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Abends fahren die Fischer hinaus auf den Bengalischen Golf.

© Lippitz

Ngapali in Myanmar: Der schönste Strand Asiens

Thailand? Philippinen? Von wegen. Der schönste Strand des Kontinents liegt in Myanmar. Eine Lektion im süßen Nichtstun am Bengalischen Golf.

You need driver – brauchen Sie einen Fahrer? Der junge Mann am Bootsverleih des Bayview Beach Resort schiebt lässig den Katamaran in die Andamanische See.

Für den jungen Burmesen mit dem blauen Poloshirt ist es eine rhetorische Frage. Er ist mit dem Meer aufgewachsen, für ihn gehört es zu den Selbstverständlichkeiten des Lebens, ein Boot durch die Bucht von Ngapali zu lotsen. Als Gast des Resorts ist man ein zahlender Loser. Keine Ahnung, wie man so ein Gefährt steuert, ein Stück den Golf von Bengalen hinein und vor allem wieder zurück.

„Ja, bitte, einen Fahrer“, auch wenn die Wellen nur sanft schaukeln. Also setzt der Mann seinen Strohhut auf, steckt sich eine Betelnuss in den Mund, zerkaut sie, bis der Mund vom Saft blutig rot glänzt, und fährt hinaus auf das Meer.

Tapetenkitsch als Arbeitsplatz

Für ihn ist der Anblick Alltag: der schneeweiße Sand, die kräftig grünen Palmenhaine, der azurblaue Himmel. Schlafzimmertapetenkitsch als Arbeitsplatz. Der Katamaran gleitet über das badewannenwarme Wasser, Sandgold, Seetürkis und Himmelblau bilden vom Meer aus ein spektakuläres Farbenpanorama.

Die Brise bläst den Kopf frei, Salzwasser spritzt auf das T-Shirt, kaum ein anderes Boot ist an diesem Nachmittag unterwegs.

Mingalabar - Guten Tag! Der Katamaranlenker von Ngapali.
Mingalabar - Guten Tag! Der Katamaranlenker von Ngapali.

© Lippitz

Die Touristen, die Briten, Italiener und Deutschen, die jedes Jahr mehr werden, staunen über dieses Paradies. Myanmar ist im Westen für seine Jahrtausende alten Pagoden bekannt, in der Ruinenstadt Bagan und in der Fünf-Millionen-Metropole Yangon strecken sie sich in den Himmel.

Dass es in dem südostasiatischen Land traumhafte Strände gibt, haben Urlauber erst kürzlich entdeckt.

"The Lady"

Das hat verschiedene Gründe. Zu unsicher war lange die politische Lage, in Myanmar herrschte bis vor fünf Jahren eine Militärdiktatur. Das Land schottete sich ab.

Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die Ausländer der Einfachheit halber lieber „The Lady“ nennen, stand 15 Jahre unter Hausarrest, bis die Junta 2010 das Urteil aufhob. Hinzu kamen ethnische Unruhen im nördlichen Rakhaing-Bundesstaat, in dessen südlichen Zipfel Ngapali liegt.

Touristen entdecken die Bucht

Am Abend kommen die Jugendlichen an den Strand, um Fußball zu spielen.
Am Abend kommen die Jugendlichen an den Strand, um Fußball zu spielen.

© Lippitz

Zu gut ausgebaut war auch die Infrastruktur im Nachbarland Thailand, wo Hotels erstklassigen Service zu günstigen Preisen anbieten. Um die Bucht am Golf von Bengalen zu erreichen, brauchten Reisende außerdem Geduld.

Mit dem Bus oder Auto aus dem Landesinneren nach Ngapali zu gelangen, etwa 380 Kilometer sind es bis in die ehemalige Hauptstadt Yangon, dauerte manchmal länger als der Interkontinentalflug ins Land hinein.

Tripadvisor kürt ihn zum Besten

Inzwischen öffnet sich der Staat, Rakhaing gilt als befriedet, und der Tourismus wird zu einer Schlüsselindustrie der Region. Am winzigen Flughafen von Thandwe landen täglich kleine Maschinen aus Bagan und Yangon, und Ngapali ist plötzlich als „schönster Strand Asiens“ heißbegehrt.

Diesen Superlativ verlieh der Bucht das viel gelesene Internetportal Tripadvisor – und hat Ngapali damit auf die internationale Liste der Sehnsuchtsorte gesetzt.

