. Immer wieder war er in den Schlagzeilen wegen Drogen, öffentlichen Ausrastern, wirren Auftritten. Highlight aus einem Interview mit dem Fernsehsender ABC: „Ich bin auf einer Droge. Sie heißt Charlie Sheen. Sie ist nirgendwo erhältlich. Solltest du sie probieren, stirbst du. Dir wird das Gesicht wegschmelzen und deine Kinder werden über deinem zerfetzten Körper weinen.“ Kelly Osbourne (Antidepressiva, Alkohol), Stephanie Bongiovi (Heroin), Nicole Richie (Heroin und Kokain). Die Liste lässt sich unendlich weiterführen. Auch Bobbi Kristina Brown war 2011 mit Kokain erwischt worden.

Nach einer anfangs erfolgreichen Musikkarriere von Kelly Osbourne, Tochter des Black Sabbath-Frontmanns Ozzy Osbourne, wurde 2004 ihre Abhängigkeit von Schmerzmitteln bekannt.
Nach einer anfangs erfolgreichen Musikkarriere von Kelly Osbourne, Tochter des Black Sabbath-Frontmanns Ozzy Osbourne, wurde 2004 ihre Abhängigkeit von Schmerzmitteln bekannt.

© dpa

Warum sie jetzt im Krankenhaus liegt, darüber wird noch spekuliert. Dass sie wie andere Kinder prominenter Eltern unter extremem Druck stand, scheint offensichtlich. Ihre Mutter Whitney Houston war ein Weltstar, ging am Drogenkonsum zugrunde, starb letztlich daran – in einer Badewanne. Ihr Vater Bobby Brown ist fast ebenso bekannt, es gab öffentliche Streits zwischen den beiden. Nach allem was bekannt ist, war es eine dysfunktionale Familie, in die Bobbi Kristina Brown hineingeboren wurde. Bobby Brown soll Whitney Houston geschlagen haben. Das Gerichtsverfahren wegen häuslicher Gewalt verließen die beiden zur Verwirrung aller Anwesenden gemeinsam – händchenhaltend.

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