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US5

© ddp

Betrugs-Prozess: Der Fall des Herrn der Boygroups

Lou Pearlman, der Erfinder der Backstreet Boys und US5, wird heute verurteilt. Er soll viele betrogen haben - auch in Berlin.

Für den Mann, der die Mädchen zum Träumen brachte, ist es nun vorbei. Er hatte Millionen gemacht mit diesen Träumen, perfekt beherrschte er das Rezept dafür: Fünf durchtrainierte Jungs, manche mit blonden Haaren, manche mit braunen, suchte er zusammen und ließ sie so singen und tanzen, dass die Mädchen kreischten und in Ohnmacht fielen – und seine Kasse klingeln ließen durch CD-Verkäufe und Werbeerlöse. Immer wieder funktionierte dieses Rezept. Mit den Backstreet Boys, N'Sync, O-Town, Natural und US5. Sie alle hat Louis „Lou“ Pearlman erfunden und gemanagt – Boygroups am Fließband produzierte keiner so exzessiv wie er. Ohne ihn würde es heute Castingshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ kaum geben.

Doch während die Mädchen weiter träumen und die Bands – zumindest teilweise – weiter singen, ist für den 53-jährigen Pearlman jetzt das böse Erwachen gekommen. Er wurde verhaftet, sitzt zurzeit in Untersuchungshaft im US-Bundesstaat Florida, heute wird seine Strafe verkündet. Bis zu 30 Jahre Gefängnis drohen ihm, sagte ein Sprecher des Bundesgerichts in Tampa dem Tagesspiegel. Pearlman hat Anleger, Geschäftspartner und Banken um mehr als 300 Millionen Dollar geprellt, wie er nun eingestand. Auch deutsche Unternehmen sollen betroffen sein, darunter die Berliner Produktionsfirma MME, die mit Pearlman die RTL-2-Reality-Serie „Big in America“ produzierte. Es ging darin um das Casting der Band US5, Pearlmans letztes großes Musikprojekt, an dem auch die Berliner Triple M Music GmbH beteiligt ist. Ihre Forderungen an Pearlman sollen sich auf knapp 700000 Euro belaufen. Beide Firmen wollten keine Stellung nehmen.

Doch sind die Verbindungen zu ihnen nicht die einzigen Spuren, die Pearlman in Deutschland hinterlässt. Vielmehr spielt die Bundesrepublik eine zentrale Rolle für den Aufstieg des „Big Poppa“ der Boybands – und seinen Fall.

So baute Pearlman sein millionenschweres Firmenimperium mit Hilfe des deutschen Luftschiffpioniers Theodor Wüllenkämper auf. Denn Pearlman, Cousin von Art Garfunkel, begann seine Karriere nicht im Musikbusiness. Als Kind war er neben einem Flughafen aufgewachsen, seither faszinierte ihn die Luftfahrt. Er gründete einen Helikopter-Service, gewann Wüllenkämper als Geschäftspartner und wurde später trotz einiger Rückschläge Chef der Fluggesellschaft Trans Continental – und erfand nebenbei noch die Stripptruppe „The Chippendales“, sein erster Castingerfolg. Er traf den Manager von New Kids on the Block, der ihm von den Millionen Dollar erzählte, die er mit der Boyband verdiente. Das kann ich auch, schien sich Pearlman gedacht zu haben – und castete in einer seiner Flugzeughallen unter Hunderten von Jungs, die er per Anzeige gesucht hatte, die Backstreet Boys zusammen. 1995 erschien ihre erste Platte, mit der sie in Deutschland auf Platz eins der Charts schnellten. Ähnlich große Erfolge wiederholte er mit N'Sync – Mitglied: Justin Timberlake – und während die Jungs auf den Bühnen dieser Welt schwitzten, habe Pearlman den großen Gewinn eingestrichen, durch Knebelverträge und Betrug, wie ihm die Bands später vorwarfen und ihn anklagten. Dass Pearlmans Interesse an ihnen nicht nur geschäftlich gewesen sein soll, sagten sie bisher allerdings nicht. Solche Vorwürfe sexuellen Missbrauchs hatte Pearlmans ehemaliger Assistent Steve Mooney vor einiger Zeit in der amerikanischen „Vanity Fair“ erhoben. Jay Khan von US5 beteuerte dagegen in der „Park Avenue“, dass er sich von Pearlman immer freundlich und fair behandelt gefühlt habe. Khan war einer der letzten, der mit Pearlman im Blitzlichtgewitter über den roten Teppich ging – vergangenes Jahr in Berlin, bei der Verleihung der Goldenen Kamera. Danach tauchte Pearlman unter.

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