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Sarah Biasini.

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Berühmte fremde Romy Schneider: "Ich wollte sie öffentlich lieben"

Mit vier Jahren verlor Sarah Biasini ihre Mutter. Jetzt erzählt sie in einem Buch von Verlust und Bürden, Erinnerungen und ihrer Tochter Anna.

Wie kann ich Mutter werden, wenn ich meine Mutter verloren habe? Was für ein Typ Mutter werde ich selber sein? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Sarah Biasini. Die Tochter von Romy Schneider hat ein Buch geschrieben, „La beauté du ciel“ (Die Schönheit des Himmels), das gerade in Frankreich erschienen ist.

Als die in Frankreich lebende deutsche Schauspielerin Romy Schneider am 29. Mai 1982 an Herzversagen starb, war Sarah knapp fünf Jahre alt. Heute ist sie 43 und genauso alt wie ihre Mutter damals. Die Filmlegende, die zunächst mit den „Sissi“-Filmen bekannt wurde, Deutschland verließ und schließlich mit allen großen Regisseuren ihrer Zeit Filmgeschichte schrieb, hat ihr ganzes Leben bestimmt.

Auch wenn Sarah behütet bei ihrem Vater Daniel Biasini (72) aufwuchs, dem zweiten Mann Romy Schneiders.

"Ich wollte sie öffentlich lieben"

Auf dem Cover des Buches ist Romy Schneider zu sehen, die ihre kleine Tochter in einem Pool im Arm hält und sie innig küsst. Bisher hatte sich Biasini in der Öffentlichkeit zurückgehalten und sprach kaum über ihre Mutter.

Nun hat sie sich entschlossen, über sie zu schreiben. Über ihre zwiespältigen Gefühle und den Verlust, der ihr Leben bestimmte. Sie sagt: „Ich wollte sie öffentlich lieben.“

Das Bild auf dem Cover sieht idyllisch aus. Doch die Beziehung zu ihrer Mutter war kompliziert. So wie Romy Schneiders Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter Magda, ebenfalls Schauspielerin. Eine Übermutter, die die junge Romy auch in deren schauspielerischer Arbeit bevormundete.

Ihr Halbbruder verunglückte mit 14 Jahren

Romy war ehrgeizig und selten mit sich zufrieden. Sie litt unter Depressionen, betäubte sich mit Alkohol und Tabletten. Im Alter von 14 Jahren starb ihr Sohn David Meyen aus der ersten Ehe mit Regisseur Harry Meyen bei einem Unfall. Über den Verlust des geliebten Sohnes kam die Schauspielerin nie hinweg. Knapp ein Jahr nach Sarahs Halbbruder starb auch sie. Romy Schneider hat es ihrer Tochter schwer gemacht. Neben dem fehlenden Mutter-Tochter-Verhältnis litt Sarah Biasini auch unter der Berühmtheit ihrer Mutter. Selbst Schauspielerin, konnte sie nie an den Erfolg Romy Schneiders anknüpfen. Biasini tritt vor allem im Theater auf.

Romy Schneider und Daniel Biasini waren von 1975 bis 1981 verheiratet.
Romy Schneider und Daniel Biasini waren von 1975 bis 1981 verheiratet.

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Zu dem Buchprojekt entschloss sie sich, nachdem das Grab von Romy Schneider im Mai 2017 auf dem Friedhof in Boissy- sans-Avoir bei Paris geschändet worden war. Dieses einschneidende Erlebnis führte zu der Entscheidung, ihre bewegende und traurige Lebensgeschichte aufzuschreiben – mit aller Emotionalität: „Niemand will meine Mutter vergessen außer mir. Alle wollen an sie denken, nur ich nicht.

Niemand würde mehr weinen als ich, wenn ich beginne, an sie zu denken.“ Der Schmerz sitzt offenkundig tief. Es sei nicht leicht gewesen, ohne die Mutter aufzuwachsen.

Besonders, weil andere sie immer wieder an die Filmdiva erinnerten. Wenn sie auf der Straße gefragt wurde, ob sie Romys Tochter sei, sagte sie deshalb oft Nein. Fragen nach der Erinnerung an ihre Mutter kann sie nicht ertragen. Sie schreibt: „Wenn man mir diese Frage stellt, ist das, als würde man verlangen, dass ich die intimsten Partien meiner Anatomie im Detail beschreibe.“

Woran soll sich eine Vierjährige erinnern?

Das Wirken Romy Schneiders als Schauspielerin berührt sie dagegen weniger. „Mich interessiert nur meine Mutter. Sie Mutter zu nennen, ist das Schönste auf der ganzen Welt.“

Sarah Biasini bedauert, nicht über ihre Mutter sprechen zu können wie andere auch. „Ich würde gerne sagen, dass ihre Berühmtheit nur Nebensache ist, aber dann würde ich lügen.“ Was sie besonders beschäftigt, ist, dass sie so wenig über ihre Mutter weiß. Außer Momentaufnahmen, an die sie sich erinnert, Fragmente, etwa ein gemeinsames Frühstück im Bett. Lange Zeit habe sie auf entsprechende Fragen geantwortet, dass sie es vorziehe, die Erinnerungen für sich zu behalten. Im Buch gesteht sie ein: Wie soll ich mich erinnern? Als Romy Schneider starb, war Sarah viereinhalb Jahre alt.

Großmutter Magda blieb ihr fremd

Deutsch spricht Sarah Biasini kaum. Sie habe sich immer geweigert, es zu lernen, weil sie nicht wusste, mit wem sie es sprechen sollte. Ihr fehle die Nähe zu den deutschen Verwandten. Ab und zu sei sie bei ihrer Großmutter Magda zu Besuch gewesen, die ihr wenig herzlich erschien. Dagegen schwärmt sie von den Eltern ihres Vaters Daniel Biasini, die sie warmherzig wie eine eigene Tochter erzogen hätten.

Im Sommer 2017 wird Sarah Biasini auf natürlichem Wege schwanger. Da hat sie zwei erfolglose künstliche Befruchtungen hinter sich. Die Autobiografie über das Leben ohne ihre Mutter adressiert sie an ihre heute knapp dreijährige Tochter Anna Rosalie.

Und sie fragt sich, was für eine Mutter sie sein kann – ohne Vorbild. Nach der Geburt der Tochter im Februar 2018, deren Vater Biasinis Lebensgefährte, Theaterregisseur Gil Lefeuvre, ist, kann Sarah mit der Vergangenheit Frieden schließen.

Nicht mehr nur Tochter - sondern auch Mutter

„Anna, meine Schönheit des Himmels, denn es ist von dort, woher du kommst, von deiner Großmutter im Himmel, die uns zuschaut.“ Aber natürlich wird sie durch ihre Geschichte geprägt, hat deshalb Ängste. „Wie sollte man nicht an Unfälle denken? Frühzeitige Tode kommen vor, sie haben in meinem Leben schon existiert.“

Ihr Lebensgefährte Gil, mit dem sie seit 2013 zusammen ist, sagt über ihr gemeinsames Kind: „Du wirst nicht mehr die Tochter deiner Mutter sein, du wirst die Mutter deiner Tochter.“

Das Buch endet nach allen Reflektionen über den Verlust fast mit einer positiven Note. Das Leben und der Tod haben sie lange definiert, so Biasini. Durch die Geburt ihrer Tochter sei auch sie wiedergeboren worden. Und an Tochter Anna gerichtet: „Jetzt bleibt nichts, als zu leben, mein Herz. Dein Herz wird schlagen. Mein Herz und dein Herz zusammen.“

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