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Sascha Lobo auf der re:publica 22

© Jan Michalko/re:publica

Zur Lage der Nation: Sascha Lobo erklärt auf der re:publica die Welt

Deutschland pennt beim Glasfaser, was aber treibt den Wandel von Wirtschaft, Gesellschaft und Kommunikation voran? Sascha Lobo beschwor auf der re:publica die Kraft und die Gefahren der Vernetzung.

Spannender kann es auch vor einer Regierungserklärung nicht sein. Zum Abschluss des ersten Tages der re:publica 22 kam am Mittwoch der Mann auf die Bühne Eins und erklärte die Welt, der die Welt in Talkshows, Büchern, Podcasts und Blogs in den vergangenen Jahren immer erklärt hat, wenn es galt, zwischen der Generation Z und der Erwachsenenwelt zu vermitteln: Sascha Lobo.

„Any Way the Wind Blows“ hatte Lobo seinen Vortrag genannt, die traditionelle Rede zur Lage der Nation, die aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reflektieren und dabei Medien, der Politik und dem Publikum auf die Finger schauen sollte. Eine re:publica ohne Sascha Lobo geht nicht. Der Internet-Erklärer ist wieder da.

Was kam? Eine Stunde im Parforce-Ritt. Ein großer Bogen zu dem, was da draußen gerade passiert. Vom Wandel oder auch Nicht-Wandel durch die Pandemie bis zum Überfall auf die Ukraine.

Anfangs eine Art intellektualisierte „heute-show“ mit kommentierten Zeitungsüberschriften zu den Fragen der Zeit dauerte es ein paar Minuten, bis Lobo zu seinem Lieblingsthema kam. Das ist auch in der Pandemie so geblieben: die gruselige digitale Infrastruktur. An der Tafel Deutschlands Durchdringung mit Glasfasern. Deprimierende Zahlen, wir kennen das. Deutschland auf hinteren Rängen, was Geschwindigkeit im Internet betrifft. Vor uns Griechenland oder Oman. Deutschland ist Kupferkabelland, Das überraschte nicht.

Antirationalismus, Antiliberalismus, Geschlechtshass

Positive Punkte daran fand der Redner wenig. „Vielleicht wurde Deutschland in seiner Sorgfalt und Gründlichkeit überrascht vom Bedarf an Glasfasern.“ So kann man es auch sehen.

Was also treibt die Wandel von Wirtschaft, Gesellschaft und Kommunikation voran? Lobo schlug Schneisen aus der Landschaftsarchitektur, führte Digitalisierung, Globalisierung und Moralisierung zusammen, beschwor die Kraft der Vernetzung, aber auch die Gefahr von Alexa, Chinas TikTok sowie Sozialen Medien als Gefühlsmaschinen, nicht ohne die Feinde des Wandels auf drei Nenner zu bringen: Antirationalismus, Antiliberalismus, Geschlechtshass, was sich als Transhass oder auch Toxic Wokeness äußern kann.

Puuh, wildes Denken, wilder Wind. Lobos Titel, Thesen, Temperamente, Zitate. Es wurden und werden beim Vortrag des Bloggers mit der Irokesenfrisur ungleich mehr Neuronen beim Zuhören bewegt als bei der Neujahrsansprache von Olaf Scholz.

Man würde das gerne mal in einem Buch nachverfolgen anstatt abends in einem vollbesetzten heißen Saal nach zehn Stunden re:publica. Nichtsdestotrotz, Lobo auf der Bühne, das war tatsächlich wieder originell, rauflustig, analytisch brillant. Die einfachste Botschaft an diesem Abend: Wahrnehmung von Fake News hängt auch vom Alter ab. Das versteht sich von selbst.

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Apropos Olaf Scholz. Lobos Schluss-Appell nach 60 Minuten an die Aktivisten auf der re.publica: Geht raus und setzt den Kanzler in Sachen digitaler Wandel unter Druck!

Nach zwei Jahren im pandemiebedingten Online-Exil kehrte Europas wichtigste Digitalkonferenz auch mit dem Auftritt des Internet- und damit Welterklärers nach Berlin zurück. An ihrem neuen Standort auf dem Gelände von Arena und Festsaal Kreuzberg finden bis Freitag 500 Vorträge und Diskussionsrunden statt. Und Sascha Lobo ist wieder in seinem Element. An ihm kann man sich abarbeiten.

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