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CIA trifft BND: Jack Ryan (John Krasinski) ist sich nicht sicher, ob er Harriet Baumann (Noomi Rapace) wirklich vertrauen sollte.

© Sophie Mutevelian/Amazon Prime

Zweite Staffel von „Tom Clancy’s Jack Ryan“: Der amerikanische Bond

„Tom Clancy’s Jack Ryan“ ist die patriotischste US-Serie. Die Bedrohung kommt diesmal aus Venezuela. Auch der deutsche BND spielt eine Rolle.

„Von welchen Ländern geht die größte Bedrohung für die USA aus?“, will CIA-Analyst Jack Ryan im Hauptquartier des US-Geheimdienstes in Langley von den im Saal versammelten angehenden Agenten wissen. Russland, China, Nordkorea lauten die vorhersehbaren Antworten, mit denen sich Ryan nicht zufriedengibt. „Was ist mit Venezuela?“, will er in der neuen Staffel der Serie „Tom Clancy’s Jack Ryan“ vom Agentennachwuchs wissen. Obwohl das Land über die größten Öl- und Goldvorräte verfüge, habe die Armut unter dem derzeitigen Präsidenten explosionsartig zugenommen. Venezuela drohe wie Jemen, Irak und Syrien zu einem „Failed State“ zu werden, also zu einem gescheiterten Staat, der anfällig für eine heimliche Übernahme durch solche Länder wie eben Russland oder China wird. Und wenn es diesen gelingt, in Venezuela Atomraketen der neuesten Generation zu stationieren, werde das Überleben der USA bedroht. Um nichts weniger geht es in der neuen Staffel der Serie, die an diesem Freitag bei Amazon Prime Video startet.

Wie bereits in der ersten Staffel vor einem Jahr, in der Jack Ryan einen islamistischen Terroranschlag verhinderte, wird der ehemalige Finanzanalyst in vorderster Front darum kämpfen, dass Amerika weiter das „Land of the Free“ bleibt. Es gibt wohl kaum eine andere Streaming-Serie, die so patriotisch ist wie „Tom Clancy’s Jack Ryan“. Und das will etwas heißen, wo doch mit Amazon Prime und Netflix die beiden bedeutendsten Streamingdienste aus den USA stammen.

Held wider Willen

Vor 35 Jahren schickte der 2013 gestorbene Erfolgsautor Tom Clancy den CIA-Außenagenten wider Willen zum ersten Mal in den Kampf um die Freiheit der USA. In „Jagd auf Roter Oktober“ – verfilmt mit Alec Baldwin als Jack Ryan und Sean Connery als russischem U-Boot-Kapitän – stand der Kampf um Amerikas Freiheit noch im Zeichen des Kalten Krieges, später kamen andere Krisenherde und Bedrohungen wie der US-Krieg gegen Drogen aus Südamerika oder der Wirtschaftskrieg gegen Japan hinzu. Vier Romane wurden verfilmt, seit 2018 finden Jack Ryans Kämpfe in Serie statt. Ob es tatsächlich eine militärische Bedrohung der USA durch Venezuela geben könnte, sollte nicht überbewertet werden. Dass die politische Lage in dem südamerikanischen Land fragil ist, ist allerdings sicher. Der Machtkampf zwischen Staatschef Nicolás Maduro und dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó lähmt das Land. Demonstrationen wurden blutig niedergeschlagen. Noch kann sich Maduro auf das Militär stützen, obwohl auch dort Guaidó stärker wird.

Gewisse Ähnlichkeiten zwischen Realität und Fiktion dürften nicht ganz zufällig sein. Der in der Serie amtierende Präsident Reyes (Jordi Mollà) heißt mit Vornamen ebenfalls Nicolás, seine rechte Hand ist der Armee-General Ubarri (Francisco Denis). Die Harmonie zwischen den beiden seit Kindertagen befreundeten Männern hat indes Risse bekommen. Reyes muss zudem die anstehende Wiederwahl fürchten. Die Chancen seiner Herausforderin Gloria Bonalde (Cristina Umaña) sind gut, zumal sie sich in ihrem Kampf gegen das korrupte Regime auf Venezuelas Freiheitskämpfer Simón Bolivar berufen kann.

Erschüttert: Jack Ryan (John Krasinski) musste zusehen, wie sein Freund, Senator Jaime Moreno, bei einem Attentat ums Leben kam.
Erschüttert: Jack Ryan (John Krasinski) musste zusehen, wie sein Freund, Senator Jaime Moreno, bei einem Attentat ums Leben kam.

