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Deutsche Weinstraße, Helmut Kohl, Urlaub an der Ostsee und im Allgäu. König Céphas Bansah vor seiner Kfz-Werkstatt in der deutschen Provinz.

© ZDF und Marcus Winterbauer

ZDF-Doku: Majestät im Blaumann

„Wenn du weiß sein willst, musst du nach Ghana gehen.“ Eine sehenswerte ZDF-Doku über Heimat, Zugehörigkeit und Rassismus.

Céphas Bansah lebt seit mehr als 50 Jahren in Deutschland. Er ist Kfz-Meister mit einer eigenen Firma in Ludwigshafen und König der Ewe, eines Volkes in Westafrika. So oft es geht, fährt er in seine alte Heimat Ghana, um den Menschen zu helfen.

Er und seine Frau Gabriele sammeln Spenden, bezahlen Operationen, bauen Brunnen und Brücken. Im Alter von 70 Jahren steht König Bansah immer noch in der Werkstatt. Er schraubt im Blaumann an Autos und zeigt sich gleichzeitig stolz in seinem üppigen, golden glänzenden Königs-Ornat, winkt auf deutschen Weinfesten freundlich dem Publikum zu. Ein unermüdlicher Kümmerer mit Sinn für Humor.

„Schau mal, wie schön Ludwigshafen ist“, sagt König Bansah im Auto zu seiner Tochter Katharina, während die Kamera schonungslos die umgebende Asphalt- und Betonwüste der Industriestadt am Rhein einfängt. Katharina, eine Künstlerin und Grafikerin, nennt ihn an einer Stelle des Dokumentarfilms „König Bansah und seine Tochter“ liebevoll „Quatschkopf“.

Regisseurin Agnes Lisa Wegner hat diesen eindrucksvollen Mann und seine ebenso kluge Tochter, eine Grafikerin und Künstlerin, in Ludwigshafen und bei einem Besuch in Ghana und Togo begleitet. Nicht die exotischen Klischees, die die Bilder zuweilen bedienen, stehen im Mittelpunkt, sondern der unvoreingenommene Blick auf das Leben eines Afrikaners, der mit zwei Kulturen jongliert, und seiner in Deutschland geborenen Tochter („König Bansah und seine Tochter“, Montag, ZDF, 0 Uhr).

Und es geht – hinschauend, zuhörend, nicht belehrend – um die damit verbundenen Fragen nach Heimat und Zugehörigkeit, um die Folgen von Kolonialismus und, leider, natürlich auch um den Rassismus der Gegenwart. Wegners Film, der im vergangenen Jahr bei den Hofer Filmtagen als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, wurde von der ZDF-Redaktion „Das Kleine Fernsehspiel“ koproduziert und läuft nun auf dem angestammten nächtlichen Sendeplatz, ist aber auch ein Jahr lang in der ZDF-Mediathek jederzeit abrufbar.

Das religiöse Ritual, bei dem auch die Kamera dabei sein darf

Katharina bedrückt das gesellschaftliche Klima, fühlt sich aufgrund ihrer Hautfarbe ausgegrenzt, als „Fremdkörper“. Obwohl sie doch Deutsche sei, mit dem „kompletten Programm“, wie sie sagt: Deutsche Weinstraße, Helmut Kohl, Urlaub an der Ostsee und im Allgäu. „Wenn du weiß sein willst, musst du nach Ghana gehen“, sagt ihr Bruder Caro trocken. Dort aber, darin sind sich die Geschwister einig, sei die Tatsache, dass man aufgrund der helleren Hautfarbe auffällt, nicht mit Rassismus verbunden.

Katharina reist dann tatsächlich mit ihrem Vater nach Ghana, wo sie wie Könige empfangen werden, wo Bansah und seine Frau im vollen Ornat Bittgesuche entgegennehmen, den Kontakt zu den Menschen suchen und stolz den Fortgang der Hilfsprojekte präsentieren. Vielleicht wird Katharina bald seine Nachfolgerin, zumal sie seine Arbeit schätzt und sich wohl fühlt.

Den traditionellen Glauben, den Voodoo, bezeichnet sie als ihre Kraftquelle. Das religiöse Ritual, bei dem auch die Kamera dabei sein darf, läuft dann natürlich nicht ganz so gruselig ab wie in „Angel Heart“.

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Was den Film auch auszeichnet, ist die behutsame, respektvolle Schilderung des Vater-Tochter-Verhältnisses. Manchmal fragt man sich allerdings, wie Katharina wohl über die Auftritte ihres kontaktfreudigen Vaters denkt, wenn er etwa als singendes Afrika-Klischee im ZDF-„Fernsehgarten“ tanzt. König Bansah nennt sich einen „alten Kurpfälzer“, trägt auch schon mal „Anton-aus-Tirol“-T-Shirts, gleichzeitig nutzt er seinen malerischen Königsstatus öffentlich selbstbewusst – offenkundig um Wohltaten für sein Volk zu ermöglichen.

„Ich bin Afrikaner, und ich weiß es genau"“, sagt er. In Ghana kann ihn auch mal der Zorn packen auf „den weißen Mann“ und das Erbe des Kolonialismus. Ihr afrikanischer Vater, sagt Katharina, ermögliche es ihr, Dinge aus anderen Perspektiven zu sehen. „Und das gibt mir Freiheit.“

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