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Der Angeklagte (li.) soll nicht dafür gesorgt haben, dass Zuggleise während Bauarbeiten gesperrt wurden.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Angeklagter durch Handy abgelenkt?: Staatsanwaltschaft verlangt Haftstrafe nach tödlichem Zugunglück

Zwei Männer wurden 2020 bei Bauarbeiten in Stockstadt nahe Unterfranken vom Zug erfasst. Ein 29-Jähriger steht wegen „fahrlässiger Tötung“ vor Gericht.

Eineinhalb Jahre nach einem tödlichen Zugunglück an der bayerisch-hessischen Landesgrenze muss sich ein Mann vor dem Amtsgericht Aschaffenburg verantworten. Der Angeklagte soll bei Bauarbeiten an der Bahnstrecke zwischen Mainaschaff und Stockstadt am Main als Aufsichtsperson seine Pflichten verletzt haben - die Anklage warf ihm fahrlässige Tötung vor und plädierte am Mittwoch auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung. Als Bewährungszeit schlug Anklagevertreter Marco Schmitt drei Jahre vor.

Der 29-jährige Angeklagte soll sich mehr mit seinem Handy beschäftigt haben, statt auf den Zugverkehr zu achten und seine Kollegen zu warnen. Zwei Arbeiter im Alter von 22 und 34 Jahren wurden vom Zug erfasst und getötet. Die Bahn soll zum Unfallzeitpunkt mit Tempo 86 unterwegs gewesen sein. Die 17 Fahrgäste des Zuges blieben nach Polizeiangaben unversehrt.

Der Angeklagte hätte die Arbeiter warnen sollen, „wenn ein Zug von Mainaschaff über den Main in Fahrtrichtung Stockstadt fuhr“, sagte Oberstaatsanwalt Marco Schmitt. Als sogenannte Sicherheitsaufsichtskraft habe er nicht dafür gesorgt, dass die Gleise zeitweise wegen der Bauarbeiten für den Bahnverkehr gesperrt werden, so die Staatsanwaltschaft.

Sorgfaltspflichten nicht eingehalten

Die Anklage spricht von Gleichgültigkeit und Außerachtlassung der Sorgfaltspflichten. So soll der Mann zeitweise nicht auf seiner zugeteilten Position am Gleis gestanden, sondern sich an anderer Stelle mit einem Kollegen unterhalten haben. Zudem soll er sich mit seinem Handy beschäftigt haben und möglicherweise abgelenkt gewesen sein, so dass er die Bauarbeiter nicht vor der Bahn warnen konnte.

„Es war immer Druck und Durcheinander auf der Baustelle. Die haben immer gesagt, wir müssen fertigmachen“, versuchte der 29-Jährige dem Gericht zu erklären, warum er die Strecke nicht gesperrt hatte, obwohl die Bauarbeiter den erforderlichen Sicherheitsabstand zu den Gleisen nicht einhielten.

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Einer der beiden Nebenklagevertreter verlangte eine Haftstrafe von vier Jahren wegen Totschlags durch Unterlassen. Das Geständnis des Angeklagten sei zu spät gekommen. Zudem habe er bisher nicht versucht, die Tat wiedergutzumachen. „Sie haben es in Kauf genommen, dass sowas passieren kann.“ Der zweite Nebenklagevertreter stellte keinen Antrag, sagte aber, der Angeklagte verdiene keine Bewährungsstrafe. „Er hat sich nicht entschuldigt.“

Verteidiger Christian Giloth, der die Vorwürfe der Anklage am Morgen eingeräumt hatte, plädierte wegen fahrlässiger Tötung auf eineinhalb Jahren Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Als Geldauflage halte er 2000 Euro für angemessen, zu 50 Euro je Monat. Das Urteil sollte noch am Mittwoch gesprochen werden. (dpa)

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