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"Mei, ist halt das Internet!" Nicht nur die bayerische Polizeidienststelle zeigte wenig Interesse, Anzeigen wegen Internet-Straftaten entgegen zu nehmen.

© ZDF Magazin Royale

„ZDF Magazin Royale“ macht ernüchternden Praxistest: Internet-Strafverfolgung der Polizei offenbar verbesserungsfähig

Wie gut ermitteln die Behörden nach Hasskommentaren? Moderator Jan Böhmermann hat in seiner Sendung die Polizeiarbeit auf den Prüfstand gestellt.

Nach dem Mord am Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke und Anschlägen unter anderem in Halle und Hanau hatte die Politik der Hassrede im Internet den Kampf angesagt. Das Internet sei kein rechtsfreier Raum, hieß es. Aber offenbar ein rechtsdurchsetzungsfreier Raum, wie Jan Böhmermann am Freitagabend in der Sendung „ZDF Magazin Royale“ zeigte.

Im August 2021 wollten 16 Korrespondenten und Korrespondentinnen in Polizeidienststellen in den 16 Bundesländern – ohne Verweis auf die Sendung – Anzeigen zu sieben Internet-Straftaten stellen, darunter die Verwendung von Symbolen verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung und Aufruf zu Gewalttaten. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus.

„Haben Sie keine anderen Sorgen?“

In Sachsen, Sachsen-Anhalt („Haben Sie keine anderen Sorgen?“) und Brandenburg wurden die Anzeigen gar nicht erst aufgenommen. In Bremen streikte gerade das Computersystem und in anderen Bundesländern wurden die Ermittlungen erst aufgenommen, nachdem das ZDF-Magazin noch einmal offiziell nachhakte. Und in Bayern hieß es: "Mei, ist halt das Internet", bevor der Beamte auf die Verantwortung der Plattformen verwies.

[Auf der Seite tatütata.fail können die Ergebnisse der Recherchen im Detail angesehen werden]

Richtig erfolgreich war dann nur die Polizei in Baden-Württemberg, die den Täter im Hakenkreuzfall ermittelte, der dann zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Bis nach Berlin ist das nicht durchgedrungen, hier wird laut Böhmermann weiter ermittelt.

Doch während es in diesem Fall wenigstens ein positives Ergebnis gab, fiel der Praxistest bei den Straftaten auf Twitter (kein Ergebnis) und Facebook (es wurde wenigsten in einigen Bundesländern ermittelt, wenn auch ergebnislos) noch negativer aus.

Zwischen Berlin und Mainz gibt es dazu offenbar noch Klärungsbedarf. Nach Angaben einer Polizeisprechers habe die Berliner Polizei alle sieben Anzeigen angenommen und am selben Tag Strafermittlungsverfahren eröffnet. Die Verfahren habe der polizeiliche Staatsschutz geführt, sagte der Sprecher.

Bis zum 13. April dieses Jahres seien fünf Verfahren an die Generalstaatsanwaltschaft zur weiteren Entscheidung abgegeben worden. In den anderen beiden Fällen sei zu dem Zeitpunkt noch beim Staatsschutz ermittelt worden. Aktuellere Angaben lägen ihm nicht vor.

Magdeburg räumt Fehler ein, Ermittlungen in Bremen

Die Polizeiinspektion Magdeburg hat inzwischen Fehler eingeräumt. Nach bisherigen Erkenntnissen sei im Polizeirevier Magdeburg die Entgegennahme einer Strafanzeige seinerzeit unterblieben. Man befinde sich bereits in einer umfassenden Untersuchung des Sachverhalts, erklärte die Behörde.

Die Staatsanwaltschaft in Bremen hat dem ZDF-Magazin zufolge sogar Ermittlungen gegen die Polizeibehörde eingeleitet, wegen möglicher Strafvereitlung im Amt. Ein ähnliches Verfahren wurde auch in Sachsen eröffnet.

Doch es gibt auch positive Reaktionen. „In elf Minuten war alles erledigt. So einfach kann es gehen“, resümierten die Polizei-Tester vom „ZDF Magazin Royale“ die Arbeit der Polizei in Hessen. Dort sei mindestens ein Tatverdächtiger angeklagt worden. Die hessische Polizei sah sich bestätigt. „Spätestens seit dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke nehmen wir den Kampf gegen Hass und Hetze auch im Internet sehr ernst“, sagte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums. (mit dpa)

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