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In Berlin arbeiten 8000 Prostituierte, viele davon nicht freiwillig.

© dpa

"Ware Mädchen": RBB-Reportage über Zwangsprostitution in Berlin

Berichte über Zwangsprostituierte aus Osteuropa hat es schon einige gegeben. Zwei RBB-Reporter haben nun in Rumänien die Hintergründe recherchiert.

8000 Prostituierte bieten in Berlin käuflichen Sex an, längst nicht alle freiwillig. Viele der Frauen und minderjährigen Mädchen aus Rumänien und Bulgarien wurden mit Tricks nach Deutschland gelockt und werden hier nun systematisch ausgebeutet, berichtet die TV-Reportage „Ware Mädchen – Prostitution unter Zwang“, die der Rundfunk Berlin-Brandenburg am Dienstag ausstrahlt.

Ein Jahr lang arbeiteten die Autoren an der RBB-Reportage

Für ihren Bericht haben die RBB-Reporter Nadya Luer und Jo Goll über ein Jahr lang Kontakt zu den Opfern der Zwangsprostitution aufgebaut und sie dazu gebracht, ihre Geschichten zu erzählen. Von Cousins, die ihnen Jobs als Altenpfleger in reichen deutschen Familien anboten. Von Eltern, die ihre Kinder an Zuhälter abgaben. Und von Männern, die glauben, mit Mädchen aus dem Osten alles machen zu können.

Ein wenig leidet der Bericht unter dem Bebilderungsproblem. Auf voyeuristische Blicke in Bordellbetriebe wurde verzichtet, die Aufnahmen vom Straßenstrich am U-Bahnhof Kurfürstenstraße hätten so oder ähnlich allerdings schon vor Jahren entstanden sein können. Doch während hier früher drogenabhängige Deutsche anschafften, stehen nun vorwiegend junge Osteuropäerinnen dort, die von ihren Zuhältern massiv unter Druck gesetzt werden.
Die RBB-Reportage geht weit über die plakative Schilderung der Missstände hinaus. Vor allem die Recherchen von Luer und Goll in Rumänien erklären einige Hintergründe. Die Legalisierung der Prostitution in Deutschland im Jahr 2002 war eine gute Nachricht für die osteuropäischen Menschenhändler. „Dabei ist das Wort Sklaverei noch eine Verniedlichung, wenn es um zwölfjährige Mädchen geht“, sagt ein rumänischer Journalist, der sich mit dem Thema Menschenhandel beschäftigt.

In Rumänien selbst ist Prostitution genauso verboten wie Menschenhandel, die Reporter haben mit zwei inhaftierten Tätern gesprochen. Es gibt sogar eine staatliche Agentur gegen den Menschenhandel, die durch Aufklärung an rumänischen Schulen vorbeugen will. Doch auf dem Land, wo Schulbildung genauso Mangelware ist wie Kanalisation, kommt diese Prävention nicht an.

Die Banalität des Bösen erschreckt

Erschreckend ist jedoch auch in dieser Reportage die Banalität des Bösen. In einem biederen Reihenhaus in Berlin-Biesdorf wurden auch zwei minderjährige Mädchen als Zwangsprostituierte im „24-Stunden-Betrieb“ gehalten. 180 000 Euro verdienten die Bordellbetreiberin und der Mädchenhändler pro Mädchen im Jahr, ergab das Gerichtsverfahren. Der Mann wurde zu sechs Jahren verurteilt, die Strafe der Bordellbetreiberin wurde zur Bewährung ausgesetzt, weil sie sich kooperativ zeigte. Kurt Sagatz
„Ware Mädchen – Prostitution unter Zwang“, RBB, Dienstag, 22 Uhr 45

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