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Fest im Sattel. Nora Tschirner geht als Western-Reiterin undercover.

© MDR/Wiedemann und Berg/Anke Neugebau

Weimarer "Tatort": El Dorado im Wilden Osten

Zoff in "El Dorado", ein toter Häuptling im Fluss: Dennoch widersteht der Weimarer „Tatort“ der Versuchung einer billigen Western-Parodie.

Die Handlung dieses Films erinnert an die Entstehung des „Tatort“ aus Weimar. Unter einer Westernstadt wird zufällig ein Rohstoff entdeckt, der zur Gruppe der Seltenen Erden gehört. So ähnlich begann Weihnachten 2013 auch die Erfolgsgeschichte der Kommissare Lessing und Dorn: Der Film „Die Fette Hoppe“ war eigentlich als Einzelstück gedacht. Der MDR hatte um Konzepte für ein neues „Tatort“-Team gebeten, und der Entwurf eines ungleichen Ehepaars – er ein wandelndes Lexikon, sie ein bodenständiger Bauchmensch – war viel zu gut, um es nicht zu nutzen.

„Der höllische Heinz“ ist bereits der achte Krimi mit den Kommissaren Lessing und Dorn (Christian Ulmen und Nora Tschirner). Die Drehbücher stammen stets von Murmel Clausen und Andreas Pflüger, die diesmal einen Ostern (mit kurzem „o“) erzählen. Regisseur Dustin Loose widerstand zum Glück der Versuchung, daraus eine Parodie zu machen. Es gibt zwar verschiedene Western-Elemente, und vermutlich hatten die Autoren beim Verfassen der Dialoge viel Vergnügen, aber der Film ist auch als Krimi interessant.

Die Handlung beginnt bedrohlich: El Dorodas Einwohner haben sich zusammengerottet, um Heinz Knapps (Peter Kurth), Geschäftsführer der Westernstadt, zur Rede zu stellen. Offenbar soll die Westernstadt geschlossen werden. Sie haben ihn bereits mit einem Strick um den Hals aufs Pferd gesetzt, aber Knapps kann im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge ziehen: Nicht er, sondern der Häuptling sei Schuld an den jüngsten Entwicklungen; und der wird am nächsten Tag tot aus einem Fluss gefischt.

Er war der Besitzer des Bodens, auf dem El Doroda steht. Bei Bohrungen ist ein wertvoller Rohstoff in offenbar großer Menge gefunden worden; Wolfs gewaltsames Ableben sollte offenbar verhindern, dass die Stadt geschlossen wird. Um der Sache auf den Grund zu gehen, mischt sich Dorn als Western-Reiterin unter die Bewohner.

Komödiantische Souveränität

Mitunter wirken die Krimis aus Weimar nur wie ein Vorwand, um Ulmen und Tschirner möglichst viele Pointen zu bescheren. Die Mischung ist dem Autorenpaar Clausen und Pfüger diesmal besser gelungen: Die Geschichte ist reizvoll, aber der Humor kommt trotzdem nicht zu kurz. Loose inszeniert viele Scherze auf angenehm beiläufige Weise, sodass sie mitunter fast untergehen.

Diese Souveränität ist erstaunlich, denn „Der höllische Heinz“ ist erst sein zweiter Langfilm. Der junge Regisseur hat 2015 für seinen Kurzfilm „Die Erledigung der Sache“ den Studenten-„Oscar“ gewonnen. Seine erste TV-Arbeit war im vorigen Jahr „Déjà-vu“; in dem ziemlich intensiven Krimi suchte das „Tatort“-Trio aus Dresden nach einem Kindermörder. Gemessen an der Spannung dort geht es bei seiner jüngsten Arbeit kurzweilig und stellenweise auch recht makaber zu. Das gewaltsame Ableben des Häuptlings bleibt nicht der einzige Todesfall.

Die Handlung ist durchaus komplex. Trotzdem bleibt noch Zeit, um kleine Nebenschauplätze für Nora Tschirner einzurichten. Sie ist ohnehin uneingeschränkter Star des Films. Nicht nur zu Pferde macht die Kommissarin eine prima Figur, sondern erledigt auch eine Gesangseinlage im Saloon mit Bravour. Damit die Undercover-Rolle rundum glaubwürdig wird, tritt Dorn dem Gatten bei der ersten Begegnung in El Doroda beherzt in den Unterleib; einer der wenig krachledernen Ausrutscher des Drehbuchs.

Zu den komischsten Szenen des Films gehört ein Zweikampf, bei dem ausgerechnet Kopfmensch Lessing einem Kontrahenten in bester Terence-Hill-Manier beweist, dass man gleichzeitig seine Pistole ziehen und Backpfeifen verteilen kann. Die Liebe zum Detail zeigt sich schließlich auch in der finalen Irisblende, die in das Fadenkreuz des Abspanns übergeht.

„Der höllische Heinz“, Dienstag, ARD, 20 Uhr 15

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