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Staatsfeinde im Staatsdienst. Sicherheitsbehörden und Bundeswehr haben ein Dauerproblem mit rechtsextremen Mitarbeitern. Bundesinnenministerin Faeser stellte am Freitag dazu einen Lagebericht vor

© Britta Pedersen/dpa

327 Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden: Die sehr kleine, aber sehr gefährliche Minderheit

Der Lagebericht des Verfassungsschutzes ist alarmierend. Die Innenministerin erhöht den Druck, doch ein schärferes Gesetz allein reicht nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Die Zahl der Fälle ist eher gering, und doch ist jeder einzelne ein Skandal. 327 Rechtsextremisten und Reichsbürger waren in der Zeit von Juli 2018 bis Juni 2021 Bedienstete in den Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr. Das ergibt das Lagebild des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), das Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Freitag vorgestellt hat.

327 Verfassungsfeinde sind im Verhältnis zu den 355.000 Männern und Frauen, die in Bund und Ländern für den Schutz der Bevölkerung zuständig sind, eine sehr kleine Minderheit. Aber eine sehr gefährliche.

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Polizisten und Soldaten haben Zugang zu Waffen und Munition. Das Risiko, dass Fanatiker in den Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr ihr Wissen und ihre Fähigkeiten nutzen zum Kampf gegen die Demokratie, ist keinesfalls zu unterschätzen.

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In einer rechtsextremen Terrorgruppe, die 2020 aufflog, propagierte ein Mitarbeiter der Polizei im Internet den Einsatz von Dienstwaffen „gegen jedes Gesindel“. Solche Fälle beschädigen das notwendige Vertrauen der Bevölkerung in die Schutzorgane des Staates.

Es war überfällig, dass das BfV einen neuen Lagebericht vorlegt, der mehr Substanz hat als das erste Papier 2020 – und der Dimension des Problems näher kommt. Und es ist ein Glücksfall für die Demokratie, dass Faeser und BfV-Präsident Thomas Haldenwang das Thema engagiert anpacken.

Die Ministerin Faeser will noch 2022 einen Entwurf zur Änderung des Bundesdisziplinargesetzes vorlegen, um Verfassungsfeinde schneller aus einer Behörde entfernen zu können. Dass es derzeit Jahre dauern kann, bis ein Rechtsextremist die Polizei oder eine andere Sicherheitsbehörde verlassen muss, ist ein unhaltbarer Zustand. Und es ist auch nicht im Sinne von Bediensteten, die womöglich zu Unrecht beschuldigt werden, Extremist zu sein, und dann ewig warten müssen, bevor sie rehabilitiert werden.

Polizei und Nachrichtendienste müssen mehr tun

Ein schärferes Gesetz allein wird jedoch nicht reichen. Polizei, Nachrichtendienste, Zoll und Bundeswehr müssen von sich aus mehr tun, um Extremismus in ihren Reihen vorzubeugen.

Beim Bundeskriminalamt gibt es seit 2021 einen „Wertebeauftragten“, der bei den Beschäftigten die Resilienz gegen Extremismus und Diskriminierung stärken soll. Das ist ein Modell, das bundesweit Schule machen sollte. Gerade auch in Regionen, in denen die AfD mit hetzerischen Parolen große Teile der Bevölkerung erreicht und wohl auch die Köpfe vieler Polizisten vernebelt. Wie das wirkt, zeigt ein Blick auf Kandidatenlisten der AfD bei Landtagswahlen. Polizisten sind „gut“ vertreten.

Politik und Verfassungsschutz müssen am Thema Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden dran bleiben. Im nächsten Lagebericht wird zudem zu berichten sein, wieviele Coronaleugner in Polizei und anderem Staatsdienst tätig sind.

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