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"Winnetous Weiber": Therapie auf indianisch

„Winnetous Weiber“ ist ein Film über und für Frauen. Blutsbrüderschaften und rauchende Colts findet man hingegen besser beim Original.

Winnetou hatte zu Lebzeiten eher wenig weibliche Unterstützung. Gut, da war Nscho-tschi, seine Schwester. Die verliebte sich allerdings schon in „Winnetou – Teil 1“ in Blutsbruder Old Shatterhand und wurde kurz darauf außerdem heimtückisch von Gangster Santer erschossen. Dann gab es noch Halbblut Apanatschi, 1966 verkörpert von Uschi Glas. Mit ihr wurde der Häuptling aber auch nicht glücklich, die Romanze verlief im Westernsand. Den Rest der Legende über blieb Winnetou unbeweibt. Und wenn man ehrlich ist: Den Karl-May-Adaptionen hat das nicht zwingend geschadet.

Die Handlung wurde in die Gegenwart verlegt

Die ARD sah das augenscheinlich anders, als sie „Winnetous Weiber“ verfilmen ließ. Der Name ist Programm, die Frauendichte dramatisch erhöht. Weil „Winnetou“-Filme zwar nostalgisch, aber auch sehr „old school“ sind, hat man die Handlung außerdem in die Gegenwart verlegt. „Winnetous Weiber“ ist kein Western, sondern handelt von fünf Frauen, die sich auf einen indianisch angehauchten Selbstfindungs- und Therapietrip durch die Ex-Drehkulissen im ehemaligen Jugoslawien begeben. Gefilmt wurde an den Originalschauplätzen der „Winnetou“-Filme, zum Beispiel in der Nähe der kroatischen Stadt Zadar. Die gute Nachricht: Die Landschaft ist immer noch so schön, wie der Zuschauer sie aus den sechziger Jahren kennt.

Maren (Nina Kronjäger) ist fanatischer Winnetou-Fan und hat jahrelang gespart, um mit Tochter Nora (Josephin Busch) an die Original-Drehorte reisen zu können. Nora, in den Endausläufern der Pubertät, hat aber keine Lust auf mütterliche Nähe. Mit dabei ist deshalb auch Marens beste Freundin Gabi (Floriane Daniel), steinreich, aber burnoutgefährdet und auch auf dem touristischen Kriegspfad nicht willens, das Smartphone eine Minute lang abzuschalten. Zu diesem explosiven Gespann gesellt sich Elisabeth zu Hallbach-Süren (Maren Kroymann), die die Asche ihres verstorbenen Gatten – ein heimlicher Karl-May-Fan – im Silbersee versenken will. Warum die Adlige aber ihre Assistentin Simone (Teresa Weißbach) mitgebracht hat, wird den gesamten Film über nicht wirklich klar.

Für Regisseur Dirk Regel birgt diese Konstellation genug Konfliktpotenzial, um die Damen jeweils mindestens eine Lebenslüge offenbaren zu lassen; nicht ohne obligatorische Stutenbissigkeit. Da outet sich jede auf ihre Art und Weise, egal, ob es um Geld oder Gefühl geht. In der Gesamtschau bleibt das alles aber arg durchschaubar. Und dennoch verstehen sich am Ende wieder (fast) alle. Diverse Kriegsbeile werden – in Frauen würdiger Harmonie – begraben. „Winnetous Weiber“, das ist deutlich zu merken, ist nicht nur ein Film über Frauen. Sondern vor allem zu hundertzehn Prozent auf sie ausgerichtet.

Wer bei „Winnetou“ allerdings an Blutsbrüderschaft und rauchende Revolver denkt, Saloon-Prügeleien oder im Morast erstickende Banditen erwartet, dem sei gesagt: Im Zweifel ohne Frauen. Im Zweifel für das Original. Tatjana Kerschbaumer

„Winnetous Weiber“, ARD, Samstag, 20 Uhr 15

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