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Blick zur Uferpromenade von Eckernfördes Ortsteil Borby.

© imago images / imagebroker

Ostseebad Eckernförde: Am Ende bleibt die Küste

Leckerer Goldbutt, wortkarge Fischer und eine eingebildete Minna: Eckernförde macht Spaß - nicht nur am Strand

Was für ein quicklebendiges Städtchen! In der St.Nicolai-Straße reiht sich ein kleiner Laden an den nächsten; nicht die üblichen Ketten machen sich hier breit, sondern Besonderes ist ausgelegt, von handgestrickten Pullovern bis hin zu feinem Porzellan aus der Region. Die Lust zum Stöbern ist geweckt, nur leider strahlt die Sonne vom azurblauen Himmel. Jetzt möchte man doch lieber aufs Meer schauen.

Bitte öffnen. Wer in der Hochsaison in Eckernförde einen Strandkorb ergattert hat, kann sich glücklich schätzen.
Bitte öffnen. Wer in der Hochsaison in Eckernförde einen Strandkorb ergattert hat, kann sich glücklich schätzen.

© mauritius images / Edith Laue

Vier Kilometer lang ist der feinsandige Küstenabschnitt in Eckernförde. Etliche Strandkörbe stehen auch jetzt, zur Mittagszeit, noch verschlossen da. Einer dürfte doch zu mieten sein. „Leider nicht“, bedauert die Mitarbeiterin in der Touristeninformation, „alle Strandkörbe sind vergeben.“ Und morgen? „Kommen Sie um Viertel vor neun, dann sehen Sie schon die Schlange der Interessenten, dort können Sie sich einreihen.“

Strandkörbe frühzeitig vorbestellen in der Saison

Och nö. Da die Körbe auf dem feinen Sand in gehörigen Abständen verteilt sind, kann man das Liegetuch ja auch dazwischen ausbreiten. Nur hat man dann keinen Schatten, wie das Ehepaar aus Hamburg, das zufrieden in seinem Strandkorb sitzt. „Lange vorbestellt“, sagen sie und erzählen, dass sie jedes Jahr kommen. Früher seien sie in Scharbeutz gewesen, aber da sei „nun alles furchtbar zugebaut“. Und in Timmendorf gefiele ihnen das Publikum nicht. „Hier in Eckernförde stimmt alles“, strahlen sie. „Sogar Fischer gibt es noch, jeden Morgen verkaufen sie ihren Fang am Hafen.

Fischkutter im Hafen von Eckernförde. Morgens wird hier der Fang des Tages verkauft.
Fischkutter im Hafen von Eckernförde. Morgens wird hier der Fang des Tages verkauft.

© Hella Kaiser

Guter Tipp für den kommenden Tag. Tatsächlich haben einige von Möwen umschwirrte Boote unweit des trutzigen ehemaligen Getreidesilos festgemacht. Vor einem rot-weißen Schiffchen steht eine Tafel,

darauf mit Kreide geschrieben: „Lachsforelle, Goldbutt“. – „Haben Sie auch Dorsch?“, fragt ein Kunde. „Nee, dem ist es jetzt zu warm, der schwimmt zu weit draußen herum.“

Der Norden macht nicht viele Worte

Viele Fragen hätte man, doch „der Presse“ will der Fischer lieber keine beantworten. Vielleicht ist der Kollege im Nachbarboot gesprächiger. „Wie viele Fischer gibt’s denn hier noch?“ – „Hab’ ich nicht gezählt“, sagt der wohl Siebzigjährige, brummelt dann aber noch: „Vielleicht zehn.“ Lohnt sich die Arbeit, das Rausfahren aufs Meer in aller Herrgottsfrühe? „Muss sich nicht lohnen, wir machen das nur nebenbei.“

Der Norden macht wenig Worte. Auch in dem bodenständigen Lokal Methmann’s, wo es mittags einfache Fischgerichte zu günstigen Preisen gibt. Man sucht es sich am Tresen aus, geht dann zur Kasse und bezahlt. „Das Essen wird an den Tisch gebracht“, heißt es. „Ich setz’ mich draußen hin und kann den Teller gleich mitnehmen“, bietet eine Kundin an. Der Chef schaut streng und sagt: „Wird gebracht.“ Im Norden gelten Regeln, und man hält sich besser daran.

