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Das ZDF zeigt wieder Boxen, aber nicht von der Attraktivität wie 1995, als Frans Botha (links) und Axel Schulz um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht kämpften.

© dpa

Wieder Boxabende im Zweiten: Das ZDF starrt auf Männer, die sich prügeln

Muss das sein? Das ZDF zeigt wieder Boxsport, allerdings zum Preis: Es wird drittklassiges Fernsehen geboten

Ist die Zeit wieder reif für Boxen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Das ZDF sagt Ja. Das Zweite hat zwei Boxabende angesetzt, den ersten in der Nacht zum Sonntag. Im Ring bekämpfen sich der kaum bekannte Artem Harutyunyan und der mindestens so unbekannte Islam Dumanov. ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann stellt denn auch folgerichtig fest: „Es ist ein Experiment mit vorläufig zwei Boxabenden.“ Der Boxstall Universum habe „eine überzeugende Idee vorgestellt, und wir versuchen auszuloten, ob der Box-Sport in Deutschland noch ein Publikum findet“.

Die letzte Übertragung gab es vor neun Jahren, als sich Sebastian Zbik mit Jorge Heiland am 31. Juli 2010 vor 2,72 Millionen Zuschauer prügelte. Die erfolgreichste ZDF-Übertragung fand 9,15 Millionen Zuschauer, als Wladimir Klitschko auf Corrie Sanders am 8. März 2003 traf. Auf diesem Quotenniveau wird sich der Boxabend am Wochenende niemals bewegen. Es ist eben sehr die Frage, ob das Fernsehboxen jemals wieder in diese sagenhaften Zeiten zurückkehren wird, als 18,03 Millionen am Abend des 9. Dezember 1995 RTL eingeschaltet hatten, um den Kampf zwischen Axel Schulz und Frans Botha zu verfolgen. boxten, hatten sagenhafte 68 Prozent aller deutschen TV-Zuschauer RTL eingeschaltet. Solche Traum-Quoten beflügeln noch immer die Fantasie der Fernsehmacher.

Boxen versprach Rekordquoten

Schulz, Henry Maske, die Klitschkos, ARD, ZDF, Sat 1, RTL, Premiere - alle großen Sender hatten Faustkämpfe mit Programm. Es gab Rekordquoten, noch 2009 waren unter den vier erfolgreichsten Sport-Übertragungen des Jahres drei Boxkämpfe. Danach ging es abwärts. Früher gab es „Top-Namen auf Top-Niveau“, sagt Zeljko Karajica, Sport-Geschäftsführer bei ProSiebenSat.1. „Heute haben wir leider eine komplett andere Situation im deutschen Boxsport. Vergleicht man es mit Fußball, ist es in etwa so, als würde keine deutsche Mannschaft in der Champions League spielen.“ Boxen gibt es bei ProSiebenSat.1 nicht mehr im Fernsehen, sondern nur im Internet (ranfighting.de). Das ZDF stieg 2010 aus, die ARD Ende 2014. RTL verabschiedete sich als letzter großer Sender am 30. April 2017 mit dem Klitschko-Abschiedskampf, der noch einmal 9,60 Millionen Zuschauer vor den TV-Schirm lockte.

Das ZDF veranstaltet drittklassiges Fernsehen

„Es ist kein Geheimnis, dass bei den Räten ein mehrheitlich kritisches Verhältnis zum Boxsport besteht“, sagte Programmdirektor Volker Herres zum ARD-Abschied. Er sprach von zum Teil „schroffer Ablehnung“ innerhalb der Aufsichtsgremien. ZDF-Chefredakteur Peter Frey hatte das Ende des seit 2002 bestehenden Fernseh-Vertrages mit Universum unter anderem mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten begründet. Jetzt sagt der Sportchef des Zweiten zum Box-Comeback: „Es ist ein programmliches Experiment, kein finanzielles. Wir investieren keine großen Summen.“ Wie viel das ist, verriet er nicht. Aber Millionen von Euro, wie sie früher üblich waren, zahlt des ZDF ganz sicher nicht.

Boxsport im öffentlich-rechtlichen ZDF ein No-go? Man muss dem Sender gar nicht moralisch kommen. Es genügt ein Blick auf die Bedingungen. Der Marktführer im deutschen Fernsehen bietet drittklassigen Sport. Heißt: Das ZDF veranstaltet drittklassiges Fernsehen. Fuhrmann nennt es ein "Experiment". (mit dpa)

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