zum Hauptinhalt
Dreamteam. Mr. Spock (Leonard Nimoy) und Captain Kirk (William Shatner).

© imago images/Mary Evans

William Shatner wird 90: Forever Captain Kirk

Unendliche Weiten, nicht endender Ruhm: Captain Kirk alias William Shatner wird am Montag 90. Eine Geburtstagswürdigung.

„Kapitän auf der Brücke, Kapitän auf der Brücke!“, schreit Sheldon aufgeregt, als Stargast William Shatner durch die Tür tritt. Klar, dass die Hauptfigur der Nerd-Sitcom „Big Bang Theory“ ein Star-Trek-Fan ist. Alle Weltraumfreaks sind das.

Die Sitcom-Episode stammt von 2019. Da ist es 50 Jahre her, dass „Raumschiff Enterprise“, wie die 1966 gestartete Science-Fiction-Serie „Star Trek“ auf Deutsch heißt, nach drei Staffeln mit miesen Quoten eingestampft wurde.

Nennen Sie mich Wissenschaftsoffizier

„Nennen Sie mich Wissenschaftsoffizier, bitte bitte“, fleht Sheldon in Erinnerung an den vom seligen Leonard Nimoy verkörperten Mister Spock, seines Zeichens Wissenschaftsoffizier an der Seite des von Shatner gespielten Captain Kirk.

Die kultische Verehrung von Kirk, dem impulsiven Draufgänger von der Erde, und Spock, dem kühlen Logiker vom Planeten Vulkan, rangiert in der Männerfreundschaften-Liste der Populärkultur gleichauf mit Ernie und Bert oder Winnetou und Old Shatterhand.

Ein Haufen Leute in schlecht sitzenden Star-Trek-Uniformen, unschwer als Trekkies auf einer Convention, einem Fantreffen, zu erkennen. Auftritt Captain Kirk alias William Shatner. „Wie viele Pferde halten Sie auf Ihrer Farm“, fragt ihn einer. „34“, sagt Shatner.

[Behalten Sie den Überblick: Jeden Morgen ab 6 Uhr berichten Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint über die aktuellsten Entwicklungen, auch rund um das Coronavirus. Jetzt kostenlos anmelden: checkpoint.tagesspiegel.de.]

„Ist das neue Fohlen da schon mit drin?“, bohrt der dreiste Fan weiter. „Die trächtige Stute hat schon gefohlt?“, fragt Shatner verdattert. Dann platzt ihm die Hutschnur. „Get a life!“ herrscht er seine Jünger an. Was so viel heißt wie: Schafft euch ein Leben an. Macht was Sinnvolleres als Science-Fiction-Darsteller zu stalken und Realität mit Fiktion zu verwechseln.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Mit dieser sehr komischen, wohl in den Achtzigern, als die Star-Trek-Kinofilme anliefen, von Fernsehkameras festgehaltenen Szene beginnt William Shatners Dokumentation „Get a life!“ (Amazon Prime). Der am 22. März 1931 als Kind jüdischer Immigranten in Montreal geborene Schauspieler betätigt sich ja auch als Regisseur, Autor, Produzent, Moderator und Musiker.

Zum Jubiläum eine Doku-Reihe im History Channel

Als angstfreier Sprechsänger ohne Musikalität, der immer eine Spur neben dem Arrangement liegt, fabriziert er seit den Sechzigern Alben. Auf das ironische Weihnachtsalbum „Shatner Claus“ von 2018, folgte vergangenen Oktober die Hommage „The Blues“, bei der Gäste wie Ritchie Blackmore und Brad Paisley mitmischen. Auch sonst absolviert William Shatner mit 90 Jahren fleißig Auftritte. Und der History Channel feiert den Jubilar mit der 16-teiligen Mumpitz-Doku-Reihe „The UnXplained mit William Shatner“.

Er habe hunderte von Conventions besucht, sinniert Shatner in „Get a life!“ und grübele immer noch: „Sind Trekkies besonders beschränkt oder besonders schlau?“ Gute Frage angesichts des rührenden Fan-Panoptikums, dem er 2012 auf einer Convention in Las Vegas mit 20 000 Besuchern nachspürt.

Erst nach der Wiederentdeckung kultisch verehrt

Und ein gewiefter Zug des studierten Wirtschaftswissenschaftlers, der schon in der Parodie „Free Enterprise!“ und Gesprächsdokus mit den anderen Kapitänen und Kapitäninnen des Star-Trek-Universums den eigenen Marken-Mythos ausgelotet hat. Das höchst seltene Phänomen, dass eine Serie erst vom Publikum wiederentdeckt und dann zum kultisch verehrten Dauerbrenner wird, dankbar anzunehmen – auch das ist sein Talent.

Der Schauspieler William Shatner hat sich auch als Regisseur, Autor, Produzent, Moderator und Musiker betätigt.
Der Schauspieler William Shatner hat sich auch als Regisseur, Autor, Produzent, Moderator und Musiker betätigt.

© Dan Peled/dpa

Shatners andere Serien-Hauptrollen wie „T. J. Hooker“ und Anwalt Denny Crane in „Boston Legal“ haben ihm zwar Emmys und Golden Globes eingebracht, aber nicht solche lebensprägenden Sätze, wie sie ihm die Trekkies in die Kamera sprechen: Wissen Sie eigentlich, dass ich durch Sie auf die Idee kam, Raumfahrtingenieurin zu werden? Wegen „Star Trek“ bin ich Pilot geworden. Der menschliche Führungsstil und Teamgeist der Star-Trek-Kapitäne haben mich als Zugführerin bei der Feuerwehr inspiriert. Das ist so die Größenordnung, mit der der joviale, gänzlich unintellektuelle Mann konfrontiert wird.

Live long and prosper, Captain Kirk

Da spielt man in den Sechzigern in Spandex-Hosen und Nicki-Oberteil drei Jahre in einer Serie mit. Prägt Phrasen wie „Beam mich rauf, Scotty“ und „Energie!“. Küsst im diversen, auf friedliche Konfliktlösung eingeschworenen Ensemble, das Geschlechter, Nationen und Hautfarben vereint, die Afroamerikanerin Nichelle Nichols (Lieutenant Uhura) und ist für immer Symbol einer Welt und All umspannenden Utopie. Und dass mit einer Physiognomie, die heute der eines Schlachtermeisters mit Bluthochdruck ähnelt.

Am Ende der Doku hat William Shatner endlich begriffen, was Star-Trek-Fans umtreibt. Es gehe ihnen um die beste Version der Menschlichkeit, sagt er, „um Gemeinschaft, Hoffnung, Liebe“. Wie sagen die Vulkanier? Live long and prosper, Captain Kirk.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false