© Amazon Prime Video

Jack Ryans Kampf verfolgt in Venezuela indes nicht nur staatstragende Ziele. Sein Freund, der US-Senator Jamie Moreno, wurde bei einem hinterhältigen Attentat vor Ryans Augen ermordet, nachdem der Politiker Staatschef Reyes vor den Konsequenzen eines russischen Waffendeals gewarnt hatte. Dass Jack Ryan inzwischen einen Bart trägt, ist durchaus symbolisch zu sehen, wie Schauspieler John Krasinski erklärt. Das mache die Veränderungen seiner Figur sichtbar. „In der ersten Staffel dachte Jack noch stark in Kategorien wie richtig und falsch. Erst am Ende erkannte er, wie viel Schattierungen es dazwischen gibt. In der zweiten Staffel ist er bereit, Sachen zu tun, von denen er nie angenommen hätte, sie tun zu können. Dazu gehört, nun härtere Entscheidungen zu treffen“, sagte er. Seine Rache muss er jedoch zunächst hintanstellen.

An Action mangelt es freilich nicht. Bei den geheimen Kommandoaktionen in Venezuelas Dschungel wird scharf geschossen. Überhaupt darf man von einem Jack Ryan keine allzu US-kritische Haltung erwarten – was offenbar auch für die Schauspieler selbst gilt. „Wenn sie sich entscheiden, ihr Leben aufs Spiel zu setzen für ihr Land, dann entspricht das meiner Definition eines Helden“, sagt Krasinski über seine Figur. „Das versuche ich in meinen Jack Ryan einzubringen, der ein Charakter mit einem großen moralischen Kompass ist“. Und auch Michael Kelly – der in „House of Cards“ Francis Underwoods Stabschef Doug Stamper spielte und nun den CIA-Stationschef in Caracas verkörpert – lässt auf die CIA-Agenten nichts kommen. „Sie machen eine unglaubliche Arbeit für das Land. Wir schulden den Leuten viel. Die Menschen, die für CIA und FBI arbeiten, könnten im Privatsektor viel mehr Geld verdienen. Aber sie entscheiden sich, zu dienen und das zu tun, was moralisch richtig ist.“

Vom KSK-Soldaten zum Killer

Eine besondere Rolle spielen zwei deutsche Figuren. Tom Wlaschiha („Game of Thrones“) spielt einen ehemaligen deutschen KSK-Elitesoldaten, der zum gekauften Mörder wird. Auf das Konto von Max Schenkel geht der Tod von Senator Moreno. Wlaschiha reizte an der Figur besonders, dass Schenkel wie ein Chamäleon verschiedene Charaktere annimmt. „Was Besseres gibt es als Schauspieler nicht“, sagt er. Mit Jack Ryan als Held wider Willen und seinem differenziert gezeichneten Gegenspieler ist die Serie für ihn sogar „der interessantere Bond“. Dass es sich bei dem Attentäter um einen Deutschen handelt, sei eher ein Nebeneffekt und keine Wiederauflage des Bildes vom bösen Deutschen.

Ein geheimes Kommando-Unternehmen führt in den Dschungel von Venezuela.
Ein geheimes Kommando-Unternehmen führt in den Dschungel von Venezuela.

© Amazon Prime Video

Dafür sorgt auch Harriet Baumann, die mit Schenkel früher KSK-Soldatin war und nun für den BND arbeitet. Sie hilft Jack Ryan, wobei der CIA-Mann nicht genau weiß, ob er ihr wirklich trauen sollte. Harriet Baumann wird von Noomi Rapace dargestellt, die sich als Lisbeth Salander in der „Millennium-Trilogie“ einen Namen machte. Gewisse Ähnlichkeiten zwischen den beiden Figuren sind nicht von der Hand zu weisen, beide müssen sie sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten. „Ich liebe die Risse in der Figur von Harriet Baumann. Auch wenn das vorher nicht im Drehbuch stand, bringe ich das rein“, sagt sie. Bei aller patriotischen Grundhaltung machen die Brüche in den Figuren, aber auch die Action die Serie sehenswert. Eine dritte Staffel ist bereits beschlossen.

„Tom Clancy’s Jack Ryan“ Staffel zwei, Amazon Prime Video, acht Folgen, ab Freitag

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