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Die Arte-Dokumentation zeigt die Liebesgeschichten, die das deutsch-französische Kino geschrieben hat, wie die zwischen Marlene Dietrich und Jean Gabin.

© Arte

Zwischen Babelsberg und Paris: Deutsch-französische Kinobeziehungen

Eine zweiteilige Arte-Dokumentation untersucht die deutsch-französischen Kinobeziehungen, bei denen es sich mitunter zugleich um Liebesbeziehungen handelt.

Martina Gedeck war gut beraten, als sie im Berliner Maison de France für die französische Version ihres Films „Die Wand“ ein paar Unterrichtsstunden nahm. Aber auch Isabelle Huppert, derweil der am meisten gefragte französische Film- und Bühnenstar, versuchte anlässlich einer Preisverleihung ein paar Sätze auf Deutsch, etwas mühsam, die Gäste waren gerührt. Im Jahr 1955 applaudierten Arbeiterinnen eines Ost-Berliner volkseigenen Betriebes dagegen begeistert dem jungen Yves Montand, der gerade mit seiner Partnerin Simone Signoret bei der Defa „Die Hexen von Salem“ drehte und gern der Aufforderung nachkam, den Werktätigen einen Freundschaftsbesuch abzustatten. Er sang französisch, aber die Sprache der Liebe versteht ja jedermann, besonders wenn man wie Montand toll die Beine schwenkt.
Diese mitreißende Szene bildet den Schlusspunkt der groß angelegten Doku „Cinékino – Kinospaziergänge zwischen Deutschland und Frankreich“, die hier endlich bei denen ankommt, für die das Kino da ist: dem Publikum. Zuvor war man in zweimal 52 Minuten und auf sehr verschlungenen Pfaden durch die Filmgeschichte immer unter sich geblieben: bei den Schauspielern und Regisseuren, bei ihren Reisen, vorzugsweise solchen nach Paris, aber auch zu den gut ausgerüsteten Studios in Babelsberg.

Liebe und Geschäft

Ist von Paris die Rede, dann fast immer zugleich von Liebe, sei es nun die von Romy Schneider zu Alain Delon oder die von Marlene Dietrich zu Jean Gabin, wenn von Babelsberg, dann von Geschäften. Fans lieben solche Stargeschichten, und sie bekommen sie auf dem von den Autoren Rainer Rother und Matthias Luthard eingeschlagenen, von Jean Ollé-Laprune und Laurent Heynemann mit bewundernswerter Akribie in Szene gesetzten Spazierwegen reichlich zu hören. Eine Flut von Zitaten breitet sich aus, kluge Kommentare erhöhen den Wissensstand, doch was fehlt sind Fragen, die zum Mitdenken herausfordern.

Einmal stutzt der Zuschauer doch, als Volker Schlöndorff, zweifelsfrei der Doyen unter den frankophilen Cineasten der Bundesrepublik, erzählt, dass die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden 1960 seinem Kurzfilmdebüt „Wen kümmert’s?“ die Zulassung verweigerte, weil Deutsche sich nicht in französische Dinge einzumischen hätten. Es geht um die Flucht eines Soldaten aus dem schmutzigen Krieg in Algerien. Öffnet sich da nicht einen Spalt breit der Blick auf eine Gemengelage aus Animositäten, Vorurteilen und gegenseitiger Konkurrenz? Die beharrliche Ablehnung deutscher Filme für das Festival in Cannes spricht Bände, die Jahr für Jahr gute Präsenz französischer Beiträge auf der Berlinale dagegen, so scheint es, wohl von unerwiderter Liebe.

Zu beleuchten gibt es einiges: Was sucht das deutsche Publikum in den oft leichtgewichtigen Filmen des Nachbarn, das es in den deutschen Problemfilmen nicht findet? Was aber zieht umgekehrt französische Autoren, Regisseure und Produzenten hartnäckig zu deutschen Stoffen hin? Nach dem Anderen bleibt viel noch zu fragen. Hans-Jörg Rother

„Cinékino – Kinospaziergänge zwischen Frankreich und Deutschland“. Arte, Teil 1: Mittwoch, 21 Uhr 35, Teil 2: 24. Februar, 22 Uhr 15

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