Das Zen-Gefühl

Der Katamaranlenker hat davon nichts mitbekommen. Er sitzt seelenruhig am Steuer, ein paar Brocken Englisch spuckt er zwischen der roten Paste aus - weiter raus?, zurück?, Achtung! - und wundert sich vermutlich, was die Bleichhäutigen an diesem Flecken so besonders finden. Ganz einfach: das Zen-Gefühl. Die abgeschiedene Lage, der vielleicht trügerische Gedanke, ein authentisches Stück Asien in einem komfortablen Strandurlaub zu finden.

Selbst wenn Hunderte Touristen an der Bucht logieren, ist es erstaunlich ruhig am Strand. Den Horizont entstellt kein vorbeirasendes Banana-Boot, niemand fährt Wasserski, keine fliegenden Händler preisen Nippes an.

Die Horizontale ausloten

Lediglich einheimische Frauen zischen ihr „Ts, ts“, wenn sie an dösenden Touristen vorüber schlendern, Betelpaste als Sonnenschutz im Gesicht, Körbe auf dem Kopf, in ihnen frisches Obst, das sie blitzschnell aufschneiden und an die Sonnenbadenden verkaufen. Um die beste Horizontale auszuloten, haben die Faulenzer viel Platz. Die Bucht von Ngapali ist ein sieben Kilometer langer und bei Ebbe etwa 50 Meter weiter Strandstreifen, der sich sichelförmig ins Land schmiegt.

Beinahe die gesamte Strecke entlang liegen Resorts, keines höher als zwei, drei Etagen. Die Sicht darf nicht verschandelt werden, hat die Regionalregierung angeordnet. Die Höhe der Palmen gilt als Obergrenze für Bauten.

Kein zweites Pattaya

Die größte Befürchtung der Einheimischen ist, dass man wie Pattaya in Thailand werden könnte: ein Bummsfallera- Ziel mit Betonburgen und Unterhaltungsindustrie.

Das haben Befragungen für eine Studie der University of Kent herausgefunden, die vergangenes Jahr die Tourismusentwicklung in Ngapali untersucht hat und auch die Urlauber statistisch erfasste.

Das Ergebnis: Die meisten ausländischen Reisenden sind über 50 Jahre alt – und würden bei einem weiteren Ausbau der Küste wegbleiben. Niemand teilt sein Paradies gern.

Rucksäcke unerwünscht

Deshalb wurde ein Baustopp für weitere Projekte verhängt, sagt Daniel Mista, der Manager im Bayview Beach Resort. Der junge Deutsche ist erst seit einigen Monaten vor Ort, das Hotel gibt es schon seit fast 20 Jahren. In die Bungalows mit Meerblick ziehen im Winter viele Menschen ein, denen Thailand zu trubelig geworden ist. Um diese Klientel zu halten, gibt es kaum Unterkünfte für Rucksackreisende. Wer nach Ngapali kommt, muss in einem der Mittel- oder Hochklassehotels absteigen. Die sind wegen der begrenzten Kapazitäten teurer als Hotels im touristisch erschlossenen Nachbarland.

Villa mit Wifi

Unter 50 Euro im Doppelzimmer ist fast nichts zu bekommen – auf manchen thailändischen Inseln gibt es dafür voll ausgestattete Strandhütten mit WLAN.

Dafür klafft die Preisspanne nach oben nicht weit auseinander. Mit Glück findet man in Ngapali für 100 Euro bereits ein Zimmer in einem Vier-Sterne-Resort inklusive Süßwasserpool, Frühstück und Klimaanlage.

Flußfahrten und Cocktails

Sonnenuntergang und das Versprechen, wiederzukommen.
Sonnenuntergang und das Versprechen, wiederzukommen.

© Lippitz

Die Ngapali-Insider wissen, dass es hier erfrischend wenig zu tun gibt. Am Strand abschalten, Kokossaft schlürfen, sich im Meer abkühlen, gegrillten Fisch essen, und nach 22 Uhr ist Totentanz.

Die Seite eines Buches umschlagen? Uff, das ist einfach zu anstrengend. Lieber die Strandstarre perfektionieren. Bloß nicht zu viel bewegen, immer schön ausruhen. Ja, es gibt Tagestauchtouren auf vorgelagerte Inseln – aber die Unterwasserfauna ist in Thailand vielfältiger. Daniel Mista bietet Gästen Bootsfahrten an, das Delta des Thandwe-Fluss hinauf, vier Stunden in einem Fischerkahn entlang gezackter Felsformationen und sanfter Schilfwiesen bis ins 15 000-Einwohner-Städtchen Thandwe.