Ein Pfeifchen in Ehren. Dieser Holzkapitän sitzt im Fischerkiez von Eckernförde.
Ein Pfeifchen in Ehren. Dieser Holzkapitän sitzt im Fischerkiez von Eckernförde.

© Hella Kaiser

Auf Eckernförde fiel im Zweiten Weltkrieg kaum eine Bombe, die Stadt blieb weitgehend intakt. Bis die 60er, 70er Jahre kamen – und mit ihnen die Modernisierungen. Dabei finden sich zwischen Bausünden immer noch Häuser mit überraschenden Jugendstilfassaden, manches ist aus ehrwürdigem Backstein gebaut, wie etwa die Alte Post, in der es allerdings keine Briefmarken mehr gibt, sondern internationale Küche. Abseits der geraden Fußgängerzone kann man sich in krummen Gassen verlieren, gesäumt von niedrigen Fischerhäusern.

Die Kieler Sprotten kommen aus Eckernförde

Im kleinen Museum, das partout nicht Heimatmuseum genannt werden will, erfährt man viel über die Geschichte der Region. Zahlreiche Blumenbilder von Max Streckenbach sind zu bewundern, der 1863 im Ort geboren wurde und dessen Werke sogar auf der Titelseite des US-amerikanischen Magazins „Better Homes and Gardens“ abgedruckt wurden.

Hier werden Wissenslücken korrigiert, die besonders bei Touristen klaffen, die nicht aus Schleswig-Holstein kommen. Die Kieler Sprotten nämlich kamen im 19. Jahrhundert aus Eckernförde und erhielten ihren falschen Namen nur, weil die Kisten am Kieler Bahnhof ihren Frachtstempel bekamen. In der Region wussten natürlich alle, was Sache war: „In Eckernför, dor hebbt se’t rut, ut Sülver Gold to maken.“ Mit anderen Worten: Die silbernen Fischlein erhielten durch das Räuchern ihre goldene Farbe.

1833 fuhren die Leute lieber nach Borby

Am Hafen führt eine Brücke hinüber nach Borby. 1934 wurde der Ortsteil vom NS-Bürgermeister Eckernfördes eingemeindet. „Borby war rot, Eckernförde braun“, erklärt Stadtführerin Ilse Rathjen-Couscherung, Dabei war Borby lange zuvor the place to be, seit 1833 ein Seebad, das älteste von Schleswig-Holstein. Kein Urlauber habe sich damals für Eckernförde interessiert, denn Borby hatte eine Warmbadeanstalt und Badeflöße. Niemand legte sich damals an einen Strand.

Nur drei andere Interessierte haben sich für die abendliche Führung durch Borby angemeldet. Und erfahren etwa vom brutalen Überfall der Nazis auf das Gewerkschaftshaus am sogenannten Deutschen Tag im Juli 1932. Ein Gedenkstein erinnert an die Opfer. Er steht auf jenem Hügel, von dem aus man „den besten Blick auf Eckernförde“ hat, wie Rathjen-Couscherung leicht zögernd sagt. Schließlich soll es jetzt einzig und allein um Borby gehen.

Nahe dem Aussichtspunkt steht eine gediegene alte Villa. Der einstige Besitzer hatte sich hier im 19. Jahrhundert vor allen anderen Hausbesitzern Wasserleitungen legen lassen. Darauf habe sich die Tochter des Hauses, Minna Dose, so viel eingebildet, dass sie fortan Minna von Dosée genannt werden wollte.

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