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Absturz von Germanwings 4U9525: Co-Pilot Andreas Lubitz verheimlichte Krankschreibung

Der Co-Pilot Andreas Lubitz hätte am Unglückstag nicht fliegen dürfen. Der Bundespräsident sichert den Angehörigen Beistand zu. Lufthansa drohen hohe Entschädigungszahlungen. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung des Tages. Und den Grund, warum der Tagesspiegel ab jetzt den vollen Namen nennt.

Anmerkung der Redaktion: Den Namen nennen oder nicht - darüber haben wir beim Tagesspiegel diskutiert und auch auf der Facebook-Seite von Online-Chefredakteur Markus Hesselmann fand eine breite Debatte statt. Jetzt haben wir uns dazu entschlossen: Wir nennen ab jetzt den Namen. Andreas Lubitz ist eine Person der Zeitgeschichte. Sein Name, sein Bild sind weltweit bekannt. Mit seinem Namen und seinem Gesicht wird immer der Tod so vieler Menschen verbunden sein.

Der Co-Pilot des abgestürzten Germanwings-Flugs hat nach Erkenntnissen der Ermittler vor seinem Arbeitgeber eine Erkrankung verheimlicht. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf fand in der Wohnung des 27-jährigen Andreas Lubitz „zerrissene, aktuelle und auch den Tattag umfassende Krankschreibungen“, wie sie am Freitag mitteilte. Ein Abschiedsbrief oder Bekennerschreiben wurden nicht gefunden. Auch keine Hinweise auf ein politisch oder religiös motiviertes Handeln.

Ermittler hatten am Donnerstag zwei Wohnungen des Mannes durchsucht, der seit 2013 als Co-Pilot für Germanwings flog. Sichergestellt wurden demnach Dokumente, „die auf eine bestehende Erkrankung und entsprechende ärztliche Behandlungen hinweisen“, erklärte die Staatsanwaltschaft. Über die Art der Erkrankung wurde nichts mitgeteilt.

Fluggesellschaften führen die Zwei-Personen-Regel ein

Nach Informationen des Tagesspiegels erfolgte die Krankschreibung wegen einer Depression, und der 27-Jährige hätte deshalb am Unglückstag nicht fliegen dürfen. Aus gut informierten Düsseldorfer Kreisen verlautete zudem, dass Andreas Lubitz wegen psychischer Probleme in Behandlung gewesen sei. Die Universitätsklinik Düsseldorf bestätigte, der Co-Pilot sei erstmals im Februar 2015 und zuletzt am 10. März als Patient am Uni-Klinikum zwecks „diagnostischer Abklärungen“ vorstellig geworden. Er sei jedoch nicht wegen Depressionen „in unserem Haus in Behandlung gewesen“, erklärte eine Sprecherin.

Als Reaktion auf den offenbar vom Kopiloten absichtlich herbeigeführten Absturz führen die deutschen Fluggesellschaften die Zwei-Personen-Regel im Cockpit ein. Nach dem am Freitag vereinbarten vorläufigen Verfahren müssen immer zwei autorisierte Crewmitglieder im Cockpit sein, wie der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) mitteilte. Die Lufthansa will diese Regelung „so schnell wie möglich“ umsetzen, auch beim Tochterunternehmen Germanwings. EU-Behörden denken ebenfalls über neue Empfehlungen für die Besetzung des Cockpits nach.

Bundespräsident Joachim Gauck nahm am Vormittag an einem Gedenkgottesdienst im westfälischen Haltern teil. Im Anschluss sprach er mit Angehörigen und Mitschülern der Opfer. Er sicherte den Hinterbliebenen Beistand zu, wo immer staatliche Stellen diesen leisten könnten. „Wir können nicht alles Leid heilen. Aber wir haben Arme, Hände und Herzen, mit denen wir helfen können, indem wir den Trauernden zur Seite stehen, Solidarität zeigen und Trost spenden können“, betonte Gauck.

Die Bergungsarbeiten, die am Freitag bereits den vierten Tag andauerten, können sich in dem unwegsamen Gelände noch länger hinziehen. Besondere Aufmerksamkeit gilt nach wie vor der Suche nach dem zweiten Flugschreiber, der weitere Erkenntnisse zum Geschehen im Cockpit liefern könnte. Sicherheitskräfte versuchen nun, einen Fußweg zum Unglücksort zu ebnen, um weniger auf die bisher eingesetzten Helikopter angewiesen zu sein.

Entschädigungszahlungen trägt ein Versicherungskonsortium

Der Bürgermeister von Seyne-les-Alpes berichtete am Freitag über die Bergungsarbeiten und die Trauerfeier, die am Donnerstag in dem kleinen Ort in den Alpen stattgefunden hatte. Laut Francis Hermitte haben 250 Familienangehörige daran teilgenommen, Repräsentanten aller großen Religionen waren anwesend, um Trost zu spenden. Die meisten Familien seien bereits wieder nach Hause gefahren.

Auf den Lufthansa-Konzern kommen nach Einschätzung von Luftfahrtexperten Entschädigungszahlungen in beträchtlicher Höhe zu. „Die Lufthansa haftet unbegrenzt“, sagte Wolf Müller-Rostin, früher Justitiar bei der Lufthansa, heute Privatdozent für Luftverkehrsrecht. „Das gilt auch für Fälle, in denen Piloten vorsätzlich das Flugzeug zum Absturz bringen.“ Die Entschädigungen dürften sich – je nach Einzelfall – zwischen mehreren zehntausend Euro und mehreren hunderttausend Euro pro Person bewegen, schätzt Holger Hopperdietzel, der in Wiesbaden eine auf Luftverkehrsrecht spezialisierte Kanzlei betreibt. Als erste Hilfe zahlt die Lufthansa den Hinterbliebenen eine Entschädigung von bis zu 50 000 Euro pro Passagier. Da die Lufthansa aber versichert ist, wird nicht der Konzern die Entschädigungszahlungen tragen, sondern ein Versicherungskonsortium, das von der Allianz angeführt wird.

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