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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archivbild)

© Reuters/Bernadett Szabo

Bisher als Staatsgeheimnis behandelt: Erdogan ließ sich Palast mit 300 Zimmern bauen

Der türkische Staatspräsident hat sich mal wieder einen Palast bauen lassen - inklusive Privatstrand. Erst jetzt sind Bilder an die Öffentlichkeit geraten.

Bilder eines neuen Sommerpalastes an der Ägäis bringen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Verlegenheit. Der 300-Zimmer-Komplex in der Ferienprovinz Marmaris ist zwar schon seit zwei Jahren fertiggestellt, wurde bisher aber als Staatsgeheimnis behandelt.

Erst jetzt gelangten erste Bilder des Palastes an die Öffentlichkeit – und treiben die türkische Opposition auf die Barrikaden. Kritiker werfen Erdogan vor, Steuergelder zu verschwenden, während viele Normalbürger wegen hoher Inflation und Arbeitslosigkeit nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen.

Die Oppositionszeitung „Sözcü“ veröffentlichte unter Berufung auf die Internetseite des Architekten Sefik Birkiye ein halbes Dutzend Skizzen des 62 Millionen Euro teuren Palastes.

Zu sehen waren ein zweistöckiges Hauptgebäude im neo-osmanischen Stil mit einem großen Schwimmbad, lichtdurchflutete Arbeits-, Wohn- und Schlafräume sowie ein Privatstrand.

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Erdogan soll in dem Palast bereits mehrere Staatsgäste empfangen haben, doch bisher gab es keine Bilder. Warum sie gerade jetzt ans Tageslicht kamen, liegt möglicherweise an einer Panne. Die Internetseite von Architekt Birkiye, der bereits Erdogans 1000-Zimmer-Palast in Ankara und eine neue Moschee am zentralen Taksim-Platz von Istanbul gebaut hat, ist inzwischen jedenfalls abgeschaltet.

Neubau angeblich als „Schutz vor Anschlägen“

Die Regierung äußerte sich nicht zu dem „Sözcü“-Bericht, der von vielen anderen Medien und Oppositionspolitikern weiterverbreitet wurde. Regierungsnahe Medien rechtfertigten den Bau mit dem Argument, der Präsident müsse vor Anschlägen geschützt werden.

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Der neue Palast entstand an einer Bucht, die bereits von Erdogans Vorgänger Turgut Özal in den frühen 1990er Jahren als Feriendomizil genutzt worden war.

Allerdings verbrachte Özal seinen Urlaub dort in einem bescheidenen einstöckigen Häuschen, wie Özals ehemaliger Büroleiter Engin Güner auf Facebook berichtete. Er selbst habe damals im Bügelzimmer des Ferienhauses gearbeitet, schrieb Güner.

Oppositionsmedien sprechen von einem „Baum-Massaker“

Erdogan dagegen ließ nach Angaben von Kritikern zehntausende Bäume in der Bucht fällen, um Platz für den neuen Palast zu machen. Oppositionsmedien schimpfen deshalb über ein „Baum-Massaker“ in einer der schönsten Gegenden des Landes.

Der Präsident hat neben seinem Palast in Ankara schon eine luxuriöse Residenz in Istanbul und einen Palast am Ufer des Van-Sees in Südostanatolien.

Der Parlamentsabgeordnete Garo Paylan (HDP) twitterte Bilder des neuen Erdogan-Palastes:

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Allein der Präsidentensitz in Ankara hat eine halbe Milliarde Euro gekostet. Dem Präsidenten stehen mehrere Regierungsflugzeuge und Hubschrauber zur Verfügung. Wenn Erdogan per Auto unterwegs ist, besteht sein Konvoi mitunter aus mehr als hundert Fahrzeugen.

Die Bilder vom neuen Palast kommen der Opposition gerade recht. CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu nahm bei einem Auftritt vor der Parlamentsfraktion seiner Partei vergrößerte Bilder vom Palast mit zum Podium und hielt sie vor laufenden Kameras in die Höhe. „Der Mann baut sich einen Sommerpalast, während die Leute verhungern“, sagte Kilicdaroglu.

Teile wieder eingerissen - weil sie nicht gefielen?

Der Präsident hat viele Paläste. Dieser steht in Ankara.
Der Präsident hat viele Paläste. Dieser steht in Ankara.

© imago/ZUMA Press

Die CHP will die Regierung per parlamentarischer Anfrage zu einer Antwort auf Berichte über das Gebaren des Präsidenten bewegen, wonach der Sand für Erdogans Privatstrand von einem 200 Kilometer entfernten See herangekarrt worden sein soll. Außerdem soll die Regierung zu Berichten Stellung nehmen, halbfertige Teile des Palastes seien wieder eingerissen worden, weil sie dem Auftraggeber nicht gefallen hätten.

Temel Karamollaoglu, Chef der Islamisten-Partei SP, nahm Erdogans Ehefrau Emine gleich mit ins Visier.

Wohlfeile Ratschläge der Präsidentengattin

Die Präsidentengattin hatte anlässlich eines Aktionstages gegen Lebensmittelverschwendung gesagt, die Türken sollten nichts Unnötiges einkaufen und kleinere Portionen essen, damit nichts weggeworfen werden müsse.

Karamollaoglu präsentierte diesen Ratschlag als Beweis für die Arroganz der Regierung: Während der Alltag für die meisten Türken immer teurer werde, baue die Regierung einen neuen Palast und empfehle, die Leute sollten weniger essen, sagte er.

Kilicdaroglu und Karamollaoglu wissen, dass die schlechte Wirtschaftslage die Hauptsorge der meisten Wähler ist. Die Arbeitslosigkeit liegt nach offiziellen Zahlen bei 14 Prozent, ist nach Gewerkschaftsschätzungen tatsächlich aber doppelt so hoch.

Der Demoskop Derya Kömürcü sagte der Zeitung „Cumhuriyet“, zwei von drei Türken befürchteten, ihre Schulden nicht mehr bezahlen zu können.

Als Zugeständnis an die wachsende Kritik an seiner Regierung veröffentlichte Erdogan vor kurzem einen Sparerlass, der die Anschaffung teurer Dienstwagen stoppen soll – nahm sein Präsidialamt aber davon aus.

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