Sich selbst genug sein

Dort gibt es einen Markt und Kolonialbauten der Briten, die in Sandoway, so der englische Name, das Empire vertraten. Doch nur wenige Reisende erwägen diese Tour ins Umland überhaupt, gibt der Hotelier zu.

Lokalkolorit holen sie sich lieber an den Tempeln von Bagan und im Kolonialviertel von Yangon. Ngapali heißt: keine Shops, keine Wahrzeichen drumherum, einfach nur sich selbst genug sein unter knallheißer Sonne. Bei Temperaturen um die 30 Grad am Meer herumzuliegen, dafür haben die Einheimischen keine Zeit. Erst abends, wenn die Sonne dramatisch im Meer untergeht, kommen die Kinder ans Wasser, um Fußball zu spielen und mit ihren Eltern auf ausgebreiteten Tüchern zu essen. „Mingalabar“ rufen sie den Passanten zu – Guten Abend!

Premier League zu Myanmar Beer

Das Wort hören die Urlauber auch, wenn sie ihre Resorts verlassen und auf die andere Seite der Küstenstraße wechseln. In offenen Bierbars verfolgen die Fischer abends die Spiele der englischen Premier League auf einem Fernseher und trinken dazu ein „Myanmar Beer“.

Nebenan bieten Restaurants, die „Best One“ oder „Best Friend“ heißen, frischen Fisch in Currysauce an. Den Sonnenuntergang läutet man mit einem Cocktail am Südende der Bucht ein, wo die Bar „Pleasant View“ auf einem Felsvorsprung gebaut wurde. Bei Flut muss man knietief durch das Wasser waten, bis man sich sein Getränk verdient hat.

Buddhastatue als Schutz vor dem Tsunami

Oder man fährt quer durch das Fischerdorf Ngapali. Am Ende des Dorfes, auf einer Landzunge gelegen, hat dieses Jahr das „Lighthouse“ aufgemacht – eine großspurige Umschreibung für eine Panoramaplattform, auf der Drinks serviert werden.

Linkerhand wacht eine turmhohe Buddhastatue, die nach dem Tsunami 2004 errichtet wurde, der hier zum Glück kaum Schaden anrichtete. Unterhalb des Felsens vom „Lighthouse“ tuckern die Fischer in ihren Booten vorbei. Der Geruch verrät, dass sie Erfolg hatten.

Modell Seychellen Plus

Bei einem Gin & Tonic lässt sich herrlich sinnieren, wie lange die Bucht noch ein relativ unberührtes Dasein führen wird. Die Einheimischen hoffen auf bessere Flugverbindungen, mehr Arbeitsmöglichkeiten und ein wenig Wohlstand.

In der Studie der University of Kent heißt es, Ngapali strebe ein „Seychellen Plus“-Modell an: einen ausgesuchten Tourismus für Besserverdienende, mit stärkeren Umweltkontrollen und größerer Einbindung lokaler Arbeitskräfte. Das Ziel bleibt dasselbe wie das heutiger Urlauber: das süße Nichtstun.

REISETIPPS FÜR NGAPALI

UNTERKUNFT

Hauptreisezeit ist von November bis März. Im familienfreundlichen „Bayview Beach

Resort“ gibt es Doppelzimmer ab 95 Euro pro Nacht inklusive Frühstück. Etwas schicker ist das „Sandoway Resort“ – ab 115 Euro pro Nacht, wenn man rechtzeitig bucht. Beide Hotels haben vier Sterne und verfügen über exzellente Restaurants mit Strandblick.

EINREISE
Für Myanmar brauchen Reisende aus Deutschland ein Visum, das sie elektronisch anfordern können. Kosten: 50 US-Dollar. Die Adresse lautet www.evisa.moip.gov.mm

ANREISE
Von Europa aus fliegt keine Airline direkt nach Myanmar. Von Berlin aus empfiehlt

sich ein Flug über Bangkok nach Yangon (mit Etihad z.B. ab 600 Euro). Inlandsflüge nach Thandwe/Ngapali können oftmals nicht online gebucht werden. Am besten über einen Fachreiseveranstalter anfragen. In Deutschland ist Indochina Services in München auf Myanmar-Reisen spezialisiert (Tel. 089-219 09 86 60, info@is-eu.com).

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